Masterplan Logistik 2025
„Der Logistikstandort Österreich hat zu viele offene Baustellen. Wenn wir uns auf unseren von der Weltbank verliehenen Lorbeeren ausruhen, verschlafen wir unsere Zukunft,“ so Zentralverbandspräsident Wolfram Senger-Weiss. Die Weltbank hat Österreich im zweijährlichen Logistics Performance Index 2018 an die weltweit viertbeste Stelle gereiht. „Das ist sehr erfreulich, aber keine Garantie für morgen. Wir müssen jetzt Entscheidungen im Interesse von Wirtschaft und Konsumenten treffen und damit die Weichen für die nachhaltige Stärkung unserer Wettbewerbsposition in Europa stellen.“
Der Logistikstandort Österreich steht für 11.000 Spediteure, Transport‐, Umschlag‐, Lager‐, Logistik‐ und Technologie-Anbieter mit 160.000 unmittelbar Beschäftigten, einem direkten erwirtschafteten Umsatz von 33,6 Milliarden Euro und einer direkten Wertschöpfung in Höhe von 8,6 Mrd. Euro.
Der Zentralverband Spedition & Logistik hat im „Masterplan Logistik 2025“ die Herausforderungen und Lösungen für einen wettbewerbsfähigen Logistikstandort Österreich definiert. Dazu zählen:
Logistikdrehscheibe
Die chinesische „One Belt, One Road“- oder Seidenstraßen-Initiative ist eine Jahrhundertchance für Österreich. Um die Potenziale dieses Projekts zu nutzen, braucht es eine österreichische und eine europäische Strategie sowie zeitnahe Infrastruktur-Entscheidungen. Insbesondere muss die Breitspurbahn aus der Slowakei in den Großraum Wien-Niederösterreich-Burgenland verlängert und ebendort ein entsprechendes Güterverkehrszentrum aufgebaut werden. Wolfram Senger-Weiss: „Ein Ausbau der Breitspurbahn würde Österreich an einen riesigen Wirtschaftsraum anschließen. Die Kosten dafür wären mit rund 6,5 Mrd. Euro erheblich geringer als die geschätzten 10 Milliarden für den Brenner Basistunnel.“
Stärkung Österreichs im wachsenden E-Commerce-Sektor
Österreich muss mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze aus dem immer stärker wachsenden E-Commerce-Sektor generieren. Dazu braucht es sowohl online als auch offline neue und attraktive Logistik-Plattformen sowie eine konsequente Ansiedlungspolitik. Voraussetzungen dafür sind insbesondere eine einfachere Zollabwicklung und die Zulassung der direkten Stellvertretung für das Zollverfahren 42. Dieses österreichische Unikum der persönlichen Haftung von Zollspediteuren und ihren Mitarbeitern bei Abgabenschulden von Auftraggebern muss wegfallen. Die aktuelle Kriminalisierung von Zolldeklaranten macht die Anwerbung von qualifiziertem Nachwuchs nahezu unmöglich und verringert die Attraktivität des Logistikstandortes.
Die EU-Gesetzgebung muss für eine echte Markt-Liberalisierung bei Kurier-, Express- und Paketdienstleistungen (KEP) sorgen. Konsumenten müssen bei Online-Bestellungen ihren KEP-Dienstleister frei wählen können. Dies würde zu mehr Kostentransparenz und faireren Preisen führen. Heute bieten Online-Händler preisgünstige Produkte an und holen sich die verlorene Marge über Aufschläge auf den Transportpreis zurück. Damit schieben sie nicht zuletzt den schwarzen Peter auf die KEP-Dienstleister.
Die ökologischen Auswirkungen des zunehmenden Verkehrsaufkommens müssen durch gesetzliche, steuerliche und Infrastruktur-Maßnahmen eingedämmt werden. Die Branche kann hier wesentliche Beiträge leisten, braucht dazu aber die nötigen Investitionsanreize und geeignetere Rahmenbedingungen. Insbesondere muss die Nutzung umweltfreundlicher Fahrzeuge und alternativer Antriebsformen wirtschaftlich attraktiver werden. Das ist unter anderem durch eine verbesserte Förderung von E-Fahrzeugen, eine vierjährige Abschreibungsdauer für E-LKW und die Förderung des Ausbaus eines flächendeckenden Tankstellennetzes für alternative Kraftstoffe durchaus machbar.
Zudem muss die öffentliche Hand den multimodalen Ausbau von Güterterminals forcieren und die Anreize für eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene erhöhen. Das Angebot der Rollenden Landstraße (RoLa) muss breiter und attraktiver werden, um die steigenden Mengen an Gütertransporten zumindest teilweise von der Straße auf die Schiene zu verlagern.
Die Widmung von Logistikflächen muss in Österreich nach bundesweit einheitlichen Regeln erfolgen, Genehmigungsverfahren für Infrastrukturprojekte müssen flexibler, effizienter und schneller abgewickelt werden. Nur so sind zusätzliche Kostenbelastungen und Unsicherheiten für Investoren zu vermeiden. Ein schlanker administrativer „One-Stop-Shop“-Prozess ist deshalb ebenso notwendig, wie eine Rahmenkompetenz des Bundes oder eine §15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern in der Raumordnung.
Flächendeckendes Breitbandinternet und ein funktionierendes 5G-Mobilfunknetz sind wesentliche Voraussetzungen für einen modernen und zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort. Sie ermöglichen ein modernes Infrastrukturmanagement mittels Echtzeit-Daten und laufender Zustandserfassung. Das erhöht die Verkehrssicherheit, vermeidet Kapazitätseinschränkungen durch Baustellen, Staus oder Unfälle und erlaubt die Verlagerung auf alternative Verkehrsträger mittels synchro-modaler Transportkonzepte.
Einrichtung von Logistikbeauftragten in den Bundesländern
Viele Logistikthemen, wie Flächenwidmung, Fahrverbote oder Ansiedlungspolitik betreffen Länderkompetenzen. Folglich sollten in den relevanten Ressorts der Landesregierungen Logistikbeauftragte installiert werden. Die Etablierung des Logistikbeauftragten als Stabsstelle im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie hat hier Vorbildwirkung für die Interessenwahrung des Logistikstandortes Österreich.
Die 2018 ins Leben gerufene Marke „Austrian Logistics“ soll konsequent als Hebel für einerseits die konsequente Qualitätssteigerung innerhalb der Branche und andererseits die Bewerbung des Logistik-Standortes Österreich am Weltmarkt eingesetzt werden.
Wolfram-Senger Weiss: „Niemand wartet auf Österreich. Es ist wichtig, dass wir jetzt handeln, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu sichern. Nicht nur mit den besten Unternehmen und den besten Mitarbeitern, sondern auch durch die entsprechenden Rahmenbedingungen.“