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v.l.n.r.: Norbert Scheele (C&A), Rainer Will (Handelsverband), Susanne Eidenberger (Bellaflora) und Andreas Kreutzer (Kreutzer Fischer Partner)

Krisenstimmung im Handel

Mit Kreutzer Fischer & Partner sowie durch eine HV-Händlerbefragung steht fest: 2023 war schwierig für den Handel in Österreich. Und aktuell bereiten chinesische Plattformen Sorgen.

Zusammengefasst kann man sagen: der Handel in Österreich ist in einer Krisenstimmung. Nicht nur, dass die Konsumenten das MEHR an Einnahmen aus Löhnen und Gehältern lieber in Freizeit und Urlaub stecken, als in den Handel - es besteht eine Überregulierung, die enorme Zusatzkosten verursacht. Und nicht zuletzt werden viele Umsätze durch die hohen Kosten zunichte gemacht, ganz zu schweigen von der nach wie vor hohen Inflation. An die Spitze treiben es nun chinesische Plattformen, die unfaire Handelspraktiken leben.

Zusammengefasst

Wie die detaillierten Zahlen von Kreutzer Fischer & Partner zeigen, ist dem Handel das erhoffte Comeback im Jahr 2023 nicht geglückt. Im Vergleich zum ebenfalls holprigen Jahr 2022 stiegen die einzelhandelsrelevanten Ausgaben der privaten Haushalte (ohne Kfz) im Vorjahr zwar um insgesamt +2,8% (nominell) auf 77,2 Mrd. Euro (2022: 75,1 Mrd. Euro). Real (inflationsbereinigt) blieb die Nachfrage damit aber um -4,5% unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums.

"Im Teuerungsjahr 2023 sahen sich viele Österreicherinnen und Österreicher wegen der hohen Preise für Strom, Treibstoff und Miete dazu gezwungen, bei den Einkäufen zu sparen. Die Zahlen lügen nicht, fast jede einzelne Einzelhandelsbranche musste 2023 ein preisbereinigtes Umsatzminus verkraften, im Branchenschnitt liegen wir bei -4,5 Prozent. Vor allem bei Produkten rund um Haus und Garten, bei Einrichtungsgegenständen, Elektrogeräten setzten die Haushalte den Sparstift an. Auch im Lebensmittelbereich mussten die Supermärkte und Diskonter einen Ausgabenrückgang von real 1,5 Prozent verkraften", erklärt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will die zentralen Ergebnisse der Studie. 

Preisbereinigte Haushaltsausgaben 2023 in ausgewählten Warengruppen:

  • Haus & Garten: -22,1%
  • Einrichtung & Hausrat: -12,5%
  • Elektrogeräte: -7%
  • Sportartikel: -2,1%
  • Lebensmittel: -1,5%
  • Mode: -0,4%

Positive Ausnahmen stellen im Einzelhandel die Segmente Tierfutter (nominell +15,9%) und Taschen (+10,2%) dar. Aber auch der Sportgeräteverleih konnte um +11,7% zulegen. Hauptverantwortlich dafür ist der boomende Tourismus.
"Von 2019 bis 2023 hat der stationäre Handel ganze 6,2 Prozent an Haushaltsausgaben eingebüßt. Der Onlinehandel konnte hingegen um fast 23 Prozent zulegen. Über alle Warengruppen und Vertriebskanäle hinweg liegt der österreichische Handel damit inflationsbereinigt noch immer deutlich unter dem Vor-Krisen-Niveau von 2019", sagt Susanne Eidenberger, Geschäftsführerin von bellaflora. 

Forderungen des Handelsverbandes

Für eine Verbesserung des Wirtschaftsstandortes und somit auch des Handels plädiert der Handelsverband heftigst für die Umsetzung sehr wichtiger Punkte und 

  • Arbeitsmarktreform – Mehr Beschäftigungsanreize & Lohnnebenkosten senken
  • Bürokratieabbau – Gebühren reduzieren
  • Fair Commerce – Vollzug für alle Marktteilnehmer sicherstellen

Fairness gerade im Online-Handel

Und gerade im Online-Handel fordert der Handelsverband endlich faire Bedingungen. Wie bereits bekannt überschwemmen Bestellungen bei chinesischen Plattformen wie Temu, Wish oder Shein die europäischen Länder. Aber: sie zahlen bei weitem nicht die selben Gebühren, abgaben und Zölle, wie nationale und international Händler. Deshalb hat der Handelsverband einen Plan erstellt, um Fairness in Europa zu schaffen:

Acht-Punkte-Aktionsplan für Fairness im digitalen Handel 

Damit der Vollzug des Zollrechts im digitalen Zeitalter ankommt, sind somit folgende nächste Schritte notwendig: 

  1. verpflichtende Einführung der Einhebung der Einfuhrumsatzsteuer für grenzüberschreitende B2C-Warensendungen unter einem Warenwert von 150 Euro bei Kauf über Plattformen (Import-One-Stop-Shop-System („IOSS“), inkl. der verpflichtenden IOSS-VAT-Kennung);
  2. verpflichtender Vorabversand einer normierten E-Rechnung als Bestandteil des Datensatzes der verpflichtend mit der elektronischen Zolleinfuhrerklärung;
  3. einheitliche UID-Nummer, um digitale Berichtspflichten in der gesamten EU für direkte und indirekte Vergebührungen anzupassen;
  4. Absenkung der Zollgrenze für B2C-Warensendungen von 150 auf 0 Euro;
  5. Vereinfachung der Steuersätze in der EU, um eine zusätzliche Vereinfachung des grenzüberschreitenden Einzelhandels zu gewährleisten;
  6. datentechnische Harmonisierung von postalischen Transportdokumenten;
  7. digitale Kennung der Betreiber entlang der gesamten Warenwirtschafts- und Zustellkette;
  8. Schaffung der digitalen Zolldatenplattform in der EU, um einen Datenaustausch in Echtzeit zu Einzelhandelsbewegungen in der Union zu gewährleisten.

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geschrieben am

29.05.2024