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Zivilgesellschaft begrüßt EU-Lieferkettengesetz: Betroffene müssen im Fokus stehen

Gamechanger? EU-Vorschlag zu Lieferkettengesetz

Deutschland und Frankreich haben zwar bereits eigene Lieferkettengesetze beschlossen, der Vorschlag der EU-Kommission ist strenger und wurde nun veröffentlicht.

Die EU-Kommission veröffentlichte am 23.2. den Vorschlag für ein EU-Lieferkettengesetz. Ein Meilenstein – alleine schon, weil es bereits mehrmals verschoben wurde, und dann endlich eine EU-weite Basis vorliegt. Das EU-Lieferkettengesetz wurde bereits vor knapp zwei Jahren von EU-Justizkommissar Didier Reynders erstmals angekündigt.

Der Entwurf soll die Rahmenbedingungen für die Einhaltung der Menschenrechte entlang globaler Lieferketten abstecken. Das hat weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen und Produzenten in Österreich, Europa aber auch im globalen Süden.

In ganz Europa mobilisieren NGOs und Gewerkschaften seit Jahren für eine verbindliche Regulierung von Unternehmen, um Menschenrechte und Umweltstandards entlang von globalen Lieferketten zu schützen. Eine federführende Rolle übernimmt hierbei der NGO-Dachverband ECCJ (European Coalition for Corporate Justice). In Österreich mobilisiert ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aus NGOs, ÖGB und Arbeiterkammer für dieses Anliegen. Die Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze!“, wird vom Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe), dem österreichischen Mitglied von ECCJ koordiniert. Bereits vor einigen Wochen wurde gemeinsam ein zivilgesellschaftlicher Entwurf für ein effektives Lieferkettengesetz vorgelegt.

Worum geht es?

Mit dem Lieferkettengesetz möchte die Europäische Kommission künftig gegen Missstände wie Kinderarbeit in Kleidungsfabriken und Rodungen im Regenwald vorgehen. Sollten große Unternehmen und deren Zulieferer die Standards nicht einhalten, drohen Strafen.

Der Richtlinienentwurf sieht vor, vor allem große Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern und einem Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro dazu zu verpflichten, ihre Lieferketten auf CSR-Standards genauer zu kontrollieren.

Für Firmen, die in Branchen mit einem höheren Risiko für Ausbeutung aktiv sind – dazu zählen etwa Bergbau, Textilindustrie und Landwirtschaft – gelten Grenzwerte von mindestens 250 Angestellten und 40 Millionen Euro Umsatz. Die Maßstäbe für Risikobranchen sollen jedoch erst zwei Jahre später in Kraft treten. KMUS sind von den vorgeschlagenen Vorschriften nicht direkt betroffen. Der Vorschlag der Kommission gilt nicht nur für die Unternehmen selbst, sondern auch für ihre Tochtergesellschaften und die Wertschöpfungsketten.

Auch Firmen, die ihren Sitz zwar nicht in Europa haben, dort aber wirtschaftlich tätig sind, sind betroffen. Dadurch soll ein Wettbewerbsnachteil europäischer Unternehmen vermieden werden. Für Firmen aus Drittstaaten gelten nur die Umsatzgrenzen als Schwelle, der Umsatz muss jedoch in der EU und nicht weltweit erzielt werden.

Wie sehen die Strafen aus?

Sollten sich Unternehmen der Sorgfaltspflicht entziehen, können die Mitgliedsstaaten Geldstrafen verhängen – die Höhe der Strafe ist nicht fix. Zudem sollen Unternehmen Entschädigungen erhalten. Konkret bedeutet das, dass Unternehmen mit Verlusten die Möglichkeit hätten, vor den zuständigen nationalen Gerichten eine zivilrechtliche Haftungsklage zu erheben. Das ist dem Entwurf zufolge jedoch nur für Geschäftsbeziehungen mit Zulieferern vorgesehen, die auf längere Frist angelegt sind.

Kritik

Während die Unternehmensvertreter das Gesetz für nicht durchführbar halten, begrüßen ÖGB und AK, sowie zahlreiche NGOs den Gesetzesvorschlag. Sie sagen aber auch, dass er nachgeschärft werden muss. Positiv ist, dass der Entwurf die gesamte Lieferkette und auch eine Zivilhaftung umfasst.

Die Vorschriften sollen aber für nicht einmal ein Prozent der EU- und überhaupt nur 0,06 Prozent der österreichischen unternehmen gelten, wird kritisiert. „Der Entwurf trägt stark die Handschrift der Wirtschaftslobbyisten“, so AK-Fachfrau Julia Wegerer. „Die Koppelung von Unternehmensgröße und Umsatzhöhe ist für das Schadensausmaß allerdings vollkommen irrelevant.“

Weitere Kritikpunkte sind:

  • Die zu langen Fristen der Umsetzung (vor allem für Hochrisikogebiete in Afrika, die Kinderarbeit haben)
  • Keine Konsequenz für die Unternehmen, wenn sie sich nicht daran halten
  • Fehlender Gleichheitsgedanke (muss für alle Unternehmen gelten)
  • Ungeklärte Einforderung des Rechts für Privatpersonen und Zivilgesellschaften

Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich schlägt vor, dass sich Unternehmensinteressensvertretungen den Gesetzesentwurf grundsätzlich anschauen und nicht von vornherein dagegen sein sollen. Die aktuellen Kosten, die ein Unternehmen hat, wenn es sich um eine faire Lieferkette kümmert, würden in Zukunft mit dem LKG stark nivelliert werden, da es sich um ein Gesetz für alle handelt und kostenmäßig nicht mehr „on Top“ abgebildet werden muss. Und auch der Wirtschaftsstandort Österreich hätte vom LKG einen Vorteil, weil er bis dato gegen Billiglohn- und -produktionsländer im Nachteil ist. Das würde sich in Zukunft drehen - Sozialdumping hatte in Österreich noch nie Platz, somit wären wir besser aufgestellt.

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geschrieben am

25.02.2022