RegioPlan: Mehr gekauft, aber anders
Trotz Pandemie kaufen die Österreicher noch mehr ein als sonst – aber ganz anders, nämlich online. Und das wird so bleiben. Obwohl derzeit deutlich weniger Geschäfte schließen als vor der Pandemie, werden innerhalb der nächsten zwei Jahre bei etwa 5000 Geschäften die Rollbalken für immer unten bleiben. Die Konsequenzen für den Einzelhandel und die Innenstädte sind dramatisch – das sind die ersten Prognosen der RegioPlan-Analyse 2020.
Die Umsätze im Einzelhandel sind um 1,7% gestiegen trotz aller Maßnahmen rund um das Virus. Aber die Branchen sind unterschiedlich betroffen: der Lebensmittelhandel legte ordentlich zu, der Modehandel verlor. Hinzu kommt, dass der Onlineeinkauf, der in einzelnen Branchen (etwa im Bekleidungshandel) schon auf knapp 30 % der gesamten Konsumausgaben kletterte, weiterhin gestiegen ist.
Wenn in einzelnen Branchen, z.B. Bekleidung, etwa ein Drittel der Umsätze bereits ins Internet abwandern, lohnt es sich für die Händler oft nicht, die teure stationäre Fläche weiter zu betreiben. Flächenreduktionen und Standortschließungen sind die notwendige betriebswirtschaftliche Folge.
Schockstarre auf der Verkaufsfläche
In einem „normalen“ Jahr gehen deswegen etwa 2 % der Verkaufsfläche verloren, 2020 hat sich allerdings – bedingt durch die in Einzelfällen durchaus üppigen Förderungen der Regierung – dieser Prozess eingebremst, in Summe ist die Verkaufsfläche fast gleich geblieben. Es scheint momentan eine Schockstarre zu sein, die wohl nach Auslaufen der finanziellen Zuschüsse beendet sein wird. Auch die Insolvenzstatistik zeigt in eine ähnliche Richtung: deutliche Rückgänge der Insolvenzfälle im Einzelhandel. Für die nächsten Jahre ist jedoch mit einem Aufholprozess zu rechnen, insbesondere auch durch die – nicht nur pandemiebedingte – sprunghaft gestiegene Bedeutung des Onlinehandels.
Spätestens im Jahr 2022 ist aus heutiger Sicht mit einem Nachholeffekt zu rechnen, der die Verkaufsflächen in Österreich innerhalb der nächsten zwei Jahre um 6 bis 7 % reduzieren wird. Etwa 5000 Handelsstandorte werden in diesen beiden Jahren für immer verschwunden sein, entweder weil der Betrieb der Fläche für das Unternehmen zu teuer geworden ist, oder weil der Betriebstyp und/oder der Standort nicht mehr passend sind.
Ware herzeigen wird zur Nebensache
Romina Jenei, Geschäftsführerin von RegioPlan Consulting: „Der Handel muss sich andere Gründe überlegen, weshalb die Kunden kommen sollen, und da stellt sich die entscheidende Frage: Was muss man anbieten, damit die Konsumenten einen zusätzlichen Nutzen haben? Die Antwort kann ganz unterschiedlich ausfallen, je nach Geschäft und je nach Handelszone. Entscheidend ist jedoch, ob ein zusätzliches Besuchsmotiv entsteht. Der stationäre Handel wird langfristig dort erfolgreich bleiben, wo das Internet weitgehend versagt.
Der Branchenmix, der derzeit noch zu knapp 70 % vom Einzelhandel dominiert wird, wird in fünf Jahren nur mehr weniger als 45 % der Fläche einnehmen. Fest steht jedenfalls, dass die Einkaufszonen generell kleiner werden, weil sie an den Randzonen die notwendige Passantenfrequenz nicht mehr erzeugen können und veröden.
Insgesamt gesehen ist die Pandemie wohl eine Schocktherapie für Einzelhandel und Innenstädte, doch obwohl eine Reihe von Unternehmen unter die Räder kommen werden, wird es aus der Sicht der Konsumenten zu vielen spannenden neuen und unerwarteten Angeboten kommen. DI Romina Jenei: „Immer mehr Hauseigentümer, Centerbetreiber und Stadtmarketing-Verantwortliche fragen sich schon jetzt, was man mit den leerstehenden Erdgeschoßflächen tun kann."