Handels-KV ist abgeschlossen
3. Dezember: Die Beschäftigten im Handel erhalten im kommenden Jahr um 3,3 Prozent mehr Gehalt, 2026 soll es um 0,5 Prozent mehr als die rollierende Inflation geben. Allerdings sinkt die Erhöhung 2026 mit steigender Inflation, sollte diese über 3 Prozent liegen, dann wollen sich die Sozialpartner noch einmal zusammen setzen. Das Lehrlingsentgelt steigt im 1. Lehrjahr im kommenden Jahr auf 1.000 Euro. Für die Einigung waren fünf Gesprächsrunden notwendig. (APA)
21. November 2024 (APA): In den Verhandlungen zu einem neuen Kollektivvertrag (KV) für die mehr als 430.000 Angestellten im Handel gibt es weiter keine Einigung auf ein Gehaltsplus. Die vierte Verhandlungsrunde zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaft ging am Donnerstagabend ergebnislos zu Ende. Einen neuen Termin für weitere Gespräche gibt es noch nicht. Die Gewerkschaft GPA kündigte an, nun mit Protesten nächsten Freitag und Samstag den Druck erhöhen zu wollen.
"Leider haben sich die Arbeitgeber nicht bewegt und beharren auf ihrem Letztangebot. Das ist einfach zu wenig", erklärte die Chefverhandlerin der GPA, Veronika Arnost, in einer Aussendung. Das Angebot der Arbeitgeber biete keinerlei Sicherheit für eine nachhaltige Gehaltsentwicklung.
"Wir hatten lange, wertschätzende Gespräche, doch die Arbeitnehmervertreter sind leider immer noch nicht bereit, die Realität zu akzeptieren. Sie fordern weiter einen Abschluss, der sich angesichts der konjunkturellen Situation für die Handelsbetriebe einfach nicht ausgeht", erklärte Arbeitgebervertreter Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel. Gescheitert sei ein Abschluss am Donnerstag "letztlich an Details".
Am Mittwoch waren bei bundesweiten Betriebsrätekonferenzen "Störaktionen" für den Black Friday am 29. November und den Samstag darauf beschlossen, sollte es in der vierten Runde keine Einigung geben. Welche Protestmaßnahmen die Gewerkschaft GPA in einer Woche ergreifen könnte, wollten die Arbeitnehmervertreter am Mittwoch nicht verraten. "Lassen Sie sich überraschen", so der Vorsitzende des GPA-Wirtschaftsbereichs Handel, Martin Müllauer.
Die Arbeitnehmer forderten zuletzt ein Gehaltsplus für 2025 von 4,3 Prozent, die Arbeitgeber bieten einen Zweijahresabschluss mit zuerst 3,1 Prozent und ein Jahr später ein halbes Prozent über der Inflation an - allerdings nur, wenn die dann relevante Teuerungsrate unter zwei Prozent liegt.
14. November 2024: "Es ist sehr bedauerlich, dass die Gewerkschaft auch in der dritten Runde der Realität nicht ins Auge schauen will, die da lautet, dass wir nach wie vor eine veritable Konsumkrise sowie eine Vertrauenskrise haben. Und das, obwohl wir ein neues kreatives Angebot gelegt haben, das sowohl dieser schwierigen Situation Rechnung trägt als auch für die Arbeitnehmer ein Zeichen der Sicherheit setzt", sagt Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel/WKO, nach der Verhandlungsrunde am 14. November über die Kollektivverträge für die Angestellten und Lehrlinge im österreichischen Handel. Die nächste Verhandlung ist für 21. November angesetzt.
Maßnahmen der Arbeitnehmer wie etwa Streik stehen im Raum.
Die Arbeitgeber haben einen Zwei-Jahres-Abschluss angeboten. Dieser sieht für 2025 jene Erhöhung vor, die sich auf Berechnungen von unabhängigen Dritten stützt und die Benya-Formel heranzieht. Dabei ergibt sich laut Berechnungen des Instituts für Höhere Studien für 2025 eine KV-Erhöhung von 3,1%. Für 2026 ist dann ein Plus von 0,5% auf die rollierende Inflation vorgesehen, vorausgesetzt, dass diese 2% nicht übersteigt. "Dies entspricht dem langjährigen Abstand auf die rollierende Inflation", erklärt Trefelik. Zudem eröffne das neue Angebot die Chance, in einen sozialpartnerschaftlichen Diskurs zur Weiterentwicklung des Kollektivvertrags einzutreten - einem Reformprozess, dem sich beide Sozialpartner öffnen wollen.
5. November 2024: "Wir haben unser Angebot nachgebessert und auch die GPA hat sich etwas bewegt. Das heißt, wir sind einen Schritt aufeinander zugegangen, aber das Rendezvous mit der Realität sehe ich leider noch nicht. Ein Branchenkollektivvertrag muss die wirtschaftliche Situation der Branche abbilden. Hier würde ich mir vonseiten der Gewerkschaft mehr Einsicht wünschen, was in Zeiten wie diesen geht und was nicht", so Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich, nach der zweiten Verhandlungsrunde über die Kollektivverträge für die Angestellten und Lehrlinge im österreichischen Handel. "Die Benya-Formel setzt sich aus Inflation und Produktivität zusammen. Es gehört also berücksichtigt, dass wir im Handel mit einer rückläufigen Produktivität konfrontiert sind", sagt Trefelik. Und dies seit mehreren Jahren: Laut Institut für Höhere Studien (IHS) sank die Arbeitsproduktivität im heimischen Handel von 2021 bis 2024 im Durchschnitt um 3,4%. Betrachtet man nur das Jahr 2023, dann ist der Rückgang mit 5,6% noch dramatischer. "Damit ist der Spielraum für die Arbeitgeber sehr gering. In dieser schwierigen Situation vertrauen wir im Sinne einer sozialpartnerschaftlichen Krisenbewältigung daher auf die Expertise der Wirtschaftsforschung und deren Ableitung. Hier ergibt sich bei der Betrachtung eines 5-Jahres-Zeitraums, wodurch Ausschläge aus Einzeljahren geglättet werden, für 2025 eine KV-Erhöhung im Handel von 3,1%", rechnet Trefelik vor.
Oktober 2024: Heute, am 23. Oktober 2024 starten die Vertreter der Arbeitgeber im Handel – an der Spitze Obmann Dr. Rainer Trefelik – und Vertreter der Arbeitnehmer (GPA) die wohl traurigsten KV-Verhandlungen der vergangenen Jahrzehnte. Denn im Grunde weiß jede Seite: viel gibt es nicht zu verteilen, trotzdem wollen die Arbeitnehmer eine Erhöhung über die rollierende Inflation (3,8%) - nämlich 4,8% - und weitere Entgegenkommen für Mitarbeiter. Die klare Ansage von Rainer Trefelik: „Einen Abschluss über der Teuerung der vergangenen zwölf Monate halte ich für ausgeschlossen“. Die Arbeitgeberseite bietet 2,8%, was die Arbeitnehmerseite ablehnt. die nächste Verhandlung ist am 5. Dezember 2024.
Handel kracht wie eine Semmel
Die Rahmenbedingungen sind für den Handel in Österreich leider nicht zum Lachen. Rund 850 Handelsunternehmen sind in den vergangenen zwölf Monaten zahlungsunfähig geworden. Die Kaufzurückhaltung traf Modehändler wie Esprit oder Jones, aber auch die Schmuckmarken "Le Clou" und "Juwelier Reiter". Insolvent wurden zuletzt die Nachfolgegesellschaften der geschlossenen Schuhketten Salamander und Delka, Schuhquadrat und Schuhkreis.
Mit Abstand am meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, nämlich rund 650, waren laut Kreditschutzverband KSV1870 von der Pleite des Diskonters Pepco betroffen. Auch in der Einrichtungsbranche sind heuer mehrere Unternehmen in die Insolvenz geschlittert. Etwa die Dekoartikel-Kette Depot mit rund 300 Beschäftigten und das Möbelhaus Interio mit 80 Beschäftigten. „Gehen wir mit offenen Augen durch die Einkaufsstraßen“, so Trefelik, „dann werden wir die Misere sehen“. Das oftmals zitierte Heil bringende Weihnachtsgeschäft mag ein kurzfristiger Push im Handel sein, aber „es gibt auch noch den Rest des Jahres“, sagt der Spartenobmann. Wenn man schon beim Zitieren ist, dann verweist Trefelik auf ein Zitat des WIFO-Direktors Gabriel Felbermayr – die Wirtschaft hat ein „Rendezvous mit der Realität“. Arbeitgeber-Chefverhandler Trefelik verwies auf die allgemeine Rezession und die geringe Kauflust der Konsumenten. "Uns laufen die Kosten davon", betonte er und rechnete vor, dass die Umsätze zuletzt um 9,8 % zulegten, die Personalkosten aber um 21,3 %. "Und der Ausblick ist nicht prickelnd", so Trefelik. Und auch zu der geforderten „Mehr Freizeit“ fehlt Trefelik die Brücke: dann müsste man mehr Leute einstellen, um die Lücken zu füllen. Für heißt es in Österreich in den nächsten Jahren: Wir werden mehr arbeiten müssen statt weniger.
Veronika Arnost, Chefverhandlerin auf Arbeitnehmerseite, verweist darauf, dass die Branche ohnehin nicht zu den Hochlohnsektoren gehöre und viele Frauen noch dazu in Teilzeit angestellt sind. „Es brauche wieder mehr Sicherheit im Arbeitsleben, um die Sparquote zu senken. Nur mit Sicherheit geben die Leute wieder mehr Geld aus“, meint Arnost. Die Sparquote in Österreich ist ausgesprochen hoch. Die Frage, ob der Handel der richtige Ansprechpartner für das Thema Sicherheit für die österreichische Bevölkerung ist, bleibt dahingestellt.
Nachdem im Vorjahr die Kollektivvertragsverhandlungen im Handel ungewöhnlich lange dauerten und auch von Kampfmaßnahmen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer begleitet waren, haben sich die Sozialpartner für heuer schon vorsorglich vier Verhandlungstermine ausgemacht, der letzte davon wäre der 21. November - womit bei einer Einigung das Weihnachtsgeschäft ungestört laufen könnte. Der Handel ist in Österreich nach der öffentlichen Hand der größte Arbeitgeber, er erzielte zuletzt einen Jahresumsatz von 314 Mrd. Euro. 570.000 Beschäftigte im Handel stehen heuer im Zeichen der Krise.