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Marcel Haraszti, Vorstand der Rewe International AG,

Marcel Haraszti: Einblicke in die Rewe

Spannende Details zur Rewe in Österreich verrät Vorstand Marcel Haraszti im Klub der Wirtschaftspublizisten in Wien.

Nichts wird von der Politik ausgelassen, um dem Lebensmittelhandel ans Bein zu pinkeln: Preise zu hoch, Tierwohl zu wenig, zu Landwirten zu böse oder Förderer der Bodenversiegelung in Österreich – um nur einige Themen zu nennen, die aktuell auf den Lebensmittelhandel einprasseln. Marcel Haraszti, seit 2016 Vorstand der Rewe International AG, stand Rede und Antwort im Klub der Wirtschaftspublizisten. „Wir sind Zielscheibe der Politik, nicht nur wir, der gesamte Lebensmittelhandel. Als Letzte in der Supply Chain stellen wir uns die Frage: wo gehen die Gewinne hin?“, so Haraszti. Es würde immer so dargestellt, als bereichere sich der Lebensmittelhandel durch die Inflation, „aber man sollte sich die Wertschöpfungskette genau ansehen, WO die Gewinne bleiben“, so der Rewe-Vorstand. 2022 war für alle Händler ein schwieriges Jahr, Haraszti nimmt sich dabei nicht aus und verweist auch auf die Ergebnisse aller Marktteilnehmer, die ihre Bilanzen veröffentlichen.

Er fasst das Kernproblem der Händler in Österreich zusammen: „Gegenüber weltweit agierenden Konzernen sind wir klein und unbedeutend, international gesehen werden wir überschätzt, aber in Österreich werden wir unterschätzt“. Das ist auch mit ein Grund, warum der Lebensmittelhandel gerne Zielscheibe der Politik ist, wie die jüngsten Ereignisse zeigen.

Showgipfel statt sachlicher Gespräche

Was Marcel Haraszti damit anspricht – und damit auch aus der Seele einiger Handelskollegen spricht – ist der im Mai stattgefundene Lebensmittelgipfel. Der Lebensmittelhandel in seiner Gesamtheit wurde zwar wegen der Teuerung angegriffen, aber nach konkreten Maßnahmen, die man schon setzt, wurde nicht gefragt. „Dabei sagen alle namhaften international anerkannten Wirtschaftsforscher in Österreich, dass die Maßnahmen des gesamten Lebensmittelhandels in Österreich dämpfend auf die Inflation wirkten. Die Inflation im Lebensmittelhandel, die es natürlich auch gibt, liegt aber unter dem EU-Durschnitt“, so Haraszti.

Maßnahmen wurden gesetzt

Das erste halbe Jahr war auch für die Rewe International schwierig, man war – wissend um die Rahmenbedingungen – mit der Umsatzentwicklung zufrieden. Für Marcel Haraszti ist die Kundenwahrnehmung ein vorrangiges Thema, weit wichtiger – wie er sagt – als so mancher Marktanteilszugewinn.

Und genau für die Kunden hat man sich gegen die Teuerung ins Zeug gelegt: Die Preiseinstiegsmarken wurden um 12% ausgebaut, seit Anfang des Jahres wurden 400 Artikel preisgesenkt. Auch der Aktionsanteil liegt in einem hohen Bereich „In Österreich an sich liegt der Aktionsanteil im Lebensmittelhandel bei 35-40%, wir sind bei etwa 40% und es gibt Marktteilnehmer, die liegen noch höher“. Genau hier ist auch ein wesentlicher Punkt bei den Preisvergleichen angesprochen: der Aktionsanteil in Deutschland liegt im Durchschnitt bei 12%, die Kurantpreise per se sind im Nachbarland niedriger, aber die Aktionen in Österreich deutlich höher.

Spannend ist, dass Rewe trotzdem in den letzten Jahren 1,5% Aktionsanteil abgebaut hat. Das war immer das erklärte Ziel von Aktionen teilweise wegzukommen, dann kam allerdings Covid und die Inflation dazwischen. Der Weg des „Aktions-Abbaus“ soll jedoch weiter verfolgt werden bei der Rewe. „Viel wichtiger sind uns die maßgeschneiderten Aktionen, als Aktionen mit dem Gießkannenprinzip“, so Haraszti.
Im Q1 2022 hat die Rewe laut Haraszti keine Preiserhöhung an die Kunden weitergegeben und das, obwohl der Energiekostenzuschuss II für den Handel nie gekommen ist und weitere hohe Kosten zu verbuchen waren. Für die selbstständigen Kaufleute der Adeg „ein Wahnsinn, hier haben die Energiekosten die Ergebnisse aufgefressen“.

Die Untersuchungen der BWB in diesem Zusammenhang sieht der Handels-Chef als wichtig, sachlich und fachlich gut, denn die „Rewe hat nichts zu verbergen“.

Im zweiten Halbjahr viel vor

Man darf jedoch nicht alles negativ reden, denn es gibt auch Entwicklungen, die gut sind. Bio etwa hat sich gut entwickelt und ist eine Erfolgsgeschichte im Handel. Vor allem Rewe hat mit der Zwei-Marken-Strategie gut entschieden. „Mit den 225 Artikeln von Billa Bio sind wir in Zeiten der Teuerung am richtigen Platz, Ja! Natürlich ist der Diamant im Bio-Bereich und hat seine Stammkäufer“, so Haraszti.

Bipa entwickelt sich nach den letzten schwierigen Jahren wieder richtig gut und ist jüngst um 12% gewachsen. Das Tankstellengeschäft ist mit OMV, Shell und BP auf einem guten erfolgreichen Weg. „Mit den jeweiligen Marken-Shops Viva Billa, Billa unterwegs oder Billa now sind wir richtig erfolgreich“, beschreibt Haraszti die Zusammenarbeit.

Die Billa Kaufleute sind ein Pflänzchen, das wachsen wird. Bis 2026 will man 100 Billa Kaufleute im Portfolio haben. Vor allem die Billa Kaufleute pflegen die Regionalität noch ein Stück weiter. Insgesamt hat man 28.000 regionale Produkte von 2800 Lieferanten bei Rewe.

Plant based ist mit über 7000 Produkten im Sortiment eine wichtige Warengruppe.

Tierwohl steht bei Rewe hoch im Kurs: 25% des Schweinefleisches, 50% des Rindfleisches und ein hoher Anteil bei Huhn stammen bereits aus dem Tierwohlprogramm.

Was sie baulichen Maßnahmen betrifft, so wird die Expansion minimal zurückgefahren. Österreich hat eine enorme Dichte an Outlets und es ist wichtiger die Flächen zu vergrößern, als Standorte zu eröffnen. „600 m2 sind eine tolle Größe für einen Supermarkt“, ist sich Haraszti sicher. Bei den Um- und Neubauten wird viel Wert auf „grün“ gelegt, damit die Bauweise auch richtig nachhaltig ist.

40 Standorte werden heuer erweitert, 20 Standorte geschlossen (davon 10 abgetauscht). Über alle Schienen (Billa, Billa Plus, Bipa und Penny) gibt es 42 Neueröffnungen, bei Billa alleine sind es 26.

Spannend ist auch die Personal-Situation: 3000 vakante Stellen hat Rewe zu besetzen. Dabei spricht Haraszti das erste Mal aus, was sich viele schon gefragt haben: wo sind die Mitarbeiter hin? „Nach Covid sind viele Mitarbeiter aus der Slowakei nicht mehr zu uns nach Österreich arbeiten gekommen. Das beginnt jetzt wieder langsam. Und wir hätten uns seitens der Politik auch über die Möglichkeit gefreut, ukrainische Mitarbeiter aufzunehmen. Die wollten das nämlich!“, so Haraszti.

Folgen der Inflation

Auch für die Rewe als Produzent (Fleischwerke in Eberstalzell, Traiskirchen; Convenience-Werk, …) wirkt sich die Inflation und die damit verbundene Kaufzurückhaltung auf die Auslastung der Fabriken aus – da geht es dem Händler nicht anders als der Industrie. „wir konnten im Mai/Juni teilweise wieder Mengen erhöhen, indem wir spezielle Aktionen gefahren sind“, so Haraszti.

Auf die Frage, ob ein kolportiertes Interesse an MPreis da sei, meinte Marcel Haraszti klug: „Die Eigentümerfamilie Mölk möchte das Unternehmen selbst führen“.

 

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geschrieben am

28.06.2023