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Kommentar Liebesgrüße aus Völs

Liebesgrüße aus Völs

Im Mail-Eingang zahlreicher österreichischer Hersteller befand sich jüngst eine Aufforderung zur „Unterstützung“ der Markenpositionierung und Identität von MPreis. Danach lief so einiges aus dem Ruder.

Der Brief des Tiroler Lebensmittelhändlers, der auch retailreport.at vorliegt, machte seine Runden und sorgte vieleiseits für Verwirrung, Unverständnis und viel Ärger. Nach der digitalen „Supplier Day“ Konferenz wurden Lebensmittelproduzenten, die MPreis-Lieferanten sind, aufgefordert einen bestimmten Betrag als Unterstützung zu leisten – die Proforma-Rechnung kam gleich mit im Gepäck. Aufgegriffen hat das Thema die Tiroler Tageszeitung und wenn man sich diesbezüglich die Kommentare unter dem Bericht ansieht, so ist eines festzustellen: Der Brief war ein großer Fehler, in vielerlei Hinsicht.

  • In Zeiten von Transparenz, Fairness-Büros, Whistleblower-Gesetzen und BWB-Untersuchungen muss einem Händler doch klar sein, dass Aufforderungen in Verbindung mit „Drohungen“ („werden die Bereitschaft … mitverfolgen") alles andere als klug sind.
  • Es wirft nicht nur ein schlechtes Bild auf MPreis, sondern auch das Image aller anderer Lebensmittelhändler ist abermals um ein paar Stufen gesunken. Der Österreicher ist ein Fan von Allgemein-Verurteilungen und wird demnach den ganzen Lebensmittelhandel verurteilen.

Vorteil: alle anderen Lebensmittelhändler sind für die nächsten Wochen vorgewarnt!

Noch vor ein paar Tagen bei der MMM Fachtagung sprach Geschäftsführerin Martina Dutzler von Nachhaltigkeit, Regionalität und Innovation von MPreis. Innovativ ist die Aufforderung ja, das muss man zugeben, aber sie wirft auch ein schlechtes wirtschaftliches Licht auf MPreis. Man fragt sich: „geht es dem Unternehmen wirklich so schlecht?“

Schließlich sei auch noch hinterfragt, warum sich ein Händler der Unterstützung der Industrie bedienen muss und sich nicht aus eigener Kraft und Idee helfen kann. In die andere Richtung hat es solche Unterstützungen noch nie gegeben.

Harte Zeiten

Ja, es sind wirklich harte Zeiten: die Händler werden von der Politik gebasht und die Industrie kann in nur sehr wenigen Fällen ihre Kosten an den Handel weitergeben. Spannen auf beiden Seiten werden kleiner und sind als Hersteller nur mehr dann wirklich erquicklich, wenn man seine Partner auch außerhalb Österreichs hat. Die expansionsstarken Unternehmen können zart aufatmen, während die heimischen Hersteller, die vornehmlich an den österreichischen Markt gebunden sind auf die sinkende Inflation hoffen müssen. Die Hoffnung stirbt zuletzt: die jüngsten Auswertungen sprechen von 8,8% im Vergleich zum Vorjahr. Ein paar große Brocken liegen noch vor Handel und Industrie: Energiekosten, Inflation und vor allem schlechte Konsumlaune.

Wenn man aktuell mit den Marktteilnehmern spricht, so gibt es einen Tenor: harte Aktionen in den nächsten Monaten sind unausweichlich. Denn: auch wenn die Umsätze durch Preissteigerungen in die Höhe gehen, so sind die Mengen im ersten Quartal 2023 drastisch zurückgegangen. Der Konsument hält sich zurück und in der langen Kette der Wertschöpfung sind somit Fabriken nicht mehr ausgelastet. Um starke Aktionen im zweiten Halbjahr wird man wohl nicht herumkommen. Aber auch hier gilt: gemeinsam ist der beste Weg und ohne „stille Post“.

Gabriele Jiresch

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geschrieben am

02.06.2023