"Starker Wettbewerb ist starker Innovationstreiber"
retailreport.at: Sehr geehrter Herr Leitner, Rewe und Spar haben ihre Umsätze für 2019 bereits bekannt gegeben, wie ist es Hofer im vorigen Jahr ergangen?
Horst Leitner: Das Unternehmen verzeichnet für das Jahr 2019 einen Umsatz von 4,3 Milliarden Euro. Mit einem Marktanteil von 20,5 % bleibt Hofer weiterhin der größte Lebensmitteleinzelhändler Österreichs. Es war für uns somit ein sehr zufriedenstellendes Jahr.
Einige Zeit lang galt die Devise: „Hofer everywhere“, was für viele soviel bedeutete wie: noch mehr Filialen in Österreich, um noch mehr Kunden zu erreichen. Gilt diese Devise noch oder hat man sich davon verabschiedet?
Mehr als 90 % der Haushalte erreichen eine unserer über 500 Hofer Filiale in weniger als 15 Minuten. Unser Filialnetz ist somit sehr gut aufgestellt. Hofer ist der erfolgreichste Lebensmitteleinzelhändler in Österreich, weil wir weder hinsichtlich Qualität noch Preis Kompromisse eingehen. Dies gilt auch für den Ausbau unseres Filialnetzes. Die weitere Entwicklung hängt vom Wachstum einzelner Regionen bzw. auch von der Dynamik der Ballungszentren und Städte ab. Steigt die Einwohnerzahl, so steigt auch die Nachfrage nach Lebensmitteln.
Mit dem „Preiskick“ – Nur für kurze Zeit – verlassen Sie den Weg, dass Hofer keine Aktionen fährt. Leidet darunter nicht die Vertrauensfrage, dass der Preis immer der beste ist?
Unsere Kunden können sich immer auf den Hofer Preis verlassen. Höchste Qualität, Frische und Regionalität zum attraktiven Preis sind Teil unserer Diskont-DNA und werden heute wie in Zukunft unser Anspruch sein. Diesen Anspruch haben wir uns bei unseren Exklusivmarken ganz klar auferlegt. Kurzfristige Aktionen bei Markenprodukten werden hingegen weiterhin die Ausnahme darstellen. Wir sind natürlich in einer Branche tätig, die einem sehr starken Wettbewerb unterliegt. Wir sehen diesen Wettbewerb positiv: So können und müssen wir uns stets benchmarken - auch mit uns selber - und unsere Prozesse, Produkte und Services adaptieren und optimieren. Starker Wettbewerb ist starker Innovationstreiber und gerade in unserer dynamischen Branche wollen wir unsere Vorreiterrolle immer wieder unter Beweis stellen und unsere Marktposition weiter stärken.
Sattledt und Salzburg: Welcher Firmensitz steht wofür? Was passiert in Salzburg, was passiert in Sattledt? Ich frage auch speziell deshalb, weil ja nun Aldi Nord und Aldi Süd eine gemeinsame Verhandlungsbasis mit der Molkereiwirtschaft haben. Und da einige ÖSTERREICHISCHE Molkereien auch Deutschland liefern, wo wird dann verhandelt? Eventuell in Österreich für den Gesamtmarkt?
Unter dem Dach der Hofer KG wird am Holding-Standort Salzburg die internationale Entwicklung der Unternehmensgruppe koordiniert. So werden in Salzburg etwa der internationale Einkauf sowie internationale Corporate Responsibility-Agenden durch die Abteilungen Global Sourcing und Corporate Responsibility International verantwortet. Global Sourcing koordiniert die gruppenweiten Verhandlungen für einige ausgewählte Artikel. Das österreichische Einzelhandelsgeschäft von Hofer wird unverändert durch die Landeszentrale in Sattledt gesteuert und der Großteil unserer Artikel nach wie vor lokal eingekauft.
So mancher Lebensmittelhändler hat zur Zeit ein Thema mit der Landwirtschaft. Wie sieht das bei Hofer aus?
Hofer sieht sich ganz eindeutig als Partner der österreichischen Landwirtschaft. Hofer arbeitet mit vielen seiner Lieferanten seit Jahrzehnten erfolgreich zusammen und pflegt dabei stets eine partnerschaftliche Vertrauens- als auch Verhandlungsbasis. Wir setzen bereits sehr viele Maßnahmen für mehr Tierwohl, den Erhalt der Regionalität, Förderung der kleinbäuerlichen Strukturen und faire Marktverhältnisse um, hier hat Hofer hinsichtlich seiner hohen Qualitätsmaßstäbe eine branchenweite Vorreiterrolle eingenommen.
Nicht zuletzt auch indem wir unseren Partnern in der Landwirtschaft signifikant höhere Preisaufschläge für die Erfüllung der erforderlichen Tierstandards bezahlen. Programme mit erhöhten Umwelt- bzw. Tierschutzauflagen, wie z. B. die Hofer Exklusivmarken „Zurück zum Ursprung“ oder „FairHof“, übersteigen gesetzliche Vorgaben deutlich und sind daher mit einem Mehraufwand verbunden, der auch mit einem entsprechenden Preisaufschlag für die Bauern abgegolten wird. Solche Initiativen bieten den Bauern eine stabile und wirtschaftlich interessante Perspektive durch langfristige Verträge sowie Abnahmegarantien.
Wie schaffen Sie den Spagat zwischen Kostennivellierung und gut ausgebildeten und gut bezahlten Mitarbeitern? Können Sie sagen, wie hoch der Anteil der Personalkosten ist bezogen auf die gesamten Ausgaben?
Wir wissen, dass unsere Mitarbeiter jeden Tag einen großartigen Job machen. Daher zeigen wir unsere Wertschätzung für ihre Leistung unter anderem mit einem fairen Gehalt, das auch einen Teilzeitjob lohnenswert macht. Unsere Erfahrung aus dem Recruiting zeigt, dass das Gehalt für potenzielle Bewerber weiterhin eine wichtige Rolle spielt. Neben diesem Hard Fact kommt es aus unserer Sicht aber vor allem auch auf die Unternehmenskultur an. Wir setzen deshalb on-top zu den attraktiven Gehaltspaketen auf eine Reihe von Benefits, die auf die Gestaltung des Arbeitsalltags einzahlen, etwa in Form von flexiblen Arbeitszeiten, gratis Obst und Gemüse sowie unserem ganzheitlichen betrieblichen Gesundheitsmanagement „Gemeinsam.Gesund.“.
Nun ist die Corona-Krise dazwischengekommen, aber was waren die Pläne für 2020 in Bezug auf bauliche Neuheiten ( wie damals BackBox oder CoolBox) oder Expansion? Stehen diese noch weiter? Welche Neuheiten darf man heuer von Hofer noch erwarten (auch im Sortiment eventuell)?
Wir werden den bisher eingeschlagenen Weg weitergehen und auch in Zukunft unser Wachstum auf die qualitative Optimierung unseres Filialnetzes, unsere Exklusivmarken, Sortimentsinnovationen und einen starken Fokus auf das Frischesortiment gründen. Dies immer unter der Prämisse unseren Kunden das beste Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten. Außerdem suchen wir laufend nach Möglichkeiten, um den Einkauf für unsere Kunden noch angenehmer und komfortabler zu gestalten. Unser Ziel ist, dass wir unser One-Stop-Shopping-Angebot weiterhin optimieren und unser Angebot entsprechend der Bedürfnisse und Wünsche unserer Kunden laufend adaptieren. Denn genau das ist seit jeher eine der Stärken von Hofer: Wir erkennen Trends frühzeitig, adaptieren sie und liefern, wenn wir die Zeit dafür gekommen sehen, die passende Hofer Lösung. Darüber hinaus bitten wir um Verständnis, dass hier aus heutiger Sicht nicht mehr verraten werden kann.
Apropos COVID19: Bekommen Sie zur Zeit Ware aus China im Non Food Bereich? Wie wirkt sich ein eventueller Transportstopp oder eine Verzögerung auf den Warenverkehr für Hofer/Aldi aus?
Aufgrund unseres engmaschigen Netzwerks an leistungsstarken Lieferanten und verlässlichen Partnern, läuft unsere Lieferkette - solange natürlich die Grenzen für den Transportverkehr geöffnet sind - auch in solchen anspruchsvollen Zeiten hervorragend.
Zu guter Letzt: Nachhaltigkeit, ein Thema, dem sich Hofer schon lange verschrieben hat. Können Sie in ganz kurzen Abrissen die großen Schritte beschreiben, die bis 2021 noch kommen? Und wie stehen Sie zum Pfand auf Plastik-EW-Flaschen?
Nachhaltigkeit zählt neben Frische und Regionalität zu jenen Themen, die unsere Kunden am meisten beschäftigen. Ganz klar sind diese drei Bereiche Fokusthemen unseres Handelns. Vor allem die verstärkte Nachfrage nach Bio-Produkten zieht sich bei Hofer über alle Bereiche. Aus diesem Grund ist beispielsweise unsere Bio- und Nachhaltigkeitslinie „Zurück zum Ursprung“, welche von elf Milchprodukten 2006 auf mittlerweile 450 regionale Bio-Produkte jährlich ausgebaut wurde, so erfolgreich. Auch das Angebot unserer Tierwohl-Marke FairHof wurde aufgrund der steigenden Nachfrage bereits mehrfach erweitert.
Nachhaltigkeit endet für uns aber nicht bei den Produkten in den Regalen. Seit mehreren Jahren arbeiten wir im Rahmen der Nachhaltigkeitsinitiative „Projekt 2020“ daran, Verpackungsmaterial wo immer möglich zu reduzieren oder zumindest nachhaltiger zu gestalten. Deshalb haben wir auch das Projekt „Die Hofer Verpackungsmission: Vermeiden. Wiederverwenden. Recyceln.“ ins Leben gerufen.
Mit der „Hofer Verpackungsmission“ gehen wir das Thema Verpackungen auf drei Ebenen der Abfallhierarchie an und setzen uns dabei ambitionierte Ziele: Insgesamt soll bis Ende 2025 der Materialeinsatz der Exklusivmarken-Verpackungen um 30 % reduziert werden und bis 2022 sollen zudem 100 % der Exklusivmarken-Verpackungen recyclingfähig sein. Die dadurch erzielten Einsparungen sind weitaus höher als dies durch die Einführung eines PET-Einwegpfands erreicht werden könnte. Aktuellen Studien zufolge, beläuft sich jener Beitrag, der durch Maßnahmen im Bereich der Kunststoffverpackungs-Reduktion auf die EU-Recyclingziele eingezahlt werden kann, sogar auf das über 30-fache jener Hebelwirkung, die durch Einführung eines Pfandes auf Einwegplastik erreicht werden könnte. Somit liegt unser klarer Fokus auf der Reduktion von Verpackungen bzw. der Umstellung auf recyclingfähige Alternativen. Zudem hätte die Einführung eines Pfandsystems erhebliche Auswirkungen auf die Filial- und Personalstruktur. Der operative Aufwand, die initialen Installationskosten sowie die umfangreichen und kostenintensiven baulichen Maßnahmen stehen in keinem Verhältnis zu dem relativ kleinen Beitrag, der durch Einwegpfand in Hinblick auf die EU-Recyclingziele geleistet werden kann.