JKU: Inflation in den Köpfen angekommen
Die Inflation erreicht im April eine (fast) noch nie dagewesene Steigerungsrate von 7,2 % (im Vergleich zum Vorjahr). Besonders steigende Treibstoffpreise heizen die Inflation an, was wiederum Auswirkungen auf das Mobilitäts- aber auch auf das Einkaufsverhalten der Österreicher hat. Die Kauflust ist am Boden.
Auch die Preise im Einzelhandel ziehen zu Jahresbeginn 2022 kräftig an und steigen im März durchschnittlich um 6,8 %. Daher verwundert es nicht, dass 69 % der erwachsenen Österreicher Preiserhöhungen bereits bei vielen Einzelhandelswaren wahrnehmen – weitere 26 % bei einigen Produkten. Je älter die Konsumenten sind, desto häufiger werden Preissteigerungen im Einzelhandel (subjektiv) wahrgenommen. Auch mit zunehmender Haushaltsgröße steigt die Preissensibilität deutlich.
Besonders häufig merken Konsumenten Preiserhöhungen im Lebensmitteleinzelhandel (92 % der Österreicher ab 18 Jahre), da Güter des täglichen Bedarfs häufig gekauft werden und das Preiswissen vergleichsweise ausgeprägter als im Non-Food- Handel ist. Die durchschnittlichen Preissteigerungen bei Lebensmittel liegen im März (5,8 %)5 aber (noch) unter der allgemeinen Inflationsrate (VPI: 6,8 %).
An zweiter Stelle liegen mit Drogeriewaren (49 %) ebenfalls Güter des täglichen Bedarfs und dann kommen – zu Beginn der warmen Jahreszeit wenig überraschend – Produkte aus dem Bereich Bau- und Heimwerkerbedarf. Hier merken bereits 36% der erwachsenen Österreicher Preiserhöhungen.
Obwohl die Preise im Durchschnitt bei Mode in den ersten drei Monaten 2022 nur moderat angestiegen sind, werden bereits von 21 % der Konsumenten (zumindest einzelne) Preiserhöhungen bei Bekleidung wahrgenommen. Hingegen kommen Preisanstiege bei Spielwaren, Sportartikeln, Büchern und Schreibwaren „erst“ bei jeweils 12 % der Österreicher an.
Reaktionen auf steigende Preise
Die (Ausweich-)Strategien der österreichischen Konsumenten auf steigende Einzelhandelspreise sind vielfältig. Generell möchten sich 30 % beim Einkaufen einschränken, was für den Einzelhandel in der abflauenden Covid-19-Pandemie und der anhaltenden Ukraine-Krise (mit all den Unsicherheiten) keine guten Nachrichten sind. Besonders Haushalte mit geringen Einkommen wollen bzw. müssen sich verstärkt in Kaufzurückhaltung üben. Viele Österreicher weichen jetzt auf günstigere Produkte aus. 75 % achten beim Einkauf mehr auf Aktionen – vor allem ältere Konsumenten. 59 % steigen auf billigere Alternativen bzw. 20 % auf Second-Hand-Ware um. Dies trifft verstärkt auf junge Familien mit Kindern zu. Aber „nur“ 15 % verzichten für einen geringeren Preis auf Qualität.
Zudem wird das Internet häufiger zum Preisvergleich genutzt. 43 % der erwachsenen Österreicher recherchieren mehr im Internet nach günstigeren Produkten und 20 % bestellen mehr online (obwohl auch beim Online-Shopping mit Preiserhöhungen zu rechnen ist). Eine relativ kleine Konsumentengruppe spart lieber „woanders“ als beim Einkaufen, bzw. greift auf Erspartes zurück oder überzieht das Bankkonto.
Nahezu niemand rechnet mit sinkenden Einzelhandelspreisen in den nächsten drei Monaten. Im Gegenteil: 60% der Konsumenten rechnen mit weiterhin stark steigenden Preisen, 34 % mit weiteren, aber moderateren Preiserhöhungen. Lediglich 4 % glauben, dass sich die Einzelhandelspreise (im Durchschnitt) auf hohem Niveau stabilisieren werden. Nur 2 % rechnen mit Preissenkungen.
Ergebnisse
„Steigende Energiepreise, höhere Preise in den Vorstufen, Schwierigkeiten in den Lieferketten lassen eine Erhöhung der Einzelhandelspreise unumgänglich werden. Auch wenn der Einzelhandel steigende Preise bzw. Kosten noch nicht bzw. nicht in vollem Ausmaß an Endverbraucher „weitergibt“, reagieren Konsumenten bereits mit unterschiedlichen (Ausweich-)Strategien – von genereller Kaufzurückhaltung bis zum Umstieg auf billigere Alternativen. Und das ist kein gutes Signal für den Einzelhandel“, umreißt Dr. Ernst Gittenberger vom IHaM Institut für Handel, Absatz und Marketing die aktuell schwierige Lage.
"Die umfassende, mediale Berichterstattung sowie die subjektive Wahrnehmung der Krise mit der einhergehenden Inflation haben die Einstellungen und letztlich das Kaufverhalten der Konsumenten in Geiselhaft. Das Konsumklima ist entsprechend am Boden und der Einzelhandel in einer Lose-Lose-Situation. Steigende Kosten bei Energie und in den Vorstufen drücken auf die Margen und Erhöhungen der Einzelhandelspreise dämpfen die ohnehin schon (sehr) geringe Kauflust der Konsumenten weiter. Betroffen sind vor allem größere Haushalte mit (vergleichs- weise) geringem Einkommen, die als Erste ihre Einkäufe einschränken bzw. auf günstigere Alternativen ausweichen müssen“, ergänzt Institutsvorstand Univ.Prof. Dr. Christoph Teller.
Daten im Detail von Statista
Der Handelsverband fasst ebenfalls die Daten im Detail zusammen und fordert ein Ende der kalten Progression, eine Mehrwertsteuer-Senkung auf Energie und eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten.
Nahrungsmittel haben sich hierzulande im April durchschnittlich um +8,4% verteuert, deutlich mehr als noch im März (+5,8%). Die zweite Teuerungswelle betrifft insbesondere Fleisch (+10,7%), Öle (+18,2%), Gemüse (+10,1%) sowie Brot und Getreideerzeugnisse (+8,2%). Milch, Käse und Eier haben sich um +6,9% verteuert.
Teuerung bei Lebensmitteln nach Produktgruppen (April 2022):
- Öle, Fette: +18,2%
- Kaffee: +11,4%
- Limonaden: +8,7%
- Alkoholfreie Getränke: +9,6%
- Gemüse: +10,1%
- Brot / Getreideerzeugnisse: +8,2%
- Milch, Käse, Eier: +6,9%
- Obst: +6,9%
- Fleisch: +10,7%
Noch weit höher sind die Preise allerdings mit +28,8% für Haushaltsenergie bzw. mit +17,7% für Verkehr gestiegen. Auch für den Bereich Wohnung, Wasser und Energie (+9,4%) mussten die heimischen Verbraucher zuletzt deutlich tiefer ins Geldbörsel greifen. Besorgniserregend stimmt überdies die Teuerung im Großhandel, die im April mit +26% einen neuen Rekordwert erreicht hat.