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Hans K. Reisch, stv. Vorstandsvorsitzender bei Spar

Hans K. Reisch: „Kämpfen gegen die Größten“

Spar in Österreich hat es wieder geschafft und ist nicht nur Nummer 1 im heimischen Lebensmittelhandel, sondern hat abermals ordentlich an Marktanteil zugelegt. Hans K. Reisch, Vorstandsvorsitzender der Spar, im Gespräch.

Retailreport.at: Die Daten und Fakten zeigen, dass Spar 2024 mit 5,1% stärker als die Branche wuchs. Die selbstständigen Spar-Kaufleute wurden hier besonders erwähnt, da sie ein Plus von 5,5% vorweisen. Waren sie die Umsatztreiber?

Hans K. Reisch: Ja, die selbstständigen Kaufleute haben sehr gut performed und das schon bei den starken Vorjahreszahlen. Sie waren jedoch nicht die einzigen Umsatztreiber, denn wir haben in allen Formaten gewonnen: Filialen, Interspar und eben die Selbstständigen. Das Erfreuliche bei den selbstständigen Einzelhändlern ist, dass aufgrund der Performance so mancher Einzelhändler anderer Handelsketten zu uns wechselt.

Wie haben sich die Formate allgemein handelstechnisch entwickelt?

Entsprechende dem Trend der Zeit sind die Verkaufsflächen in allen Formaten größer geworden. Die Anzahl ist nahezu gleichgeblieben, wir haben eine geringe Anzahl an Standorten dazugewonnen. Bei Spar geht es um Expansion an richtiger Stelle, deshalb investieren wir auch in unser Standortportfolio. Besonders hervorzuheben ist in den letzten Jahren die Veränderung von Spar-Supermarkt-Standorten zu Eurospar-Standorten – eben auch wieder zu größeren Flächen.

Spar ist sehr erfolgreich. Die klassischen Diskonter holen auf. Ist es aus Ihrer Sicht ein Nachteil keine eigene Diskont-Schiene zu haben, sondern „nur“ die Eigenmarke S-Budget im Sortiment?

Nein, denn mit 1000 S-Budget-Produkten im Sortiment zeigen wir das typische Sortiment eines Diskonters. Damit ist dieser Bedarf sehr gut abgedeckt und wird auch laufend erweitert. Und das Schöne daran ist, dass der Kunde bei uns on top alles andere auch noch findet. In Wahrheit haben uns die Diskonter innerhalb kürzester Zeit nicht schlecht kopiert, das muss man ihnen lassen: weniger Non Food II-Sortimente und Ausbau der Frische.

Wie ist es eigentlich mit der oft zitierten Promotiontätigkeit im Handel: angenommen Sie fahren diese zurück, wo würden Sie verlieren? Frequenz, Umsatz?

Beides! Sowohl die Kunden würden weniger oft kommen als auch der Umsatz würde sinken. Wir müssen in die Spanne investieren, um mehr Umsatz zu generieren und damit mehr Rohertrag. Und Sie dürfen nicht vergessen: wir kämpfen in Österreich gegen die Top 3 Lebensmittelhändler in Europa, deren Umsätze das Vielfache von uns in ganz Europa ausmacht: Lidl, Rewe und Aldi. Da steckt schon Power dahinter. Umso mehr sind wir stolz, dass wir in Österreich mit gebührendem Abstand die Marktführerschaft innehaben.

Apropos Rohertrag: wenn der Umsatz – wie bei Spar – steigt, kann man sich dann als Lebensmittelhändler endlich über eine höhere Marge freuen?

Nein, das ist leider nicht so, die Margen im Lebensmittelhandel bleiben vergleichsweise sehr niedrig.

Und trotzdem hat Spar 2024 wieder eins draufgelegt. Haben Sie Beispiele, welche Besonderheiten Sie noch ein Stück näher zum Kunden brachten?

Der Ausbau unseres Convenience-Bereiches ist sehr wichtig für einen weiteren Fortschritt gewesen. Wir haben in „to go“ investiert. Wir nennen die Heiße Theke auch gerne „Hot2go“, dort bieten wir eine Vielzahl an trendigen und klassischen Speisen und Getränken an. Der Weg in Richtung Gastro ist eingeschlagen, wenn es um diese Angebote geht. Allerdings ist das ein laufender Forschungs- und Entwicklungsprozess.

Gibt es auch Neuheiten in Bezug auf Eigenmarken?

Eine neue Linie launchen wir nicht, wir sind aktuell sehr gut aufgestellt. Aber die Vegan-vegetarischen Produkte werden ausgebaut, und zwar nicht nur unter Spar Veggie, sondern auch unter S-Budget. Viele Produkte, wie das „vegane Faschierte“ werden in unserer Fabrik in St. Pölten entwickelt und produziert.
Mit Spar Asia ist uns zu Beginn des Jahres ein starker Wurf gelungen, der bleiben wird.

Im technischen Bereich soll es im Rahmen der Spar APP auch eine Innovation geben, den digitalen Pfandbon. Was können Sie dazu sagen?

Hier sind wir in der End-Entwicklung, die über Spar ICS läuft. Der Kunde soll den Bon per QR-Code in die Spar APP erhalten und dann auch entscheiden können, ob er den Betrag spendet oder einlöst. Hier ist das Fein-Tuning im Gange.

900 Mio. Euro Invest ist eine hohe Summe, was wird damit geschehen?

Ja, es ist eine der höchsten Investitionssummen der letzten Jahre, wenn nicht die höchste. Rund 500 Mio. Euro fließen ins benachbarte Ausland: nach Italien in die Emilia Romagna; nach Ungarn, um eigene Standorte zu kaufen; nach Slowenien in den bestehenden Großhandel. 400 Mio. Euro werden wir in Österreich investieren: auch hier in neue Standorte, in Modernisierungen und in Adaptierungen bei Lägern.

Wir sind beim Ausland und hier eine Frage zu Ungarn: wieso wird bei Diskussionen mit der ungarischen Regierung immer Spar als Negativ-Beispiel genannt?

Ganz einfach: weil wir die einzigen sind, die in Brüssel vorstellig wurden, weil wir einen mächtigen Verstoß gegen europäisches Recht sehen. Es gibt ein Vertragsverletzungsverfahren. Bis dato aber noch keine Entscheidung. Aber wir bleiben dran.

Abschließend noch – Stichwort Recht: haben Sie aus den jüngsten Kartellgericht-Entscheidungen etwas gelernt, was Sie bisher aus eigener Erfahrung noch nicht so am Radar hatten?

Prinzipiell muss man sagen, dass solche Entscheide ja keine Willkür der Gerichte sind, sondern, dass hier Fehler passiert sind. Dass im jüngsten Fall die Strafe unverhältnismäßig hoch ausfiel, erstaunte uns auch. Aber wir haben gelernt: sobald irgendeine Frage zu Wettbewerb, Kartellrecht, etc. auftritt, hinterfragen wir sofort bei der BWB. Bei jedem Zweifel fragen wir nach, die BWB bietet das ja auch von sich aus an.
Und ja, es gibt Verbesserungspotential, wenn es um Standort-Übernahmen geht. Vor 15 Jahren lag die Grenze für eine Anmeldung bei 5 Mio. Euro Netto Umsatz/Jahr. Das sollte VPI angepasst werden. Für die neue Regierung gibt es viel zu tun, aber wir sind optimistisch.

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geschrieben am

14.03.2025