"Fokus auf bewährte Strategie und Innovationen"
Mit 1. Mai 2020 tritt Mag. Klaus Schörghofer die Nachfolge von Magne Setnes als Vorstandsvorsitzender der Brau Union Österreich an. Die Zeiten sind mehr als rau. Denn die Corona-Krise ließ etwa die Hälfte der Umsätze einbrechen, da die Gastronomie ihre Pforten schließen musste. Die jüngste Meldung zeigt, wie sehr Brau Union und Gastronomie verbunden sind:
Mit der Wiederaufnahme des Gastronomiebetriebes sind sowohl ein hoher Aufwand als auch Kosten verbunden. Denn nach der langen Schließung müssen etwa die Schankanlagen entsprechend gereinigt und wieder in Betrieb genommen werden. Dabei unterstützt die Brau Union Österreich ihre über 15.000 Gastronomiepartner und führt bei über 20.000 Schankanlagen in ganz Österreich diese Serviceleistung gratis durch. Dieser Aufwand für Anfahrten und Arbeitszeit unter Zeitdruck des Schankservice Zapfhahn, denn natürlich wollen alle möglichst schnell wieder öffnen, entspricht einem Wert von über einer Million Euro.
Über COVID-19 und die Auswirkungen, aber auch Themen außerhalb der Krisenzeiten sprach Klaus Schörghofer mit retailreport.at.
retailreport.at: Sie übernehmen die Brau Union Österreich in einer harten Zeit: die Corona-Virus-Maßnahmen bei Gastronomie, Hotellerie und Events setzen jedem Getränkekonzern zu. Wie geht man damit um?
Klaus Schörghofer: Wir versuchen – soweit es von unserer Seite aus möglich ist – unsere Partner zu unterstützen, damit wir nach alledem wieder rasch zum „zukünftigen Alltag“ übergehen können. Jetzt geht es ganz besonders um den Zusammenhalt, um das „Miteinander“. Aus Kulanz verzichten wir bei Gastronomen, die in Eigengaststätten des Unternehmens eingemietet sind oder einen Pachtvertrag haben, von Mitte März bis vorläufig Ende April auf Miete und Pacht (Anm.: retailreport hat berichtet). Unsere Gastronomiekunden können sich zudem bei der App „Schnips“ registrieren und ihren Abhol- und Zustellservice derzeit kostenlos über „Schnips“ abwickeln, auch die Bewerbung dieses Service der Gastronomen stellen wir gratis zur Verfügung. Und gemeinsam mit den Konsumenten ist die App "Schnips" eine win-win-Idee: Via "Schnips" können Wertgutscheine vom Lieblingswirt für das nächste Familienessen verschickt werden oder Freunde per Gutschein, vorerst virtuell, auf ein Bier eingeladen werden.
Wieviel vom Jahresumsatz wird den Berechnungen nach wegbrechen und kann man diese Umsätze nochmals auffangen?
Wir erfüllen selbstverständlich unseren Nahversorgungsauftrag und beliefern weiterhin den Lebensmittelhandel, aber das Gastronomiegeschäft ist durch die Schließung auf null gesunken. Die Umsätze werden natürlich reduziert, da der Lebensmittelhandel dies nicht ausgleichen kann. Wie es in den nächsten Monaten weitergeht, hängt davon ab, wie schnell wir zu einem „neuen normalen“ Alltag zurückkehren können. Wichtig ist: gemeinsam durchzuhalten!
Gab es für solche Vorfälle einen Krisen-Plan parat? Welche Ideen gibt es für die Zeit danach?
Selbstverständlich gibt es ein Krisenmanagement im Unternehmen, dass im jeweiligen Krisenfall immer aktuell die Situation im Blick hat, anlassbezogen reagiert und handelt. Diese Krise ist eine große Herausforderung, die wir nur gemeinsam schaffen können. Die Brau Union Österreich versucht auf verschiedenen Wegen einen Beitrag zur Unterstützung der Gesellschaft zu leisten. Ich nenne Ihnen ein paar Beispiele: Zur Unterstützung der Einsatzkräfte von Rotem Kreuz NÖ und dem Österreichischen Bundesheer wurde Alkohol gespendet, damit Desinfektionsmittel zum Selbstschutz hergestellt werden kann.
Wie steht die Brau Union Österreich zum Thema Digitalisierung?
Digitalisierung ist in der Brau Union Österreich ein großes Thema und es zeigt sich, dass wir in der aktuellen Krise auf diesem Weg unsere Kunden unterstützen können. Erst kürzlich wurde die bereits erwähnte mobile Plattform-App „Schnips“ in Partnerschaft mit einem regionalen Technologieunternehmen aus der Taufe gehoben und im Großraum Linz ausgerollt. Die App wartet mit einer ausgeklügelten Lokal- und Angebotssuche, einer Tischreservierungsfunktion und der Möglichkeit, im Lokal direkt in der App am Tisch zu bestellen, auf. Außerdem bietet „Schnips“ Gastronomen die Möglichkeit an Gästebindungsprogrammen teilzunehmen und so die Anzahl an Stammgästen einerseits, die Anzahl neuer Gesichter im Lokal andererseits zu erhöhen.
Für Zeiten, wo physischer Kontakt nicht möglich ist, hat sich das Entwicklungsteam rund um die App innerhalb kürzester Zeit Funktionen realisiert, die Gastronomen dabei unterstützen, ihr Geschäft mit dem Angebot zur Abholung (Takeaway) und Lieferung aufrecht zu halten. Zusätzlich wurde der Verkauf von Gutscheinen implementiert. „Schnips“ steht allen Gastronomen in ganz Österreich während dieser schwierigen Zeit kostenlos zur Verfügung.
Auch wurde unsere Bestellplattform brauunionplus.at zur Informationsplattform erweitert. Es wurden Informations-Seiten zu den wichtigsten Themen (Förderungen, Schankanlage, Schnips, …) erstellt und es werden Kunden mittels Newsletter auf dem Laufenden gehalten.
Wir werden weiterhin noch mehr in Richtung Digitalisierung gehen müssen. Es bringt viele neue Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen für den Markenartikelmarkt mit sich. Um hier bestehen zu können und attraktiv zu bleiben, müssen Marken sowohl zukunftsweisende Produkte entwickeln, als auch deren Markenumfeld innovativ gestalten.
Genug des Virus. Für welche Aufgaben sind Sie in Österreich zuständig? Wer wird Ihr Nachfolger?
Magne Setnes hat die Brau Union Österreich erfolgreich in den letzten beiden Jahren geführt. Auch seine Zielsetzungen, Österreich zum Land mit der besten Bierkultur Europas zu machen und die Hingabe zum Bierbrauen haben maßgeblich zum Erfolg der Brau Union Österreich beigetragen. Diesen Erfolg weiterzuführen und die Stärken der Brau Union Österreich noch weiterauszubauen, sind eine große Herausforderung und gleichzeitig eine spannende Aufgabe, auf die ich mich sehr freue.
Ich kenne den österreichischen Biermarkt seit über 15 Jahren - zuletzt durch meine Tätigkeit als Geschäftsfeldleiter für den Lebensmittelhandel der Brau Union Österreich. Daher setze ich weiterhin meinen Fokus klar auf unsere bewährte Strategie und unsere Innovationen. Unsere große Stärke sind unsere regionalen Standorte sowie alle tollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dort arbeiten und auf die ich mich verlassen kann.
Bier ist ein natürliches Produkt. Daher werden wir auch in den kommenden Jahren weitere Projekte im Nachhaltigkeitsbereich prüfen und ausbauen. Mit unseren 2700 Mitarbeitern, die in Österreich beschäftigt sind, möchten wir unseren Beitrag zu einem Miteinander in Österreich leisten. Zum Wohl unserer Kunden und Konsumenten sowie Umwelt und Gesellschaft.
Wer mein Nachfolger als Geschäftsfeldleiter für den Lebensmittelhandel wird, wird rechtzeitig bekanntgegeben.
Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Handel an sich? Gibt es Produkte aus dem Sortiment, mit denen man aus der Aktion herauskommt?
Unsere Handelspartner und ihre Mitarbeiter halten in beachtlicher Art und Weise die Lebensmittelversorgung für Österreich aufrecht. Wir versuchen unsere LEH-Partner dabei bestmöglich zu unterstützen und die Versorgung mit Bier und Cider gerade in diesen herausfordernden Zeiten sicherzustellen.
Alle Aktionen werden vom Lebensmittelhandel selbst geplant und umgesetzt. Ob es in dieser Krisenzeit weiterhin auch Aktionen geben wird, obliegt dem Lebensmittelhandel. Mit unseren starken und regionalen Marken ist die Brau Union flächendeckend am Markt gut verankert. Je nach Region steht das jeweilige Team der Brau Union mit seinem umfassenden Sortiment an regionalen Produkten und Services zur Verfügung. So können wir jederzeit auf die Wünsche und Bedürfnisse der Konsumenten eingehen.
Wie sehen Sie die Position der Brau Union in Österreich in Zukunft, im Hinblick auf zwei Faktoren: Anheuser Busch Inbev und die Übernahme der Fohrenburger Brauerei (BWB)?
Konkurrenz belebt das Geschäft, das sehen wir sportlich. 5% der Österreicher greifen zu internationalen Bieren, der Rest bevorzugt heimische und regionale Biere. Mit heimischen und vor Ort produzierten Marken wie z.B. Zipfer, Gösser, Puntigamer, Wieselburger, Kaiser.. etc. bieten wir regionale Biere aus unserem österreichweiten Portfolio an. Die Aufstockung der bisherigen Anteile an der Fohrenburger Brauerei wird derzeit vom Kartellgericht geprüft. Eine Entscheidung wird in den kommenden Monaten erwartet.
Welche Zahlen und Daten dürfen/können Sie veröffentlichen?
Der österreichische Biermarkt hat sich in den letzten Jahren positiv entwickelt: Der Konsum ist im internationalen Vergleich auf hohem Niveau, das Angebot vielfältig und das Interesse der Konsumenten steigt. Es wird intensiver über Bier gesprochen. Gemäß aktueller Umfrage ist Bier für fast 90 % der Österreicher ein wichtiger und fester Bestandteil der österreichischen Kultur. Dies wird durch der Nachfrage nach alkoholfreien Produkten und den Craft Bier-Trend unterstützt und gefördert.
Die weitere Entwicklung rund um COVID-19 müssen wir abwarten und ganz wichtig: mit der bewährten österreichischen Disziplin durchhalten. Wir tun jeden Tag unser Bestes, um diese schwierige Situation und die aktuellen Herausforderungen zu meistern.
Welche Trends sehen Sie bei Bier? Cider?
Bier ist ein 100% natürliches Getränk, und genau das ist seine Stärke. Denn Konsumenten verlangen zunehmend nach natürlichen und regionalen Produkten aus der Heimat.
Gesundheit und der verantwortungsvolle Bierkonsum liegt im Trend. Der Markt ist rasant wachsend, d.h. ein Fünftel der österreichischen Bevölkerung (22 %) greift gerne zu alkoholfreiem Bier. Hauptmotiv dafür sind zwar Autofahrten, allerdings wird die Lust auf ein Bier, ohne Alkohol trinken zu wollen, fast ebenso häufig als Motiv für alkoholfreien Genuss genannt.
Fast jeder Zweite (48 %) geht davon aus, dass der verantwortungsvolle Konsum von alkoholfreiem Bier in den nächsten zehn Jahren zunehmen wird. Schon jetzt konsumiert ein Drittel jener Österreicher, die generell alkoholfreies Bier trinken, dies im Vergleich zu früher öfter bzw. mehr. Insbesondere untertags greifen die Österreicherinnen und Österreicher verstärkt zu alkoholfreien Bieren. Eine natürliche Alternative zu Limonaden und Alkohol sind dafür die alkoholfrei gebrauten Biere und Erfrischungsgetränke für Erwachsene der Brau Union Österreich, am Markt anhand des einheitlichen Erscheinungsbildes AlkoholFreizone ersichtlich.
Welche Neuheiten werden uns heuer überraschen?
Unsere Innovationen für 2020 wurden im März in den Märkten eingeführt und können bereits von den Konsumenten genossen werden. Mit der internationalen Marke SOL kam ein mexikanisches Original nach Österreich. Aber auch bei den regionalen Marken hat sich etwas getan. Ab sofort gibt es das Zipfer Kellerbier auch für ein breiteres Publikum und bei Wieselburger wurde anlässlich des 250-Jahr-Jubiläum die Sorte Wieselburger Zwickl eingeführt. Zuletzt gibt es nun nach fast 40 Jahren das Linzer Bier wieder in der Region Linz und Umgebung.