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Marianne Schulze ist Social Sustainability Expertin bei PwC Österreich. Seit März 2022 berät die Juristin mit Menschenrechtsfokus Kunden unter anderem bei der Risiko-Analyse ihrer globalen Lieferketten und der damit verbundenen Sorgfaltspflichten. Soeben wurde sie in den Universitätsrat der Paris Lodron Universität Salzburg gewählt.

Lieferkette: Menschenrechte sind auch dein Kaffee

Baumwolle aus Indien, Kobalt aus dem Kongo, Kaffee aus Brasilien. Eine EU-Richtlinie soll künftig die Rechte der Menschen schützen, die Waren für die EU produzieren. Die Verantwortung liegt bei Unternehmen, diese unterschätzen noch den Aufwand.

Gastbeitrag von Marianne Schulze, Social Sustainability Expertin bei PwC Österreich über die EU-Lieferketten Richtlinie.

"Anlässlich des Internationalen Tag des Kaffees am 1. Oktober beleuchteten NGOs die problematischen Anbaubedingungen in der Kaffeeindustrie. Mit einer Street Art Aktion „Menschenrechte sind auch dein Kaffee!“ am Wiener Yppenplatz wurde auf die Missstände in der Kaffeeindustrie Aufmerksam gemacht: So sind laut den Vereinen beispielsweise in Brasilien erst kürzlich über 300 Arbeiter:innen aus Zwangsarbeit ähnlichen Bedingungen befreit worden, die auch auf Kaffeeplantagen eingesetzt wurden.

Es gibt noch Unmengen zu tun, um als Unternehmen umfassend nachhaltig zu agieren und mit den Anforderungen der Regulatorik Schritt zu halten. Haben sich Bemühungen auf europäischer Ebene bis dato vor allem auf Umwelt Aspekte bezogen, rücken nun Fragen der sozialen Nachhaltigkeit in den Fokus. Konkret nimmt nun die Europäische Union Großunternehmen in die Pflicht. Sie sollen laut Richtlinien-Entwurf für die Einhaltung der Menschenrechte (Kinderarbeit, Zwangsarbeit uvm) sowie strikter Umweltstandards zur Verantwortung gezogen werden. Bei Nichteinhaltung drohen Unternehmen Strafen, die sich je nach Größe der Firma auch am Jahresumsatz orientieren können. Nach einer Beschlussfassung, voraussichtlich im Frühjahr 2023, haben die EU-Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationale Regelungen zu transformieren. Änderungen sowie Abschwächungen der Richtlinie sind möglich. Eine Sache ist gewiss: Großunternehmen in der EU müssen bald im Rahmen der Regelung ihren Beitrag in puncto Menschenrechte und Umwelt transparent dokumentieren und werden dazu zur Verantwortung gezogen. Die Regelung sieht keine Verpflichtungen für kleinere und mittelständische Betriebe vor; eine indirekte Auswirkung wird aber die Nachfrage der Großkonzerne zu den Bedingungen (Umwelt- und Menschenrechtsschutz) sein.

Ähnliche Gesetze gibt es bereits in Frankreich und den Niederlanden. Wie so ein Gesetz aussehen könnte, zeigt auch Deutschland: Deutsche Unternehmen sind mit Anfang nächsten Jahres ab einer Größe von 3.000 Mitarbeitenden verpflichtet, für die Einhaltung der Menschenrechte entlang der gesamten Lieferkette zu sorgen. Ab 2024 wird die Regelung auf Firmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden ausgeweitet.  Das Gesetz verpflichtet sie, menschenrechtliche Risiken zu analysieren, Präventions- und Abhilfemaßnahmen umzusetzen und Beschwerdemöglichkeiten einzurichten. Darüber hinaus müssen Unternehmen über ihre Aktivitäten berichten – etwa in umfassenden Nachhaltigkeitsberichten. Das soll auch die Transparenz fördern.

Müssen heimische Unternehmen bereits handeln?

Unternehmen mit entsprechender Größe bzw. Umsatz müssen sich mit den Vorgaben auseinandersetzen. Jene, die sich bereits mit den UN Guiding Principles befasst haben, haben eine gute Grundlage, um ihre Bemühungen weiter auszubauen. Jene mit wenig Erfahrung, sollten sich mit den notwendigen Adaptierungen rasch beschäftigen und den Aufwand nicht unterschätzen.

Dem Mehraufwand für Großunternehmen liegt jedoch ein ausgezeichneter Gedanke zu Grunde: Die Rechte der Menschen zu schützen, die Waren für die EU produzieren."

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geschrieben am

06.10.2022