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Alessandro Wolf, Vorsitzender der Geschäftsleitung bei Lidl Österreich

Lidl setzt den Turbo ein

2012 startet der deutsche Diskonter mit der ersten Österreich-Kampagne. Heute ist Lidl als „Smart Diskonter“ nicht mehr wegzudenken.

Vom „Hard Diskonter“ zum „Smart Diskonter“ – auch so könnte die Überschrift lauten. Denn Lidl Österreich, Tochtergesellschaft der Lidl Stiftung & Co. KG und diese wiederum von der Schwarz Gruppe, setzt seine Karten in Zukunft noch stärker als bisher auf: österreichische Herkunft, Tierwohl, Frische, vegan und anmutende freundlich gestaltete Märkte.

Um ein Gefühl für die Entwicklung zu bekommen: 2019 erreichte Lidl Österreich einen Umsatz von 1,375 Mrd. Euro netto. Dieser Umsatz konnte im Geschäftsjahr (1. März 2020 bis 28. Februar 2021) um 7% (100 Mio. Euro) auf 1,47 Mrd. Euro netto in Österreich gesteigert werden. Der Gesamtmarkt Lebensmittel stieg laut NielsenIQ um 10%, also entwickelte sich Lidl Österreich zwar unter dem Markt, was auf den Frequenzrückgang in Corona-Zeiten und das verstärkte „One-Stop-Shopping“ zurückzuführen ist.
Ein kurzer Blick in die Vergangenheit: Von 2007 bis 2015 entwickelte sich der Marktanteil von Lidl Österreich am österreichischen Lebensmitteleinzelhandel von 3,2 % auf 5,5 %, der Umsatz stieg im gleichen Zeitraum von 510 Mio. Euro auf 1,1 Mrd. Euro.
Heute liegt der Marktanteil bei rund 6%, die NielsenIQ-Daten sind natürlich noch ausständig.

Lidl Österreich Zukunftspläne

Mitunter der Trend zum One-Stop-Shopping brachte Lidl Österreich zur Entscheidung, das Grundsortiment um 400 Produkte auf 2000 auszuweiten. Davon sind rund 20% Markenartikel. 5000 Aktionsartikel pro Jahr gesellen sich noch dazu.
Alessandro Wolf, der Vorsitzende der Geschäftsleitung dazu: „Wir haben rund 400 neue Produkte eingelistet. Der Fokus liegt dabei nach wie vor auf Regionalität und Bio-Qualität aus Österreich. Bestes Beispiel ist die österreichische Bio-Eigenmarke „Ein gutes Stück Heimat“. Neu ist, dass diese seit Kurzem zu 100 % klimaneutral ist und damit eine Benchmark für Nachhaltigkeit setzt.“

Von der Sortimentserweiterung profitieren auch viele heimische Betriebe, mehr als die Hälfte aller verkauften Lebensmittel in den Filialen stammt von österreichischen Lieferanten. Pro Jahr sind das knapp 400 Mio. Euro an Wertschöpfung  in Österreich für heimische Lebensmittellieferanten. Allein über den Export zu anderen Lidl Landesgesellschaften haben heimische Lebensmittellieferanten über 360 Mio. Euro mit Lidl erwirtschaftet. Auf diesem Weg fanden im vergangenen Jahr knapp 4.000 Tonnen Käse und rund 8 Mio. Flaschen Wein den Weg in Lidl-Filialen in ganz Europa.  Lidl ist im übrigen in rund 30 Ländern der Erde tätig.

Erweiterungen kosten Geld

In Erweiterungen steckt Lidl Österreich viel an Investment: Filialen, Mitarbeiter, Logistik und wie erwähnt Sortiment. Insgesamt sollen die Investments in Österreich rund 100 Mio. Euro betragen.

Filialen: Von den 252 bestehenden Filialen sind bereits 80 auf das neue Filialkonzept umgestellt. Dieses ist unter anderem auch notwendig, weil sich das Sortiment erweitert hat und neue Anforderungen dazu gekommen sind. 100 weitere Filialen folgen heuer und bis 2023 will man alle Filialen umgestellt haben. 2021 wird es im übrigen 8 neue Filialen geben: 4 komplett neu und 4 werden abgerissen und neu gebaut. Die Expansion schreitet weiter voran, in Wien und in großen Städten Österreichs sieht man für Lidl Filialen noch weiße Flecken.

Mitarbeiter: Die Anzahl der Mitarbeiter wurde von 5000 auf 5500 aufgestockt. Erst kürzlich hat Lidl Österreich die Bezahlung der Mindestlöhne um bis zu 14 % und das Lehrlingsentgelt auf 1000 Euro/Monat erhöht. Das soll im Lebensmittelhandel die neue Messlatte sein und damit startet Lidl Österreich eine neue Lehrlingsoffensive.

Logistik: das neu errichtete Logistikzentrum Großebersdorf im nördlichen NÖ geht im Juni zu 100% an den Start, Müllendorf im Süden wird im Mai vom Netz genommen und anderwertig vermarktet. Mit Großebersdorf wird die Kapazität für die Wiener Filialen vorangetrieben. Aktuell werden mit dem neuen Lager 100 Filialen in Wien beliefert, die Zukunft sieht aber 170-180 vor.
In Laakirchen werden bis 2024 etwa 54 Mio. Euro investiert werden und schließlich gibt es noch das Lager in Wundschuh/Steiermark.

Neue Filialstruktur

Wie sieht nun eine neue Filiale aus? Lidl Österreich präsentiert diese anhand des Prototypen – oder wie Lidl sie nennt: Metropolfiliale – in der Sagedergasse in Wien 23.

Breite Gänge, helles Licht und Frische, Bio und heimische Produkte im Vordergrund. Die Bausteine eines Smart Diskonters sehen für den Konsumenten vor: die niedrigsten Preise, Top-Qualität mit Fokus auf Nachhaltigkeit (Tierwohl, Bio, Regionalität, Vegan, Vegetarisch, Herkunft). „Aber der Konsument hat die Wahl, welche Produkte er kauft. Wir machen ihm die Wahl einfacher, indem wir die Produkte sehr auffallend kennzeichnen“, so Wolf. Es geht um die Kennzeichnungen: AMA Gütesiegel, Herkunft, vegan, etc. Damit ist der Griff ins Regal einfacher. In Zukunft wird auch die Preisauszeichnung auf digital umgestellt.

Das Veggie-Sortiment wird mit 15 Artikel aktuell später noch stärker ausgebaut, Bio wird um ¼ (auf 300 Produkte) erweitert, Feinkost, Fleisch und Käse folgen ebenso. „Rind, Huhn, Schweinmit Ausnahme der Angebote stammen bei uns nur aus Österreich“, so Wolf.
Auch Convenience-Ware wird in Zukunft stärker ausgebaut.

Bei den Eigenmarken hat man einen anderen Fokus auf Qualität, das macht in Zukunft eben auch den Smart Diskonter aus. „Die Rückverfolgbarkeit der Produkte soll so einfach wie möglich sein“, beschreibt Allessandro Wolf.

Diese Metropolfiliale wie in Wien 23 ist eine Vorzeigefiliale, wie sie nicht überall umgesetzt werden kann, das ist schon durch die Gegebenheiten in bestehenden Märkten vorgegeben. „Auf der grünen Wiese zu bauen, ist heute nicht mehr ohne weiteres möglich“, so Wolf. Wo es möglich ist, wird die Geschäftsfläche erweitert, die durchschnittliche Fläche liegt bei etwa 800 m2, aber eine Metropolfiliale müsste 1000 m2 haben. Übrigens: die Unterkante der Größe der Lidl-Märkte liegt bei 700 m2.

Spannend ist auch die Errichtung mehrerer MyFlex-Boxen vor den Märkten, sowie die digitale Werbung per „Digital Signage“, die in Zukunft das Papier-Plakat ersetzen werden. Auch e-Tankstellen sind in Zukunft verstärkt auf den Parkplätzen angedacht. In den Salzburger Märkten ist das bereits bei allen der Fall.

Für die Zukunft heißt das bei Lidl Österreich mit Sicherheit mehr Aufwand in der Gestaltung des Sortiments und der Filialen, aber es wird sich lohnen, denn die Geschäftsleitung sieht sehr wohl eine Ausweitung des Marktanteils in Österreich als absolut möglich.

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geschrieben am

13.03.2021