Zielgerichtetes Wachstum
Erst jüngst wurde Henkel in Österreich mit dem österreichischen „equalitA“ Gütesiegel ausgezeichnet. Es steht für die innerbetriebliche Förderung von Frauen, für Geschlechtergerechtigkeit und für die Unterstützung und das Sichtbar Machen von Frauenkarrieren. Ganz an der Spitze dieser Unternehmenshaltung steht in Österreich Mag. Birgit Rechberger-Krammer, die Präsidentin von Henkel in Österreich.
Die Managerin führte das Unternehmen 2020 mit Geschick durch die Krise, wenn das auch für einen Hersteller nicht immer einfach war. Denn: Man musste flexibel agieren, da sich die Umstände durch die COVID-19-Krise rasch veränderten. Gleichzeitig durfte die Zukunftsplanung nicht außer Acht gelassen werden.
Sogar innerhalb des Henkel-Konzerns drifteten die Kategorien in ihrer Entwicklung auseinander: Wasch-, Putz-, Reinigungsmittel (WPR) entwickelten sich sehr gut, wobei der Absatz bei Putz- und Reinigungsmittel am stärksten anstieg. Waschmittel performten eher flach, weil im Home-Office definitiv weniger oft Kleidung gewechselt wurde, als es das Büroleben erfordert. Geschirrspülmittel wiederum legten stark zu – die Mehrheit der Mahlzeiten wurde nicht nur zu Hause eingenommen, sondern dort auch zubereitet.
Der Beautybereich rutschte aufgrund der Lockdowns logischerweise etwas ins Minus, hier vor allem die Bereiche Haarstyling und Deo. Und nicht zu vergessen ist der Bereich Klebstoff-Technologien, der aufgrund der Industrieentwicklung (wie etwa bei Automotive) ebenfalls umsatzmäßig verlor.
Der Umsatz in Österreich im Jahr 2020 entwickelte sich exakt so, wie das österreichische BIP, also über alle Geschäftsbereiche, das Konsumenten- und das Industriegeschäft hinweg, mit einem Minus von rund 6 %.
Die kürzlich vorab publizierte, voraussichtliche globale Geschäftsentwicklung im ersten Quartal 2021 ist – trotz weiterhin aktueller Corona-Krise – positiv, das Laundry & Home Care wuchs um 3,5 Prozent (Q1/2020: + 5,5%), Beauty Care um 1,0 Prozent (Q1/2020: -3,9%) und die industrielle Erholung resultierte für Klebstoff-Technologien in einem Plus von 12,5 Prozent (Q1/2020: - 4,1%).
Globale Entwicklung 1-12/2020 1-3/2021
Henkel -0,7 +7,0
Laundry & Home Care +5,6 +3,5
Beauty Care -2,8 +1,0
Adhesive Technologies -4,2 +12,5
Mag. Rechberger-Krammer beschreibt die Österreich-Highlights im Jahr 2020 folgendermaßen: „Bei Laundry & Home Care konnten wir als Henkel unseren Gesamtmarktanteil erhöhen und unsere Marktführung dadurch weiter ausbauen. Speziell bei den durch Corona insgesamt absatzmäßig stark getriebenen Märkten Geschirrspülmittel und WC vermochten wir überproportional zuzulegen und dadurch Rückgänge am Gesamtmarkt bei Waschmittel und Weichspüler sehr gut zu kompensieren.
Beauty Care Retail verbuchte trotz rückläufiger Märkte bei Styling und Deos speziell mit seinen neuen Marken wie N.A.E., Nature Box und Barnängen sehr gute Erfolge, besonders stolz sind wir zudem auf die klare Marktführung bei Colorationen, dessen Gesamtmarkt von den vorübergehenden, Lockdown bedingten Schließungen der Friseursalons profitiert hat.
Und schließlich die Bilanz bei Adhesive Technologies: Hier kam uns die Balance aus vielen verschiedenen Industrie-Geschäftsfeldern zugute. Während etwa der Automotive-Bereich unter den Branchen-Auswirkungen der Pandemie stark gelitten hat, konnte der gleichzeitig stattfindende Heimwerker- und Bau-Boom unser entsprechendes Geschäft deutlich positiv beeinflussen.“
Anders ins neue Jahr gestartet
Wie die Quartalszahlen 2021 bereits gezeigt haben, ist das neue Jahr auch für Henkel mit einem Aufatmen verbunden. Mit dem starken Team an den Standorten in Österreich zeigt Henkel, welches Potential hier steckt: „Österreich war der erste Exportmarkt von Gründer Fritz Henkel vor über 130 Jahren. Dementsprechend gut etabliert und breit aufgestellt ist das Geschäft, mit inzwischen 5 Standorten, Erdberg, Meidling, Kärntner Ring, Dornbirn und Hörbranz. Der österreichische Handel ist im internationalen Vergleich oft Trendsetter, damit sind auch wir gefordert. Das ist gut, denn so müssen wir agil und kreativ sein“, so Rechberger-Krammer.
Dabei hat auch das Jahr 2021 abseits von Corona seine Tücken: „Es klingt absurd, aber wir haben in der Lieferkette unserer Rohstoffe heuer mehr Probleme als 2020“, so Rechberger-Krammer. Sie spricht etwa die Blockade des Suez-Kanal an oder das Industrie-Blackout in Texas. „Bis zum Sommer wird sich die Lage hoffentlich wieder beruhigt haben, aber aktuell spüren wir dramatische Preiserhöhungen am weltweiten Rohstoffmarkt“, legt Birgit Rechberger-Krammer die heikle Situation auf den Tisch.
Rohstoffe als Innovationsquelle
Rohstoffe werden in Zukunft für einen Hersteller immer wichtiger, sind sie doch auch bei der Innovationsfindung ein wesentlicher Bestandteil des Erfolges. Was bedeutet das?
Es geht schon lange nicht mehr nur um „line extensions“ oder neue Duftnoten. Diese Erweiterungen sind für einen Hersteller wie Henkel selbstverständlich. Bei den Innovationen des 21. Jahrhunderts geht es um die Einbindung des Umweltgedankens in die Produktentwicklung. Hier ist Henkel schon sehr weit, wenn auch manchmal etwas zurückhaltend in der Kommunikation. „Ja, wir könnten natürlich mehr darüber reden, was wir im Sinne der Nachhaltigkeit tun, aber vieles was wir tun, um besser zu werden, ist für uns selbstverständlich, weil Nachhaltigkeit immer ein Teil unserer Unternehmens-DNA war und ist.“, berichtet Rechberger-Krammer.
Bei der Verpackung wird ebenfalls heftig geforscht, untersucht und experimentiert. Henkel engagiert sich auch in Kollaboration mit der WKÖ, der IV und dem Campus Wien für sogenannte Lighthouse-Projekte: Wie komme ich zu nachhaltigen Rohstoffen? Wie wird entsorgt? Wie schaffe ich Wertstoffströme? Wie schaffe ich den 360° Kreislauf einer Waschmittel-Flasche?
„In Österreich dominiert derzeit noch die Verpackung die Diskussion um Nachhaltigkeit“, so Rechberger-Krammer. In Frankreich etwa sei man schon ein Stück weiter und stelle Produktformeln in den Fokus
Und weil Nachhaltigkeit nicht nur im Produkt stecken muss, darf man abschließend auch die Frage nach dem Standort Wien stellen. Birgit Rechberger-Krammer bricht eine Lanze für den Standort mitten in der Stadt: „Das Wiener Team ist im Frühjahr 2020 auch bei Lieferproblemen unseres serbischen Werks kurzfristig eingesprungen. Wir haben über 250.000 Tonnen Flüssigware hergestellt. Es ist uns außerdem gelungen, die Effizienz weiter zu steigern und gleichzeitig den Nachhaltigkeitsaspekt zu verstärken. So haben wir beispielsweise Kühlanlagen im Betrieb baulich verändert, um möglichen Lärm für unsere Nachbarn weiter zu minimieren. Und wir haben den Einsatz von PET in der Flaschenabfüllung auf 100 Prozent r-PET umgestellt. Sämtliche Flaschenkörper der Marken Silan, Pril und Clin, die in Österreich erhältlich sind, enthalten 100% Recycling-PET, bei Fewa und Silan 3L sind es 50% rPET. Umgerechnet bedeutet dieser Materialeinsatz eine Ersparnis von 400 Tonnen neuem Plastik pro Jahr, dies entspricht der Materialmenge von 35.000 Plastiksackerln.“ In so viele Innovationen, wie auch in die geplante Photovoltaik-Anlage am Dach des Gebäudes in Erdberg, würde man nicht investieren, wenn man sich nicht zum Standort Wien bekennen würde.
Das Gespräch führte Gabriele Jiresch