NielsenIQ: Das Bild von 2020 hat sich gefestigt
Der NielsenIQ-Zensus erscheint wie gewohnt Ende April/Anfang Mai. Bis dahin werden Millionen an Handels-Daten ausgewertet: vom Supermarkt über den Diskonter bis hin zum selbstständigen Kaufmann. Einen ersten Überblick über das Jahr 2021 kann Sigrid Göttlich, NielsenIQ Geschäftsführerin für Österreich und die Schweiz bereits schon jetzt geben. Durch die jahrelange Erfahrung sieht sie klar: das Bild von 2020 im Lebensmittelhandel hat sich 2021 gefestigt.
Aus den Scanner-Daten und der von NielsenIQ bekannten Shopper Trend Studie ergibt sich ein Bild: die Vollsortimenter sind auf einem sehr guten Weg und das Diskontformat tut sich auch 2021 noch schwer. Man erinnert sich: in der ersten Covid-Phase lernte der Konsument das „One-Stop-Shopping“ bei Verbrauchermärkten lieben – dabei blieb es auch im vergangenen Jahr verstärkt.
Das geänderte Einkaufsverhalten trifft auf den Lebensmittelhandel ganz besonders zu, denn einen Haken gibt es für alle: der Non-Food-Einkauf wandert immer mehr in die Online-Welt ab. Das ist auch der Grund, warum mittlerweile alle Händler – vom Vollsortimenter bis zum Diskonter – einen Online-Shop anbieten, auch wenn die Gewinne dort auf sich warten lassen.
Der Drogeriefachhandel hat sich 2021 gut erholt und ist zu seinen Vor-Pandemie-Stärken zurückgekehrt. Der Kanal war ebenfalls vom veränderten Einkaufsverhalten 2020 stark betroffen.
Die Sortimente sprechen eine Sprache
Ein Einkauf im Verbrauchermarkt kann mit jenem eines Diskonters preistechnisch mithalten. Aber: ein Vollsortimenter und hier im speziellen der Verbrauchermarkt wird auch dem Trend nach Premiumisierung gerecht, der in den letzten Jahren stark ausgeprägt war: ein Basis-Einkauf lässt sich gut mit kostengünstigen Produkten erledigen, für die Belohnung mit einem teureren Premium-Produkt bleibt dann immer noch Platz. „Man spürt das Upgrading in vielen Warengruppen und Sortimenten, wie etwa im Bio-Bereich, recht stark“, so Sigrid Göttlich. Vor dem Hintergrund des „Wohlfühlens und Belohnens“ sind auch Kategorien wie Wellnessbäder und Duftkerzen gestiegen. „Diese Warengruppen sind ein gutes Beispiel dafür, dass sich der Verbraucher auch in schwierigen Zeiten gerne selbst etwas Gutes tut“, so die NielsenIQ-Geschäftsführerin.
Neben der Premiumisierung ist das Thema Nachhaltigkeit ein ganz wesentlicher Trend. Er umfasst zwei große Bereiche: Verpackung und das Produkt selbst. Bei der Verpackung ist die Vermeidung von Plastik im Vordergrund, über das Produkt spannt sich ein Themennetz: Bio, Tierwohl, Herkunft und vegan. „Das Thema ‚vegan‘ ist längst aus der Nische herausgetreten und im Mainstream angekommen“, weiß Sigrid Göttlich. Auch wenn sich die Umsätze im Prozentanteil eines Sortimentes noch im unteren Level bewegen, so darf man nicht vergessen: „Das Sortiment wächst extrem rasch, nicht nur im Umsatz, sondern auch in der Anzahl der Produkte. Vor einigen Jahren gab es außer Tofu für Veganer nicht viele Angebote. Heute hat jede Warengruppe vegane Alternativen. Da Studien häufig nur echte Veganer aufweisen, ist in Wahrheit die Zielgruppe der Hersteller deutlich größer“. Viele Konsumenten bauen die veganen Nahrungsmittel in ihren Speiseplan ein, weil sie sich einerseits gesund ernähren wollen, auf der anderen Seite steht die Nachhaltigkeit im Vordergrund.
„Es gab zudem noch nie zuvor solche Mengen an verkauftem Trockenshampoo oder fester Seife und fester Deos, um Plastik zu vermeiden“, stellt Göttlich fest. Der Verbraucher sieht sich genau an, woher die Produkte kommen, die Waren werden regelrecht durchgescreent und wenn es nicht passt, wird nach Alternativen gesucht.
Was bringt die Zukunft?
Was die Produkte und das Shopper-Verhalten dabei anbelangt, wird sich kurzfristig nicht viel ändern: Nachhaltigkeit, Bio, gesunde Ernährung, Herkunft, vegan und vegetarisch sind die Themen N°1. „Wenn allerdings die Inflation stark steigt und Energie, Transport und Lebensmittel teurer werden, so stellt sich die Frage, WO der Verbraucher in Zukunft einkaufen wird: bleibt er dem Verbrauchermarkt in diesem Ausmaß wie in den vergangenen zwei Jahren treu oder werden wir ein Revival des Diskonts erleben?“
Wie sich die Situation beeinflusst durch den Krieg in der Ukraine und die allgemeine Inflation entwickeln wird, ist unklar. „Fix ist, dass dem Verbraucher weniger im Geldbörserl bleiben wird, wie er mit der Situation umgeht, wird sich weisen“, so Göttlich.
Erwähnt seien die österreichischen Spezifika im Lebensmittelhandel, die bestimmt auch in Zukunft relevant bleiben: höhere Preisaggressivität, hohe Price-offs auf gesamte Warengruppen, Rabattsticker und Gutscheinhefte in analoger Form sowie ein – im EU-Vergleich gesehen – recht hoher Promotiondruck, der auch 2021 erneut gestiegen ist.
In welche Richtung sich das Einkaufsverhalten 2022 drehen wird, darauf ist sogar Handelsexpertin Sigrid Göttlich gespannt.
Bericht: Gabriele Jiresch