NÖM AG: Plattformen entwickeln
„Nein, nöm Kakao in der 1-Liter-Verpackung ist keine Innovation“, mit diesen Worten überrascht der Chefstratege der NÖM, Erik Hofstädter, im ersten Moment. Und erklärt sofort seine Aussage: „Wir sind sehr genau, wenn es darum geht, was Innovationen und was neue Produkte sind“, so Hofstädter, der neben der Leitung der Strategie auch Marketing, Innovation und IT verantwortet. Mit den beiden Begrifflichkeiten geht man im Unternehmen sehr genau um. Auch deshalb, weil es der Konsument so sieht und der steht wiederum im Mittelpunkt aller strategischen Maßnahmen: ein neues Produkt kann sein eine Line-Extension, eine neue Sorte, eine neue Verpackung oder auch ein neues Geschäftsfeld, das von einer Molkerei vorher noch nicht angegriffen wurde. „Eine Innovation hingegen ist die Eröffnung einer komplett neuen Plattform“, berichtet Erik Hofstädter. Ein perfektes Beispiel ist etwa der Launch der „Proteinrange nöm PRO“ vor fünf Jahren oder jener von „nöm fasten“. Die Haferlinie mag augenscheinlich als Innovation für eine Molkerei gelten, aber in Wahrheit gibt es dazu schon einige Konzepte.
Wer gibt den Ton an?
Genau darum geht es bei der Entwicklung von Neuheiten – ob Innovationen oder neue Produkte: der Konsument steht im Vordergrund. Seine Wünsche, Vorstellungen und Lebensweisen sind die Prämisse. „Nicht die Art der Milchsorten, sondern der Wunsch des Verbrauchers ist für uns wichtig“, meint Hofstädter. So manche auch große Molkerei ist dahingehend sehr traditionell aufgestellt, bei der NÖM folgt man dem Weg der „Urbanisierung“. Hinter diesem Schlagwort stecken die Trends, die zu verfolgen sind: Convenience und „to go“. Danach werden die Produkte ausgerichtet und spezialisiert. „Die beste Milch, die beste Qualität, Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind sowieso Basics“, vergleicht Hofstädter sein Konzept mit anderen. „Aber auf gesellschaftliche Trends spezialisieren wir die Entwicklung, dafür ist der Konsument auch bereit zu zahlen. Die Basics bei Milchprodukten sind eine Selbstverständlichkeit.“
Kurzer Abriss zu Corona und Lockdown
Fairerweise muss man sagen, dass jedes Konzept an seine Grenzen stößt. Das ist der NÖM AG mit dem Lockdown passiert, denn durch Home-Office, Schließung der Schulen und Universitäten und auch der Gastronomie waren eindeutig zu wenig Pendler/Kinder/Studenten unterwegs, die die Produkte, die aufgrund des Trends zur Urbanisierung entwickelt wurden, gekauft hätten: spezielle Verpackungsgrößen und -arten, sowie Lifestyle-Produkte. „Hier haben wir wieder einmal erkannt, wie sehr tragfähige Innovationen mit den demographischen Entwicklungen Hand-in-Hand gehen“, sieht Hofstädter heute noch besser.
Die gute Nachricht ist, dass man bei NÖM AG auch 2020 mit dem geplanten Milchvolumen auskommen wird. Die Marke „NÖM“ an sich hat vor allem in den Anfängen der Krise sehr gut funktioniert, das Wachstum bei Vollsortimentern war überproportional.
An dieser Entwicklung kann man erkennen, dass der Konsument die Wertigkeit von regionalen, geschmacklich guten und hochqualitativen Produkten sehr wohl erkennt und wie bereits erwähnt – auch bereit ist, dafür zu zahlen. „Dass der Handel per se im Wettbewerb liegt, trifft uns als Industrie genauso heftig“, so Hofstädter. Nur steckt dahinter noch eine Latte an Kosten, die 1. abgedeckt werden müssen und 2. auch immer höher werden. Es gibt aber keinen einzigen Grund dafür, Lebensmittel billig zu verscherbeln. „Wir sind uns einig, dass es immer eine Reibung zwischen Einkauf und Verkauf gab und auch immer geben wird. Das ist notwendig. Aber mein Wunsch an den Handel ist, dass wir uns gemeinsam wieder mehr auf die mittel- und langfristige Wertschöpfung konzentrieren und uns nicht in taktischem Geplänkel verlieren und damit unsere Ressourcen auf beiden Seiten verschwenden“. Am Ende des Tages bringen die Preisschlachten und Rabattaktionen niemandem etwas. Was einen Wert hat, hat auch einen Preis. Wertschöpfung ist auch notwendig, um Innovationen betreiben zu können. „Immerhin stecken wir einen mittleren 7 stelligen Betrag/Jahr in die Produktentwicklung und ins Marketing“, so Hofstädter, der damit ja wiederum die Drehung unterstützt.
Welpenschutz für Neuheiten
Auch in Insiderkreisen gilt NÖM als hochinnovativ mit Hang bleibende Werte zu schaffen. „Leider gibt es den ‚Welpenschutz‘ für Produkte nicht mehr, heute redet man nach sechs Wochen nach Einlistung nochmals mit dem Einkauf und da sollte die Drehung schon voll laufen“, beschreibt der Marketing-Fachmann die derzeitige Situation, ist aber nicht glücklich damit. „Das kann nicht funktionieren, wir haben ein gutes Beispiel mit fru fru, dem Topseller unter den Fruchtjoghurts seit Jahren. Selbst wenn hier Neues probiert wird, dauert es lange, bis man bewerten kann ob das neue Produkt funktioniert oder nicht. Das liegt ganz einfach an der generellen Frequenz des durchschnittlichen Konsums – auch im FMCG Bereich“. Von den Ein- und Auslistungen und den dazugehörigen Werbekostenzuschüssen am Ende des Jahres ganz zu schweigen. Mehr Zeit für echte Innovationen wäre damit von Handels Seite strategisch zu überdenken.
Denn im Vorfeld macht man vieles richtig: NÖM AG hat als österreichische Molkerei Mut zur Lücke und hält sich an die Produktion von Milch, Butter, Joghurt und eben echten Innovationen. Dahinter stecken viel Gehirnschmalz und Marktforschung. „2016 war das innovativste Jahr, seither bringen wir jährlich 1-2 Plattformen und somit weniger neue Produkte auf den Markt“, so Hofstädter. (Anmerkung der Redaktion: die Auslegung von neuen Produkten und Innovationen haben wir bereits beschrieben.)
Echte Plattformen/Innovationen sind „to go“ oder Protein. „Den nächsten Trend sehen wir in einer „alten Bekannten“, der Probiotik. Wir glauben an die Rückkehr von Probiotik aus den 00er Jahren, angereichert um zusätzliche Benefits. Ihre Entwicklung wurde durch die Health Claims Verordnung 2011 abgeschwächt, nun ist sie allerdings wieder ein tragfähiges Thema“, meint Hofstädter. Mit einem ganz wichtigen Zusatz: sie muss schmecken. Denn was man auch gelernt hat: egal, ob gesund oder nicht, der Österreicher steht auf Geschmack. Ebenso ist es mit der pflanzlichen Variante der Produkte, wie dem brandneuen nöm Kakao. 3-4% des Marktes sind bereits pflanzliche Alternativen, jetzt ist das Level erreicht, wo die NÖM in diesen Markt mit guten Erfolgschancen einsteigen kann.
Und noch einen Vorteil hat die Innovationskraft: sie ist auch für die Entwicklung des Handelsmarkengeschäftes sehr förderlich, der Handel klopft deshalb bei NÖM an, um zu kooperieren, weil man Vertrauen in die Kompetenz der Molkerei hat. Nicht nur in die Produktentwicklung, auch in jene der Verpackung. Womit wir beim für uns letzten Thema angekommen wären…
Die Verpackung im Fokus
NÖM AG ist der einer der größten Inverkehrbringer von Milchprodukten in PET-Flaschen in Österreich. Auch deshalb, weil Convenience 1:1 mit PET-Flaschen korreliert. Dabei ist folgendes wichtig: NÖM AG arbeite mit Alpla zusammen und verwendet wo nur möglich recyceltes PET. Man nutzt nur soviel virgin PET, wie unbedingt notwendig und beobachtet das Verhalten der Konsumenten hinsichtlich Verpackung ganz genau.
Umweltschutz steht auch im Mittelpunkt der Molkerei: sie produziert schon lange CO2-neutral, bezieht Produkte – auch die PET-Rohlinge – aus nächster Umgebung und ist ein ausgezeichneter Partner der Milchlieferanten.
Mittel- und langfristig geht der Plan auf: man fokussiert sich noch mehr auf den Konsumenten und ist ihm so nah wie möglich. Wenn das möglich ist, dann ist jeder weitere Erfolg eine Folge dessen.