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Bundesspartenobmann des Handels in Österreich, Dr. Rainer Trefelik

Handelsbilanz: die Schere geht weiter auseinander

Das Jahr 2021 war für den Handel eine Berg- und Talfahrt, wobei der Lebensmittelhandel hoch hinaus fuhr und der Modehandel ins Tal.

Es ist das zweite Jahr mit Rahmenbedingungen für den Handel, wie es sie noch nicht gab: Schließtage für alle Händler außer Lebensmittel- und Drogeriefachhändler, Tragen von Masken, Überprüfen von Hygienemaßnahmen. Mit einem Wort: keine leichte Zeit für die Mitwirkenden in diesem Drama. Denn auch für den Lebensmittelhandel, der zwar umsatztechnisch nicht gelitten hat, waren die Vorgaben herausfordernd und die Kosten höher. Man erinnere sich alleine an die jüngsten Ausfälle an Mitarbeitern durch die Quarantäne durch Omikron.

Die Bundessparte Handel in der WKO bildete im Rahmen der Jahresbilanz 2021 des Handels die Situation ab. Bundesspartensprecher Dr. Rainer Trefelik, Bundessparten-Geschäftsführerin Mag. Iris Thalbauer und der Datenanalyst, Mag. Peter Voithofer vom Economica Institut für Wirtschaftsforschung fassten zusammen: der Handel ist in seiner Entwicklung hybrid zu sehen, eine Durchschnittsbetrachtung reicht nicht aus.

Die Zahlen und Fakten

Das Jahr 2021 warf Licht und Schatten auf die Umsatzentwicklung des Handels. Vor allem hat die Corona-Krise einige grundlegende Veränderungen gebracht und den Handel massiv gespalten: in Online (+18,4%) und Offline (-1,6%), in Non-Food (-1,6%) und Food (+10,8%) sowie in Modehandel (-21,1%) und "4-Wände-Handel“ (+9,1%). Der Modehandel verlor massiv und der ausländische Onlinehandel legte im Vergleich zu 2020 nocheinmal zu. Hier ist der Damm gebrochen.

Der heimische Einzelhandel im Jahr 2021 gesamthaft betrachtet Netto-Umsätze von rund 73,6 Milliarden Euro und damit ein nominelles Umsatzwachstum von 5 %. Sogar gegenüber dem Vorkrisenniveau 2019 bedeutet dies – nach der stabilen Konjunkturentwicklung 2020 (+0,1 %) – ein Plus von 5,1 %. „Es zeigen sich in den zwei Jahren Covid-19-Pandemie allerdings massive Verschiebungen im Einzelhandel – und zwar von Non-Food zu Food, von Mode zu 4-Wände und von offline zu online“, analysiert Peter Voithofer vom Economica Institut.

Konkret zählten vor allem der Lebensmittelhandel mit einem Umsatzwachstum von 10,8 % gegenüber 2019 sowie der Handel mit Bau- und Heimwerkerbedarf, dessen Umsatz im Vorjahr um 14,2 % über Vorkrisenniveau lag, und der Möbelhandel (plus 7,3 %) zu den Gewinnern der Krise. Der Schuhhandel hingegen wies im Vergleich zu 2019 ein sattes Minus von 26,3 % aus. Aber auch der Bekleidungshandel (minus 19 % gegenüber 2019) sowie der Elektrohandel (minus 4,6 %) mussten starke Umsatzrückgänge hinnehmen. Kleinere Rückgänge gab es außerdem in den Bereichen Spielwaren, Zeitschriften, Bücher und Schmuck im Vergleich zum Vorkrisenniveau.

Online-Boom des ersten Pandemie-Jahres bremst sich ein

Der heimische Internet-Handel konnte zwar auch 2021 von den Lockdowns profitieren. Wieder mit 2019 verglichen, lag das Plus im Online-Handel sogar bei 18,4 %. „Doch der Online-Boom des ersten Pandemie-Jahres scheint vorbei zu sein“, fasst Iris Thalbauer, Geschäftsführerin der Bundessparte Handel in der WKÖ, die Daten zum Online-Handel zusammen. Konnte der österreichische Online-Handel im Jahr 2020 noch ein Umsatzplus von 17,4 % einfahren, so wuchsen die Umsätze der Online-Bestellungen 2021 nur noch um 1,1 %. „Hier muss freilich auch berücksichtigt werden, dass es schwierig ist, nach dem hohen Umsatzniveau von 2020 nochmals derart hohe Steigerungsraten zu erzielen“, so Thalbauer. Die Ausgaben im ausländischen Online-Handel sind, wie in den letzten Jahren auch schon, stärker gewachsen.

Nur langsame Erholung im EU-Vergleich

Insgesamt verläuft die Erholung im heimischen Einzelhandel in Österreich langsamer als in vielen anderen EU-Ländern. Das ist zumindest teilweise darauf zurückzuführen, dass die Corona-Schutzmaßnahmen in Österreich mit langen Lockdowns besonders strikt waren. Die reale (preisbereinigte) Steigerungsrate im österreichischen Einzelhandel beträgt kumuliert in beiden Pandemiejahren plus 3 %, das entspricht Platz 21 im EU 27-Ranking.

Apropos Preissteigerung: Der Einzelhandel wirkt in Österreich inflationsdämpfend, die Preissteigerungen liegen 2021 unter dem Verbraucherpreisindex (VPI).

Beschäftigung in Krise nicht nur gehalten, sondern leicht gesteigert

Die Anzahl der Mitarbeiter im Einzelhandel konnte nicht nur gehalten, sondern gegenüber 2020 sogar um 2,8 % gesteigert werden. Im Vergleich zu 2019 beschäftigte der heimische Einzelhandel 2021 um 1,9 % mehr Mitarbeiter, wobei es – analog zur Umsatzentwicklung – im Modehandel Beschäftigungsrückgänge gab, im Onlinehandel hingegen einen starken Zuwachs.

Positiver Ausblick – trotz enormer Herausforderungen

Für das heurige Jahr ist der Ausblick der Wirtschaftsforscher durchaus positiv. Da die Konsumausgaben der privaten Haushalte laut Wifo-Prognose nominell um 9,7 % steigen werden, soll davon auch der heimische Einzelhandel profitieren. Die Herausforderungen für die Branche sind Trefelik zufolge dennoch nicht zu unterschätzen: „Kernthemen werden sein, dass Geschäftsmodelle adaptiert und einkaufsseitige Preissteigerungen bewältigt werden müssen. Aber auch ausreichend Fachkräfte zu bekommen, wird immer schwieriger“, so der Handelsobmann. Zudem müsse es für jene Branchen, die nach wie vor unter den Pandemie-Auswirkungen leiden, weiterhin Unterstützungen geben. „Insgesamt ist es aber wichtig, den Fokus endlich weg von Corona zu lenken und zu einem weitgehend normalen Leben zurückzukehren. Dann haben auch alle wieder mehr Lust auf Bummeln und Shoppen“, so Trefelik abschließend.

Mode verliert massiv
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geschrieben am

18.02.2022