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Der Stein des Anstoßes

Markenartikel bei Hofer sind ein viel diskutiertes Thema in der Branche und nicht immer gerne gesehen.

Bericht von Dr. Hanspeter Madlberger

Kaum ein anderes Ereignis der letzten Jahre hat die heimische FMCG-Branche so in Aufruhr versetzt, wie die Aufnahme von Top-Herstellermarken in das Hofer-Sortiment. Nach ausführlicher Recherche geht retailreport.at zwei Fragen nach: Wer sind die Gewinner und die Verlierer dieser Grading Up-Strategie, mit der das Discounter-Urgestein einen entscheidenden Schritt in Richtung Supermarkt setzte? Und: Ist der Aktionitis-Hype der Hofer-Konkurrenten die richtige Antwort auf diese Herausforderung?

Wie verändert sich das Einkaufsverhalten von Hofer-Kunden, wenn sie im Regal Ihres Lieblingsdiscounters eines Tages Markenklassiker vorfinden, die bisher nur in Supermärkten wie Billa oder Spar erhältlich waren?  Das GfK Haushaltspanel gibt darüber genaue Auskunft. Dem Retail Report liegen dazu zwei topaktuelle Einzelauswertungen von  

Bestseller-Herstellermarken vor. Die Shopper-Analyse von Hofer-Kunden beim Kauf einer Top-Marke aus dem Süßwarenbereich ergab:

1% des Umsatzes wurde mit Neukäufern getätigt, also mit Kunden, die bisher kein Produkt dieser Kategorie gekauft haben.

23% des Umsatzes entfielen auf Zusatzeinkäufe (on top Ausgaben), diese Kunden haben ihre Einkäufe in der Kategorie gesteigert. Es handelt sich also um Impulskäufe, die für Händler und Hersteller echten Mehrumsatz bedeuten.

41% des Umsatzes gehen auf Kosten der Einkäufe dieses Artikels bei anderen Händlern.  In diesem Ausmaß hat also Hofer seinen Mitbewerbern Marken-Umsätze weggenommen.

35% des Umsatzes entfallen auf einen Abtausch innerhalb des Hofer-Sortiments. Die Marke wurde anstelle von Private Labels oder anderer, im Hofer-Sortiment befindlichen Marken gekauft. Dieser Abtausch ist für die Hofer-Konkurrenz kein Nachteil, wohl aber für Hofers Private Label-Produzenten.

Bei einem Markenklassiker im Tiefkühlbereich wurden folgende Veränderungen diagnostiziert:

8% Neukäufer in der Kategorie

37% On top-Einkäufe in der Kategorie. In Summe ergibt das einen 45% -Wachstumsschub für die Kategorie und entsprechenden Mehrumsatz für Hofer sowie für den betreffenden Markenartikler

32% Umsatz von anderen Händlern abgezogen

23% Umsatzverlagerung innerhalb des Hofer-Sortiments. 

 

Was lernen wir daraus?

  1. Die Auswirkungen einer Hofer-Listung von Herstellermarken sind von Kategorie zu Kategorie recht unterschiedlich. Die Markenstärke, die sich in der Käuferloyalität zur Marke ausdrückt, spielt dabei eine wesentliche Rolle. 
  2. Für Hofer lohnt sich die Einlistung einer prominenten Marke auf jeden Fall, die interne Kannibalisierung hält sich in Grenzen.
  3. Zweiter Nutznießer dieser Distributionserweiterung ist das Markenartikelunternehmen. Eine Präsenz bei Hofer steigert in der Regel den Marktanteil von Marken mit hoher Shopperloyalität und trägt tendenziell zur Ausweitung der Kategorie bei.
  4. Hofers Mitbewerber müssen sich damit abfinden, dass sie bei starken Marken insgesamt 30 bis 40% dieses Marken-Umsatzes an Hofer abtreten müssen. Klar, dass angesichts dieser Challenge Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

 

GfK Hofer-Studie aus 2015: Markendiskont senkt Preisniveau und Spannen

Diese aktuellen Detailergebnisse, beruhend auf Daten aus dem Zeitraum 2017/2018 bestätigen im Wesentlichen die Key Learnings der GfK Studie: „Was bringen Marken-Listungen bei Hofer?“ aus dem Jahr 2015, die retailreport.at vorliegen.

Diese lauten:

  1. Der Umsatzanteil der bei Hofer gelisteten Marken steigt, vor allem bei Near-Food (Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel, Kosmetika, etc.). Markenartikel bei Hofer werden von 82% aller österreichischen Haushalte gekauft. Insgesamt betrachtet, gewinnt Hofer durch die Marken-Listung keine neuen Kunden. Klar, denn seine Jahres-Käuferreichweite liegt deutlich über 90%.: Der stärkere Fokus auf Markenartikel hat jedoch eine Frequenzsteigerung zur Folge. Durchschnittlich kauft ein Hofer-Kunde 14x pro Jahr Markenartikel bei seinem Discounter.
  2. Das Umsatzwachstum der bei Hofer gelisteten Marken resultiert in erheblichem Ausmaß aus den Verkäufen von Herstellermarken, die bislang nur von Hofer-Mitbewerbern angeboten wurden. Near-Food Marken bei Hofer ziehen vor allem aus den Drogeriemärkten (DFH) Umsatz ab. Verpackte Lebensmittel –Marken bei Hofer gewinnen vor allem auf Kosten der Supermarkt-Umsätze in diesen Kategorien. Einweg-Getränke-Marken bei Hofer ziehen Einkäufe vor allem von Hypermärkten ab. 
  3. Hofer erzielt über die Marken Mehrumsätze vor allem bei zwei Shoppertypen:  Einerseits bei den Flexiblen, andererseits bei seiner Stammzielgruppe, den „Fokussierten Diskontkäufern“. Hofer gewinnt dank der Marken bei den Flexiblen (dieser Shoppertyp steht in Österreich für 18% aller Haushalte und 18% aller FMCG-Umsätze) neue Käufer über alle Kategorien. Die auf Hofer fokussierten Diskontkäufer (13% aller Haushalte, 9% Anteil an den FMCG-Umsätzen) steigern ihre Bedarfsdeckung bei Near-Food. 
  4. Der Preis der Markenartikel bei Hofer liegt – Stand 2015! -  unter dem Kurant-, aber über dem Promotions-Preisniveau. Der Preis der Marke liegt im Durchschnitt 14% unterhalb des Kurantpreisniveaus der Branche, aber 7% über dem Promotionspreisniveau der Marke, wie es sich vor der Hofer-Listung bei den Vollsortimentern präsentierte. Insgesamt liegt der Einlistungspreis damit 5% unter dem Durchschnittspreis der Marke vor der Listung. Bei Hofers Mitbewerbern gibt der Preis der bei Hofer gelisteten Marke im Schnitt umca. 2% nach. Im Klartext:  Hofers Markendiscount senkt das Preisniveau im FMCG-Einzelhandel (LEH + DFH) und erzeugt damit Druck auf die Margen der Händler und, indirekt, auch der Lieferanten.  
  5. Durchschnittlich erhöht sich die Käuferreichweite einer bei Hofer gelisteten Marke um 9%. Der Reichweiten-Effekt für Near-Food Marken ist deutlich geringer und liegt bei einer Steigerungsrate von nur 3%.

 

Markenlistungen sind Teil der Grading up-Strategie

Immer mehr Top Markenartikel in das Programm aufzunehmen, ist ein wesentlicher Bestandteil der Grading up-Strategie, die Hofer in Österreich seit Jahren alsTestpilot für Aldi Süd verfolgt. Weitere Bausteine dieses Konzepts sind die Ausweitung des Filialnetzes, längere Öffnungszeiten, die Backbox und das erweiterte Angebot an Premium-Handelsmarken, wie zurück zum Ursprung. Mit den erhöhten Tierwohl-Auflagen für z.z.U.sorgt Werner Lampert, Mastermind des Programms, derzeit für heiße Diskussionen in der Landwirtschaft.  

Marken-Discount, auch Deutschland en vogue

Im Kommentar der „Lebensmittel Zeitung“ zu den, gemeinsam mit GfK ermittelten „100 Sieger-Brands 2018“ heisst es: “Das Geschäft der Hersteller floriert besonders dann gut, wenn… Listungslücken im Discountgeschlossen werden.“  Den Stellungnahmen von Vertriebsmanagern einzelner Sieger-Brands ist jedoch zu entnehmen, dass die Schließung von Discountlücken nicht nur über eine Aldi-Listung erfolgt.  Als Aldi-Alternativen bieten sich neben Lidl auch Rewes Penny und das Edeka-Format Netto an, dessen kompletter Name nicht ohne Grund „Netto Markendiscount“ lautet. 

Umsatzanteil der Marken liegt schon bei 20%   

Laut GfK steigerte Hofer allein im Zeitraum von 2010 bis 2015 den Umsatzanteil des Markensortiments von 11,4% auf 17,2%. 2017/2018, so die Einschätzung von Experten, dürfte Hofers Markenartikelgeschäft bereits einen Anteil von rund 20% erreicht haben. Das ergibt ein Verkaufsvolumen von rund 820 Millionen €. Im Jahr 2010, also vor der Einlistungswelle lag der Anteil des Markengeschäftes noch bei 11%, das entspricht einem Umsatz von rund 400 Millionen €. Diese Steigerung im Ausmaß von 420 Mio geht zu rund einem Drittel auf Umsatzverlagerungen von den Mitbewerbern zu Hofer zurück. Das ergibt, grob gerechnet, eine Umsatzverschiebung im Markenartikelgeschäft von den Vollsortimentern zum Discounter im Ausmaß von ca. 140 Millionen Euro. Pro Jahr sind das rund 20 Millionen. In den Jahren 2015 und 2016 war die Zahl der Neulistungen prominenter Marken besonders hoch, da dürften die Umsatzverluste der Konkurrenz deutlich höher ausgefallen sein. 

Ob 2018 bereits die Wende im Einkaufsverhalten brachte und wie man am besten als Händler auf diese Umstände reagiert, lesen Sie demnächst auf retailreport.at.

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geschrieben am

11.12.2018