Kaffee: Wertigkeit und Genuss erleben Aufwertung
Am 1. Oktober findet traditionell der Tag des Kaffees statt, heuer zum 21. Mal. Innerhalb der vergangenen 25 Jahre hat sich der Kaffeemarkt grundlegend verändert. „Man sieht eine sehr deutliche Weiterentwicklung in Herkunft, Nachhaltigkeit und Zubereitung. Ich sehe als Wendepunkt immer einen Zusammenhang mit dem Fall der Berliner Mauer, als Europa und die Welt noch offener wurden“, beschreibt der Präsident des Österreichischen Kaffeeverbandes, Marcel Löffler, die Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Mit diesem Ereignis wurden viele Gebiete und somit neugierige Konsumenten in Osteuropa neu erschlossen. Darüber hinaus wurde das Interesse in Ländern wie Indien und China erweckt, die bisher eine starke Teekultur hatten. „Ausweitung ist eine der ersten Säulen, die Kaffee heute so beliebt machen“, so Marcel Löffler. Heute kann man mit Fug und Recht sagen: Kaffee ist weltweit das zweitmeist konsumierte Getränk nach Leitungswasser.
Die dritte Welle
Die „Third wave of coffee“, auf Deutsch „dritte Kaffeewelle“, ist eine Konsumhaltung, die für die Produktion von hochwertigem Kaffee steht und Kaffee, ähnlich wie Wein, Schokolade, Gin oder Craft beer, als Genussmittel und nicht als bloße Ware betrachtet. Diese „dritte Welle“ ist stark in Verbindung zu bringen mit Premiumisierung, eine weitere Säule des heutigen modernen Kaffeekonsums. „Die ‚third wave of Coffee‘ kommt aus dem angelsächsischen Raum und hat auch in Österreich schon erfolgreich Fuß gefasst,“, erklärt der Kaffeeverband-Präsident. Die Schlussfolgerung lautet daher: Kaffee in seinen Spezialitäten geht in die Breite, eine weitere Säule des Konsums. „Viel Neues wird probiert: Geschmäcker, Arten der Anwendung und Herkunft“, so Löffler. Dass das überhaupt für die breite Masse möglich ist, dazu haben auch die Kapseln beigetragen. Durch sie kann der Konsument sehr unkompliziert ausprobieren und lernen.
Auf Regale im Lebensmittelhandel übertragen
Sieht man sich in den heutigen Kaffee-Regalen im Lebensmittelhandel um, so spiegeln sich die Bedeutungen der Trends wider: Anbaugebiete, Röstungen, Kapseln, Nachhaltigkeit im Allgemeinen. „40% der österreichischen Bevölkerung hat heute eine Kapselmaschine zu Hause. Somit ist es möglich Vielfalt in zahlreichen verfügbaren Mengen an Kaffee kennenzulernen“, so Löffler.
Nachhaltigkeit als Dach
Für den Österreichischen Kaffeeverband ist Nachhaltigkeit ein sehr wichtiges Thema. „Wir sehen es aber als ganzheitliches Thema“, so Löffler. Es geht also nicht nur um Kapsel, Herkunft, Anbau, sondern um alle Themen zusammen. „Wir alle, die als Produzenten tätig sind wollen, dass auch die nächsten Generationen in den Anbauländern mit den Einnahmen aus dem Kaffeeanbau gut versorgt sind und ihre Freude daran haben – egal, ob in einem großen Anbauland wie Brasilien oder einem kleinen wie Kolumbien“. Was ist den Österreichern denn wichtig, wollen wir von Marcel Löffler wissen: „Die Sozialstandards in den Ursprungsländern, also die Einhaltung der Lieferkette. Hier bieten wir im Verband Workshops für und über die Mitglieder an.“ Das Team im Kaffeeverband ist gerade dabei einen Nachhaltigkeits-Guide zu etablieren, um dem Nachhaltigkeits-Gedanken einen weiteren Schub zu geben. 2023 wird es dazu eine starke Kommunikation geben.
Von großer Bedeutung ist auch der CO2-Ausstoß in den Ursprungsländern: wieviel Wasser wird verbraucht? Wie werden die Böden behandelt und gedüngt? Und wie wird der Kaffee transportiert?
Aktuelles Thema Teuerung und Aktionen
Nicht zuletzt ist die Nachhaltigkeit stark mit der aktuellen Debatte um Teuerung und Aktionen im Lebensmittelhandel verwoben. Denn: die Hochwertigkeit des Produktes im Ursprung sollte im Lebensmittelhandel nicht vergessen werden. Bessere Preise stärken die nächsten Generationen, es sollte nachhaltige Regulatorien für alle Levels in der Kette geben.
Trotzdem wird der Promotionfaktor bei Kaffee auch in Zukunft hoch bleiben, weil der Handel die Konsumenten ins Geschäft ziehen will. „Wichtig ist, dass Innovationen und Nachhaltigkeit bei Kaffee rangmäßig ganz oben stehen“, so Löffler. Die Wertigkeit des Kaffees geht steil nach oben – parallel mit dem Wunsch nach Genussmomenten. „Es ist wie beim Kochen: für Spezialitäten nimmt man sich Zeit“.
Diese Trends sind im Kommen
Ein großes Schlagwort lautet: „Coldbrew“. In Nordamerika ist der Trend schon voll angekommen und Coldbrew-Kaffee wird als ready-to-go/drink-Getränk konsumiert. In Europa ist der Trend laut Marcel Löffler noch nicht so stark vertreten, Europäer haben ein anderes Konsumverhalten, wenn es um Ready to Drink Kaffee geht.
Ein anderer Trend ist „Mahlkaffee“, aber nicht so, wie wir ihn von vor 25 Jahren kennen. Heute wird bereits bei der Mahlung selbst darauf geachtet, WIE sie passiert, schließlich spielen Komposition und Sorten eine große Rolle. „Es ist ein Zeremoniell!“, bestätigt Marcel Löffler. Mahlkaffee in einer modernen Art geht mit Sicherheit auch in die Breite, ist man sich sicher.
Ein noch kleiner Trend heißt „Nitro Coffee“: er basiert auf einem Cold Brew, der mit Stickstoff versetzt wird – es geht also um eine Brühmethode des Kaffees. Mundgefühl und Geschmack des Kaffees wird verändert, ohne Zusätze.
Blick in die Zukunft
Selbstverständlich ist auch die Kaffeeproduktion vor Ort stark von den noch immer steigenden Energiekosten betroffen und der Konsument schaut mehr auf sein Geld. „Ich bin aber zuversichtlich, dass die Anzahl der getrunkenen Tassen Kaffee in Österreich auch in naher Zukunft konstant bleiben wird“, meint Marcel Löffler. Blickt man 100 Jahre auf die große Weltwirtschaftskrise zurück, so waren die Kaffeehäuser damals voll: die Bevölkerung hat sich bei den Kaffeesiedern nicht nur aufgewärmt, sie war auch froh über Kontakte und vor allem über Genussmomente. In den letzten 20 Jahren erlebte Kaffee ein Wachstum von 2-3% jedes Jahr – weltweit gesehen. Das schwarze Gold wird auch in Krisenzeiten immer mit guten Emotionen erfüllt bleiben.
Fakten über Kaffee in Österreich aus Sicht des Kaffeeverbandes
In Österreich halten wir konstant bei 3 Tassen oder mehr täglich, womit wir im guten europäischen Mittelfeld liegen. Gleichzeitig beobachten wir, dass die Bedeutung von Genuss rund um das Thema Kaffee immer weiter zu nimmt. Das zeigt sich auch in einem stetig steigenden Qualitätsbewusstsein der österreichischen Kaffeetrinker.
Im Schnitt konsumiert der österreichische Kaffeetrinker damit rund 1000 Tassen pro Kopf und Jahr. Mit diesen konstant hohen Jahreskonsumzahlen zählt Österreich seit Jahren europaweit und international gesehen zu den „starken“ Kaffeeländern.
Kaffeegenuss in Österreich bedeutet auch Vielfalt. Denn weltweit gibt es kaum anderes Land, das so viele unterschiedliche Kaffeekreationen kennt wie unser Heimatland. Nicht weniger als 40 verschiedene Kompositionen finden sich hierzulande auf den Getränkekarten. Österreich verbindet dabei perfekt Tradition und Moderne.
Wien weist die größte Dichte an Kaffeehäusern auf. Im Jahr 2017 gab es in Wien insgesamt rund 815 Kaffeehaus-Hauptbetriebe und 145 Filialen (Quelle: WKO). Dazu kommen 750 Kaffeerestaurants, rund 500 Espressobars und Stehkaffeeschenken und schließlich fast noch 200 Kaffeekonditoreien. Zudem gehört die Wiener Kaffeehauskultur seit 2011 zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO.