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Lockdown-Blues bei Händlern vorprogrammiert

Lockdown-Blues bei Händlern vorprogrammiert

Soviel ist klar, die Infektionen mit dem Corona-Virus sollen nicht noch mehr steigen. Aber dem Handel fehlt die Planungssicherheit, es darf ab 7.12. wieder geöffnet werden.

Der Handel darf ab dem 7. Dezember wieder öffnen, allerdings mit Personenzahlbeschränkungen in den Geschäften. Für Kundenbereiche gilt eine Beschränkung von 10 m2 pro Kunde. In Shopping Centern wird dafür nur die Fläche von den Geschäften gewertet, um die Besucherzahl zu reduzieren. Es bieten sich kaum Alternativen zum Aufsperren, sonst würde dem heimischen Handel ein sehr großer Teil des Weihnachtsgeschäfts entgehen.

Eine Öffnung nach dem Lockdown II für den Handel ist mehr als notwendig. Weihnachten und somit die wichtigste Umsatz-Zeit im Jahr steht buchstäblich vor der Tür, die Konsumenten kommen nicht in die Geschäfte und die Zeit wird knapp. Wenn es so weiter geht, sind alle Geschenke gekauft und das nicht im stationären Handel, sondern in irgendeinem Internet-Store.

25% der KMU-Händler können eingehende Rechnungen nicht mehr vollständig bedienen, 50% verzichten auf Unternehmerlohn. Bereits 20 Prozent aller Betriebe können die Weihnachtsgelder nicht mehr zeitgerecht überweisen, der Hut brennt. Denn sollten die Angestellten ihr Geld nicht erhalten, so fehlt das natürlich auch in der Kaufkraft.
Eine deutliche Mehrheit von 65% der befragten Händler ist nicht zufrieden mit den versprochenen staatlichen Hilfen (Fixkostenzuschuss II bis 800.000 Euro; Lockdown-Umsatzersatz von 20% bis 60%). Insbesondere der je nach Branche unterschiedlich gestaffelte Umsatzersatz wird von den Betroffenen als ungerecht empfunden. Zudem sei die Beantragung ohne Steuerberatung kaum zu schaffen – eine Herausforderung für die ohnehin schon stark betroffenen EPU und Kleinunternehmen.

Hinzu kommt: Viele junge Unternehmen, die im Vorjahr noch nichts oder nur wenig erwirtschaftet haben und naturgemäß kaum Rücklagen bilden konnten, bleiben Covid-bedingt auf der Strecke.

Man rüstet sich

„Der Handel in Österreich bereitet sich auf ein sicheres Aufsperren nach dem Lockdown vor. Die Gesundheit von Kunden und Mitarbeitern ist uns ein großes Anliegen“, hebt Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), hervor. 

Für ihre Mitgliedesbetriebe hat die Bundessparte Handel der WKÖ gemeinsam mit Handelsunternehmen und Georg Geczek, Geschäftsführer des Competence Center Event Safety Management beim Roten Kreuz Wien, einen Maßnahmenkatalog erarbeitet: Die Inhalte reichen vom „Anstellen vor dem Geschäft“ über Hygienevorkehrungen im Geschäft bis hin zum Bezahlvorgang. „Der österreichische Handel setzt umfassende Maßnahmen, damit das Einkaufen in Österreich nach Ende des Lockdowns sicher ist und bleibt“, hebt Handelsobmann Rainer Trefelik hervor. 

Das sind die vorgeschlagenen Maßnahmen für sicheres Aufsperren im Handel nach dem Lockdown: 

  • Auf Kundenkapazität hinweisen: „Max. Kundenanzahl in diesem Geschäft: ___“
  • Regelmäßige Desinfektion von Portalgriffen, Umkleidekabinen und aller relevanten Flächen mit Kundenkontakt
  • In Sanitäreinrichtungen hohe Reinigungsintervalle vorsehen
  • Kunden ohne Masken: Falls aus gesundheitlichen Gründen keine Masken getragen werden können, nach Attest fragen; Falls Kunden ohne eine Maske das Geschäft betreten, proaktiv ansprechen und eine Maske anbieten
  • Regelmäßiger Hinweis über Hygienevorschriften über Lautsprecher oder Hinweisschilder anbringen
  • Zählsysteme (entweder digital oder analog durch Abzählen) einrichten
  • Masken und Desinfektionsspender in allen Kundenbereichen gewährleisten
  • Covid-Schulungen und Einweisungen für die Mitarbeiter
  • Anstellsysteme vor Shops implementieren (Securities, Absperrbänder, Tensatoren/auch seitliche Abstände sind zu berücksichtigen)
  • Alle Kassen besetzen und hier die Abstandsregeln durch Markierungen verdeutlichen
  • Wühltische entzerren: Wühltische an mehreren Stellen des Geschäfts aufstellen und nicht in einem Bereich konzentrieren, um Ansammlungen zu vermeiden
  • Im Kassenbereich ausreichend Platz schaffen
  • Kontaktlose Bezahlung forcieren
  • Menschenschlangen vor Hot-Spot-Geschäften bei großem Kundenandrang limitieren, z.B. durch Securities oder öffentliche Organe
  • Lifte: ständige Reinigung und Personenlimitierung
  • Regelmäßiges Öffnen der Türen nach außen
  • In Einkaufszentren: Die Lüftung der technischen Anlage erfolgt im Modus Frischluft
  • Parkplatzsituation: Zu- und Abfahrten regeln, wenn notwendig Parkwächter einsetzen, evtl. am Parkplatz Gratismasken anbieten und auf alle Hygienemaßnahmen hinweisen

Als eine weitere geeignete Maßnahme zur Entzerrung von Kundenströmen fordert die WKÖ-Bundessparte Handel erneut, dass Kunden ihre Bestellungen, die sie von zu Hause tätigen, bei den Geschäften abholen können (Click & Collect). „Wir treten vehement dafür ein, dass Click & Collect ab sofort ermöglicht wird“, sagt Trefelik. Befürwortet wird auch die Erweiterung der Geschäftszeiten vor Weihnachten.

 

„All diese Maßnahmen sollen und können zur Eindämmung der Corona-Pandemie beitragen, damit die Geschäfte in Österreich geöffnet bleiben können“, ruft der Sprecher des österreichischen Handels die Konsumenten auf, die Schutzmaßnahmen unbedingt einzuhalten. 

PwC Österreich mit Studie

Auch die internationale Unternehmensberatung beschäftigt sich eingehend mit dem Thema. Mit Hilfe des Covid-19 Simulationstools berechnete ein interdisziplinäres Forschungs-Team in den letzten Wochen u.a. das Infektionsrisiko in einem realen Unterrichtsraum des Samariterbundes in unterschiedlichen Situationen und kann nun erste Ergebnisse präsentieren: In allen Szenarien, in denen Maßnahmen gesetzt wurden (Maske tragen, regelmäßig Lüften sowie Abstand halten), konnte die Ansteckungsgefahr erheblich gesenkt werden. Besonders hohe Ansteckungsgefahr wurde hingegen in Räumen erkannt, in denen laut gesprochen und schlecht gelüftet wird, so die Zwischenergebnisse des Projekts. Allerdings ist das Risiko von der konkreten Situation abhängig, wie folgende Beispiele zeigen: 
Lautes Sprechen in offenen Bereichen kann zu Ansteckungen in Entfernungen von über zwei Metern führen.

  • Bei schlechter Belüftung in offenen Bereichen, in denen viel und laut gesprochen wird (z.B. in einem Callcenter), ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass asymptomatische Personen andere infizieren – selbst, wenn diese bis zu sieben Meter entfernt von der infizierten Person sitzen.
  • Kaum effektiv sind in diesem Fall Trennwände. Auch Masken haben in gut belüfteten Räumen und bei stillem Arbeiten in bestimmten Konstellationen keinen signifikanten Einfluss auf das Infektionsgeschehen.
  • Die Aufforderung an die anwesenden Personen, ihre Stimme zu senken bzw. nur in einem separaten, belüfteten Raum laut zu sprechen, konnte die Wahrscheinlichkeit, mindestens eine weitere Person zu infizieren, auf unter 1 Prozent senken.

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geschrieben am

02.12.2020