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Horst Leitner CEO HOFER S/E

Hofer: Konstante in Zeiten der Veränderung

Horst Leitner, CEO von Hofer S/E, blickt im Interview mit retailreport.at auf 55 vergangene Jahre des Unternehmens in Österreich und auf sehr viel Zukunft.

Rund um den „halbrunden“ Geburtstag von Hofer in Österreich hat retailreport.at den CEO des Unternehmens, Horst Leitner, zum Interview gebeten.

retailreport.at: Der Markteintritt von Hofer vor 55 Jahren war eine Sensation. Diskonter dieser Art waren nicht so bekannt bei den Österreichern. Im Laufe der Jahre hat sich der Auftritt von Hofer mächtig verändert und immer mehr dem Vollsortimenter angepasst. Was würden Sie sagen, macht Hofer zu einem waschechten Diskonter?

Horst Leitner: Hofer feiert heuer Geburtstag, seit 55 Jahren gibt es uns mittlerweile in Österreich. Vieles hat sich in den Jahrzehnten weiterentwickelt, das Sortiment wurde vergrößert und unser Angebot laufend erweitert - Tierwohl, Bio sowie vegane und vegetarische Artikel haben in unseren Filialen Einzug gehalten. Heute gibt es einen Onlineshop und den Hofer Lieferservice. Auch abseits unseres Kern-Business bieten wir unseren Kundinnen und Kunden seit vielen Jahren attraktive Angebote, etwa mit Hofer Reisen und Hofer Telekom. Eines ist aber stets konstant geblieben: der günstige Hofer Preis, auf den sich unsere Kundinnen und Kunden speziell in inflationären Zeiten verlassen können.

Können Sie sich auch andere, kleinere Formate, vorstellen? BZW. Was MUSS ein Hofer haben, um ein Hofer zu sein?

Wir richten unseren Fokus ganz klar auf die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden aus - unabhängig von Mitbewerbern am Markt - und konzentrieren uns auf das Wesentliche: das beste Preis-Leistungs-Verhältnis, dafür steht der Hofer Preis - unser Kundenversprechen, mit dem wir uns ganz klar positionieren und das wir stets erfüllen wollen. Unsere Angebote passen wir auch laufend der Saison an und setzen verschiedene Themenschwerpunkte, um so unser Standardsortiment zusätzlich abzurunden.

In den vergangenen Monaten haben wir unsere Filialen grundlegend modernisiert und auch das Sortiment erweitert. So schaffen wir für unsere Kundinnen und Kunden ein noch besseres Einkaufserlebnis mit noch besserer Übersichtlichkeit und Struktur. Im gesamten Frischebereich erleben unsere Kundinnen und Kunden ein deutlich erweitertes Angebot. Besonders bei Obst und Gemüse oder Gebäck, welches gleich zu Beginn unserer Filialen, das neue Frischeerlebnis betonen soll.

Mit über 530 Filialen haben wir österreichweit eine sehr gute Abdeckung - im Durchschnitt kann jede Österreicherin und jeder Österreicher eine Hofer Filiale in weniger als 15 Minuten erreichen. Hofer feiert heuer sein 55-jähriges Jubiläum in Österreich. Es gibt keinen anderen Diskonter, der eine so lange Tradition am heimischen Markt hat. Diese jahrzehntelange Erfahrung hat uns geprägt und wir haben den Diskont-Ansatz immer wieder neu und zeitgemäß interpretiert. Viele Familien kommen bereits seit mehreren Generationen und aus voller Überzeugung zu Hofer einkaufen - die Diskont-Aufmachung haben wir regelmäßig adaptiert, gleich blieb allerdings zu jedem Zeitpunkt immer unser Versprechen, das beste Preis-Leistungsverhältnis zu bieten.

Den Erfolg unseres täglichen Geschäfts verdanken wir auch unseren mehr als 12.000 engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in den verschiedensten Bereichen tätig sind.

Bei unseren mehr als 530 Filialen in ganz Österreich wurden je nach Platzangebot unterschiedliche Filialgrößen umgesetzt. Für ein entsprechend qualitatives und umfangreiches Sortiment brauchen wir jedenfalls eine bestimmte Mindest-Flächengröße. Selbst in Innenstadtfilialen, die manchmal kleiner ausfallen können, versuchen wir immer, unser Angebot bestmöglich umzusetzen. Explizite „Mini-Filialen“ sind für uns derzeit keine Option.

Wie schafft man den Spagat zwischen Diskont und „Anbieter aller Annehmlichkeiten für den Kunden“ perfekt zu machen? Ich meine damit: wie ist das Image eines Niedrigpreis-Anbieters mit der schönen Optik und der Ausstattung (Cool Box, Back Box,…) zu verknüpfen? Was meinen Sie: wäre in Österreich Platz für einen HARD Diskonter?

Unseren Kundinnen und Kunden den bestmöglichen Preis anzubieten liegt in unserer Kern-DNA. Das ist unsere Unternehmensphilosophie und dafür steht unser Hofer Preis. Heutzutage geht es aber schon lange nicht  mehr nur um attraktive Preise und eine breite Auswahl an Produkten, sondern das „Erlebnis Einkauf“ steht ganzheitlich im Fokus und dazu zählt unmittelbar auch eine angenehme Einkaufsatmosphäre. Auch das Interesse an Nachhaltigkeit, Bio, Tierwohl, Frische und Regionalität ist gewachsen. War Hofer einst geprägt vom ursprünglichen „Palettenverkauf“, so haben wir uns im Laufe der Jahre stetig verändert und den Bedürfnissen unserer Kundinnen und Kunden angepasst, und damit das Prinzip „Diskont“ immer wieder neu interpretiert. Heute stehen wir nach wie vor für Diskont, aber gepaart mit einer entsprechenden Wohlfühlatmosphäre - das kommt auch sehr gut bei unseren Kundinnen und Kunden an.

Wieso setzt Hofer seit einiger Zeit auf Aktionen (-50%). Irgendwie dachte man, dass Hofer das gar nicht nötig hat.

Der Hofer Preis steht nach wie vor für den dauerhaft günstigen Preis, auf den sich jede und jeder verlassen kann, unabhängig, ob Aktion oder dauerhaft günstiger Hofer Preis. Damit bleiben wir unserem Grundsatz treu, dass alle unsere Kundinnen und Kunden den gleichen günstigen Preis erhalten, ganz ohne Kundenkarte oder Rabattmarkerl. Mit unseren erweiterten Aktionen wollen wir unseren Kundinnen und Kunden einen zusätzlichen Preis-Vorteil bieten, welchen wir durch erhöhte Abnahmemengen der Produkte zeitlich begrenzt erreichen können.

Sie setzen sehr stark auf heimische Produkte – bei den eigenen Marken und auch den Industriemarken. Gibt es dazu ein Statement?

Österreichs Landwirtschaft gehört zu den besten der Welt und Lebensmittel aus der Region sind für viele Hofer Kundinnen und Kunden ein unverzichtbarer Bestandteil ihres Einkaufs. Auch uns liegt Regionalität besonders am Herzen, weshalb wir den Großteil unseres Sortiments von regionalen Produzenten beziehen. Beispielsweise stammt der Großteil des Einkaufsvolumens bei Milchprodukten wie Trinkmilch, Topfen, Naturjoghurt direkt von unseren heimischen Lieferanten aus Österreich. Darüber hinaus bieten wir unseren Kundinnen und Kunden sogar unterschiedliche Backbox Artikel, die je nach Region besonders beliebt sind. In diesem Fall beziehen wir unsere Waren direkt von den nächstgelegenen, regionalen Partnern. 

Wie unterscheidet sich Österreich vom übrigen deutschsprachigen Raum im Handling? Sehen Sie grobe Unterschiede? Zu Deutschland? Zu Schweiz?

Die Verteilung der Waren erfolgt ein wenig unterschiedlich. Österreich ist geprägt von einer alpinen Topographie, ist kleinstrukturierter und hat eine deutlich höhere Versorgungsdichte als Deutschland. Deutschland hingegen ist geprägt von großen Ballungszentren mit großen Verbrauchermärkten. Ein weiterer Unterschied ist der Aktionsanteil: Dieser ist in Deutschland niedriger als in Österreich.

Was alle Länder gemeinsam haben, ist der starke Fokus auf Regionalität, denn für uns sind regionale Partner unverzichtbar. Auch auf der Seite der Konsumentinnen und Konsumenten erkennen wir die Wertschätzung regionaler Produkte - dieser Nachfrage wollen wir nachkommen, indem wir unseren Kundinnen und Kunden eine breite Auswahl an regionalen und für das jeweilige Land typischen Lebensmitteln anbieten. Besonders der Bereich Bio nimmt einen hohen Stellenwert ein. In Österreich haben wir uns mit unserer Nachhaltigkeitseigenmarke „Zurück zum Ursprung“ bereits erfolgreich am Markt etabliert, in Deutschland ist ALDI SÜD führend im Bio-Segment und hat erst dieses Jahr die neue Eigenmarke „Nur Nur Natur“ auf den Markt gebracht. Auch bei ALDI SUISSE in der Schweiz steigt der Absatz bei Bio Lebensmitteln stark. Hinzu kommt der steigende Trend zu pflanzlicher Ernährung, welchen wir in allen Ländern verzeichnen.

Welche Strategien werden international gemacht, welche sind österreichisch?

Mit unserem umfassenden Angebot an regionalen Produkten und unseren vielfältigen Aktionen verfolgen wir ganz klar eine nationale Strategie.

Als Teil der Unternehmensgruppe ALDI SÜD setzen wir jedoch auch auf eine einheitliche internationale Strategie, die auf folgenden Komponenten aufbaut: Eine kompromisslose Qualitätsphilosophie, ein einheitliches Verkaufssystem, Verantwortung im Umgang miteinander, schlanke Strukturen und kurze Entscheidungswege.

Zum Beispiel haben wir als Teil der Unternehmensgruppe ALDI SÜD und durch unsere Präsenz in den jeweiligen Märkten und entlang der gesamten Lieferkette eine internationale Wirkung, dementsprechend wollen und müssen wir auch Verantwortung für unser tägliches Wirtschaften übernehmen. Wir haben daher bereits vor einigen Jahren unser Verständnis von Verantwortung und verantwortungsvoller Unternehmensführung in unseren Corporate Responsibility Grundsätzen für die gesamte Unternehmensgruppe ALDI SÜD zusammengefasst. In Österreich definieren wir dann Maßnahmen auf Basis dieser Grundsätze, welche wir  unter dem Dach unserer Nachhaltigkeitsinitiative „Heute für Morgen“ umsetzen.

Wie steht es um die Expansion in Österreich? Sind hier noch Meter zu machen?

Mit unseren über 530 Standorten haben wir in Österreich eine ausreichende Filialdichte erreicht. Eine weitere Expansionsoffensive streben wir somit nicht an. Wo wir aktuell eine substanzielle Erweiterung unserer Filialen sehen, ist im Bereich Nachhaltigkeit. So legen wir den Fokus auf die Themen Pfand und E-Mobilität: Bis Ende 2024 werden all unsere Filialen mit einem besonders kundenfreundlichen Mehrweg-Pfandsystem ausgestattet und ab 2025 eine Rückgabemöglichkeit für pfandpflichtige Einwegverpackungen anbieten. Der entsprechende Roll-out ist bereits gestartet, mittlerweile sind über 200 Filialen umgerüstet. Außerdem werden wir die Ladeinfrastruktur für E-Autos auf über 450 Parkplätzen unserer Filialen weiter ausbauen. Unsere E-Ladestationen sind DC-Schnelllader bis max. 150 Kilowatt Leistung. Für Hofer Kundinnen und Kunden bedeutet das: superschnelles Laden von 100 % sauberer Energie, während sie ihren Wocheneinkauf erledigen.

Und last but not least: Wie sehen Sie die Zukunft des eCommerce in Österreichs Lebensmittelhandel und wie werden Sie sich weiter hier einbringen?

Wir beobachten die Entwicklungen rund um das Thema Onlinehandel kontinuierlich - sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Im Fokus steht für Hofer jedoch die sinnvolle Verknüpfung des digitalen Angebots mit etabliertem Offline-Retail, da wir an das erfolgreiche Zusammenspiel von stationärem Handel und Online-Geschäft glauben. Unser Hofer Lieferservice erfreut sich positiver Resonanz, weshalb wir das Liefergebiet im März dieses Jahres erneut ausgeweitet haben. Wir beliefern nun insgesamt 35 Orte im Großraum Wien.

Allgemeine Unternehmensdaten

  • Beschäftigte ganzjährig: über 12.000
  • Umsatz gesamt 2021 (in Mill. Euro): rund 4,4 Mrd Euro
  • Umsatz gesamt 2022 (in Mill. Euro): rund 4,6 Mrd Euro

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geschrieben am

10.11.2023