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Spartenobmann Handel Rainer Trefelik

Trefelik: Einheitlichkeit ist Stärke des Handels

Auch wenn die aktuelle Situation für den Handel nicht rosig ist, so weiß Handelsobmann der WKO, Dr. Rainer Trefelik: es braucht Hoffnung und Optimismus.

Für den Handelsobmann in der Wirtschaftskammer Österreich, Dr. Rainer Trefelik, endete das Jahr 2023 mit gemischten Gefühlen. Einerseits war man von Seiten der Arbeitgeber über den Abschluss des Handels-Kollektivvertrages erleichtert, andererseits ist die aktuelle Situation im Einzelhandel nicht rosig und das scheint auch noch einige Zeit so zu bleiben. „Im Einzelhandel in Österreich ist man zwar nominell 2023 gewachsen, was real ein Minus war, aber vor allem die Kosten sind explodiert“, so Rainer Trefelik, „Und es geht weiter: die Ballsaison entwickelte sich nicht so gut, wie erhofft, die ersten Wochen des neuen Jahres 2024 hinken umsatzmäßig nach und sogar der Lebensmittelhandel hat reale Verluste“, so Trefelik. „Wir brauchen daher Aufschwung, Hoffnung und Optimismus mehr denn je!“

BWB bescheinigt lauteres Verhalten

In der großen Untersuchung der BWB im Herbst 2023 wurde dem Lebensmittelhandel kein unlauteres Verhalten vorgeworfen. „Es wurden  keine unrechtmäßigen Margenerhöhungen entdeckt. Die Schere wurde immer enger: Kostensteigerungen konnten auch im Lebensmittehandel nicht 1:1 weitergegeben werden, die eigenen Kosten schlugen auch hier durch. Vor allem die rund 2000 kleineren Lebensmittelhändler in Österreich spürten die massiv steigenden Kosten – vor allem bei Energie“, so Trefelik: „Uns rennen die Kosten davon!“ Für einen Händler ist der Wareneinsatz einer der höchsten Kostenpunkte und mit der Konsumflaute stellt sich immer mehr die Frage: Wieviel Ware kaufe ich ein? „Das trifft den Einzelhandel wie Bekleidung, Schmuck, Sport, Elektronik, etc. mehr als den Lebensmittelhandel. Die Finanzinstitute sind zurückhaltender den Handel zu finanzieren, die Zinsen und damit die Finanzierungskosten hoch und wir haben alle natürlich keine Glaskugel, was die weltpolitische Zukunft bringt“, so Trefelik.

Trennung keine Lösung

Die Frage, ob beim Kollektivvertrag eine Trennung in der Branchenvertretung zwischen Lebensmittelhandel und dem restlichen Handel gut wäre, verneint der Handelsobmann strikt: „Corona hat die Heterogenität im Handel verstärkt. Aber alles in allem gesehen ist Einheitlichkeit die Stärke des Handels“, so Trefelik. Denn: Lebensmittelhandel, das sind nicht nur die vier großen Handelsunternehmen in Österreich, sondern eine Vielzahl an kleinen selbständigen Händlern auch. Die Kosten müssen alle tragen. „Hat ein Händler angesichts seiner Geschäftsentwicklung und seines Mitarbeitersbedarfs das Gefühl, dass er „nur mit KV“ zu wenig zahlt, so steht ihm ja eine Überzahlung völlig frei“, meint Rainer Trefelik. Einige Händler machen das ja auch, der Kollektivvertrag ist die Basis der Messlatte.

„Ein größeres Problem haben wir mit dem gesellschaftlichen Trend zur Teilzeit. Hier können die großen Unternehmen eventuell leichter gegensteuern. Aber Fakt ist, am Arbeitsmarkt muss etwas getan werden“. Für viele Betriebe ist die aktuelle KV-Erhöhung eine Herausforderung, allerdings werden die realen Lohnzuwächse bei unseren Kunden demnächst zu spüren sein. „Und dann stellt sich die Frage: WO gibt der Konsument das Geld aus? WAS hat der Handel davon?“, fragt sich auch der Obmann. „Ich weiß nur, dass die Effekte bald greifen müssen, sonst wird es schwierig für viele Marktteilnehmer. Optimismus ist gut, aber er muss in realen Zahlen spürbar sein.“

Die Welt ist aus den Fugen geraten

Kommt ein Aufschwung, kommt er nicht – niemand weiß das. Die Erfahrungswerte der letzten drei Jahre kann man nicht heranziehen, die sind zu unterschiedlich. Und langfristige Vorschauen und damit Planungssicherheiten sind fast unmöglich. „Die Unternehmer sind erschöpft. Dazu kommt, dass es sich im Moment nach einem Klassenkampf anfühlt, in dem der Unternehmer gebasht wird und zusätzlich von Seiten der EU mit Bürokratie zugeschüttet wird“, findet Rainer Trefelik wahre Worte für die aktuelle Situation. „Das macht den Wirtschaftsstandort Österreich nicht besser. Dazu kommt eine Minderschätzung des Begriffes „Leistung“. „Leistung muss attraktiver gemacht werden. Wir erleben sogar Fälle, wo Lehrlinge nach ihrem Abschluss in Teilzeit arbeiten wollen! Doch: Österreichs Selbstständige müssen mit unseren MitarbeiterInnen das erwirtschaften, was an Sozialleistungen gezahlt wird“, so Trefelik. Dazu kommt die teure Mobilitätswende, eine Paketflut aus Asien von Billigstanbietern wie Temu oder Shein und nach wie vor hohe Energiepreise.

Was brauchen wir?

Wenn man den Handelsobmann um Lösungen fragt, so hat er folgende große Themen parat:

  • Durchforsten auf EU-Ebene und ein Umdenken der Belastung für die europäische Wirtschaft
  • Umdenken beim Lieferkettensorgfaltsgesetz sowie z.B. der Entwaldungs-Verordnung (einfach „too much“)
  • Lust die Selbstständigkeit zu fördern
  • Einen europäischen fairen Mechanismus bei den Energiepreisen – „wenn wir grünen Strom haben, so muss dieser auch einen grünen Preis haben“
  • Lohnnebenkosten senken und Wettbewerbsfähigkeit stärken

Auf der Meta-Ebene setzt sich Handelsobmann Rainer Trefelik nicht zuletzt für eine bessere Integration, Abrüsten der Worte und Brückenbauen ein.

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geschrieben am

16.02.2024