Direkt zum Inhalt
Hans K. Reisch, stv. Vorstandsvorsitzender bei Spar

Reisch: „2022 war kein normales Jahr“

Auch wenn es 2022 keine Schließungstage aufgrund der Pandemie gab, ist man von einem „normalen“ Geschäftsjahr weit entfernt.

Nach außen hin hatte Spar 2022 das Umsatzjahr seines Lebens erlebt: In Österreich kletterte der Spar-Verkaufsumsatz erstmals über 9 Milliarden Euro. Dies bedeutet, dass Spar in Österreich mit einem Umsatzzuwachs von +4,7% einen Marktanteil von 36,3% erreicht und damit die Marktführerschaft festigen konnte.

„In Wahrheit war 2022 für uns als Händler ein sehr ambitioniertes Jahr“, so KR Hans K. Reisch, stv. Vorstandsvorsitzender und Finanzvorstand des Unternehmens. „Nachdem die Covid-Krise schon viel Geld gekostet hat, war 2022 alles andere als ein normales Wirtschaftsjahr“, so Reisch. „Die Verkaufspreise haben wir für Konsumenten leistbar gehalten und auf Spanne verzichtet, was man auch am Ergebnis merkt. Gleichzeitig sahen wir uns mit extrem schwierigen Verhandlungen mit den Herstellern konfrontiert“, erklärt Reisch. Dass gerade jetzt internationale Konzerne ein Jahres-Renditenergebnis im höheren zweistelligen Bereich präsentieren, empfindet man bei Spar als Affront. „Diese Multi-Marktmacht zu demonstrieren, halten wir in Zeiten wie diesen für unpassend“, hört man von Seiten des Spar-Managements.

„Im Gegensatz zu manch anderen investieren wir in die Spanne, um Umsatzzuwächse zu generieren und Rohgewinne zu halten“, sagt der Finanzvorstand. Das Versprechen Preise nicht ins Uferlose stiegen zu lassen konnte Spar 2022 sehr gut mit der Eigenmarke S-Budget abfedern. Die Preiseinstiegsmarke wurde auch werblich stark gepusht, sie ist der Anker für viele „kleine Börserl“ der Konsumenten und hat im Absatz stark zugelegt. Aber sie ist kein Garant für das Potential einer großen Rendite am Ende des Tages. Deshalb ist man bei Spar auch froh, dass auch die Premium-Eigenmarken 2022 ein gutes Wachstum erlebten.

Zäsur Mitte des Jahres

Zu Beginn des Krieges im Februar/März 2022 verfielen viele Wirtschaftstreibende Österreichs in eine gewisse Art der Schockstarre. Die plötzlichen Nachrichten über Rohstoff-Knappheiten, Lieferengpässe und steigende Energiekosten riefen zunächst Fassungslosigkeit hervor. Mitte des Jahres dann war es soweit und die Kostensteigerungen spiegelten sich in den Bilanzen wider. „Im August/September konnte man erste echte Vergleiche zum Vorjahr sehen: Energie, Rohstoffe und die Preise der Hersteller explodierten“, fasst Hans K. Riesch zusammen. Die traurige Gewissheit: auch 2023 werden sich die Preise kaum nivellieren, wenn auch nicht mehr so signifikant steigen. „2022 hatten wir ein Plus von 50 % in den Energiekosten, heuer rechne ich mit einer weiteren Verdoppelung der Energiekosten“, sagt Reisch.

Breite Aufstellung hilft

„Unser Vorteil ist, dass wir als Handelsunternehmen in Österreich breit aufgestellt sind. Die dezentrale Organisation mit unseren Zentralen und Lägern ist ein wichtiger Punkt, um erfolgreich zu sein. So können wir meist sehr flexibel reagieren und Ausfallunsicherheiten abfedern“, berichtet Reisch. Zu der vielseitigen Möglichkeit durch die Spar-Zentralen gesellt sich der klare Fokus auf permanente Investitionen. „Das Schlimmste, was einem Händler passieren kann, ist Investitions-Stau – vor allem, was die Einrichtung der Märkte betrifft. Der Konsument straft in gewisser Weise in die Jahre gekommene Märkte ab, deshalb ist eine laufende Modernisierung so wichtig“, so Reisch. Pro Jahr werden 10-12% der Outlets umgebaut. Nach 12 Jahren wird ein Standort in der Regel auf den letzten Stand der Technik adaptiert. Dazu zählt allerdings schon lange nicht mehr nur die Technik und die Ladeneinrichtung, dazu zählt alles, was Nachhaltigkeit angeht, wie Photovoltaik, etc.

„Um auch 2023 wieder Wachstumsführer zu bleiben, investieren wir weiter. Die nächsten Märkte sind etwa der Interspar in Bürs oder die bereits angelaufene Umwandlung des Eurospar zu Interspar in Leibnitz“, beschreibt Hans K. Reisch die Investitionswelle.

Der Fokus der Märkte liegt ausschließlich auf A-Standorten mit einer ausgezeichneten Verkehrslösung und in einer tendenziellen Vergrößerung der Verkaufsfläche. Warum? „Weil wir uns nach den Umsätzen eines Marktes orientieren. Wenn ein Eurospar an einem Standort gut geht, dann können wir aus verschiedenen Kennzahlen ableiten, dass auch ein Interspar Erfolg haben wird. Standorte zu schließen ist meist nur dann eine Option, wenn sich unmittelbar eine bessere Lage ergibt“, so Reisch.

Erfolge im Ausland

Das Herz liegt in Salzburg, die weiteren wichtigen Organe und Gliedmaßen der Spar-Struktur befinden sich in den umliegenden erfolgreichen Ländern. In Italien geht man territorial noch ein Stück weiter in die Lombardei. „Wer in Italien als Händler erfolgreich ist, der kann wirklich stolz auf sich sein, denn Lebensmittel und Genuss haben einen hohen Stellenwert in der Bevölkerung,“ freut sich das Handelsherz.

Auch Kroatien wird immer wichtiger, was der Baustart der neuen Logistikzentrale in Donja Zdenčina unter Beweis stellt. Spar Slowenien ist seit Jahren sehr erfolgreiche Nr. 2 im Markt. Ungarn hat derzeit allerdings äußerst schwierige Rahmenbedingungen mit Krisensteuer und Price Cap.

Von Online, Digitalisierung und KI

Das Rad der Zeit dreht sich unaufhörlich und immer mehr wird es von technischen Neuerungen angetrieben. „Wir setzen nach wie vor an ausgewählten Standorten auf Self Checkouts, allerdings auf ein System mit Barzahlung. Und um gleich die Frage nach dem Personal zu beantworten: auch Self Check Out-Systeme brauchen Kontrolle, also Personal. Wir sind stets auf der Suche nach Mitarbeitern“, so der Vorstand.

Auch das Thema Electronic Shelf Labels (ESL) geht den Weg über die Teststandorte hinaus. „Die ESL-Technik ist mittlerweile sehr ausgeklügelt und wir können und werden sie in verschiedenen Bereichen einsetzen“.

Auch Künstliche Intelligenz hat Einzug ins Unternehmen gehalten. 2022 hat Spar mit IT-Partnern eine treffsichere Lösung im Warenwirtschaftssystem entwickelt. Daten von Verkaufsmengen, Wetterbedingungen, Sonderangeboten, Saisonalitäten, Ferien und viele andere Faktoren werden miteinander verknüpft und errechnen die optimale Bestellmenge an Waren. Damit konnte die Menge an nicht verkaufbaren Lebensmitteln um 10% gesenkt werden. Kaskadenartig gehen die Lebensmittel kurz vor ihrem Ablaufen schließlich in die 25%-Aktion oder werden über „too good to go“ vertrieben und wenn dann noch etwas übrigbleibt, so werden soziale Einrichtungen gratis versorgt.

Nicht zuletzt wird die Säule „Online-Bestellungen“ immer wichtiger. „Wir sind im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern ein „Click&Collect“-Land. Das ist auch der großen Dichte an Outlets geschuldet. Deshalb testen wir aktuell an einem Standort von Interspar die Ware über Click&Collect anzubieten, wenn das gut läuft, ist eine Ausweitung auf Eurospar möglich“, zeigt Vorstand Hans K. Reisch die zukünftige Entwicklung auf.

Kategorien

Tags

geschrieben am

24.03.2023