Handels-KV: es gibt nicht viel zu verteilen
Heute, am 23. Oktober 2024 starten die Vertreter der Arbeitgeber im Handel – an der Spitze Obmann Dr. Rainer Trefelik – und Vertreter der Arbeitnehmer (GPA) die wohl traurigsten KV-Verhandlungen der vergangenen Jahrzehnte. Denn im Grunde weiß jede Seite: viel gibt es nicht zu verteilen, trotzdem wollen die Arbeitnehmer eine Erhöhung über die rollierende Inflation (3,8%) - nämlich 4,8% - und weitere Entgegenkommen für Mitarbeiter. Die klare Ansage von Rainer Trefelik: „Einen Abschluss über der Teuerung der vergangenen zwölf Monate halte ich für ausgeschlossen“. Die Arbeitgeberseite bietet 2,8%, was die Arbeitnehmerseite ablehnt. die nächste Verhandlung ist am 5. Dezember 2024.
Handel kracht wie eine Semmel
Die Rahmenbedingungen sind für den Handel in Österreich leider nicht zum Lachen. Rund 850 Handelsunternehmen sind in den vergangenen zwölf Monaten zahlungsunfähig geworden. Die Kaufzurückhaltung traf Modehändler wie Esprit oder Jones, aber auch die Schmuckmarken "Le Clou" und "Juwelier Reiter". Insolvent wurden zuletzt die Nachfolgegesellschaften der geschlossenen Schuhketten Salamander und Delka, Schuhquadrat und Schuhkreis.
Mit Abstand am meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, nämlich rund 650, waren laut Kreditschutzverband KSV1870 von der Pleite des Diskonters Pepco betroffen. Auch in der Einrichtungsbranche sind heuer mehrere Unternehmen in die Insolvenz geschlittert. Etwa die Dekoartikel-Kette Depot mit rund 300 Beschäftigten und das Möbelhaus Interio mit 80 Beschäftigten. „Gehen wir mit offenen Augen durch die Einkaufsstraßen“, so Trefelik, „dann werden wir die Misere sehen“. Das oftmals zitierte Heil bringende Weihnachtsgeschäft mag ein kurzfristiger Push im Handel sein, aber „es gibt auch noch den Rest des Jahres“, sagt der Spartenobmann. Wenn man schon beim Zitieren ist, dann verweist Trefelik auf ein Zitat des WIFO-Direktors Gabriel Felbermayr – die Wirtschaft hat ein „Rendezvous mit der Realität“. Arbeitgeber-Chefverhandler Trefelik verwies auf die allgemeine Rezession und die geringe Kauflust der Konsumenten. "Uns laufen die Kosten davon", betonte er und rechnete vor, dass die Umsätze zuletzt um 9,8 % zulegten, die Personalkosten aber um 21,3 %. "Und der Ausblick ist nicht prickelnd", so Trefelik. Und auch zu der geforderten „Mehr Freizeit“ fehlt Trefelik die Brücke: dann müsste man mehr Leute einstellen, um die Lücken zu füllen. Für heißt es in Österreich in den nächsten Jahren: Wir werden mehr arbeiten müssen statt weniger.
Veronika Arnost, Chefverhandlerin auf Arbeitnehmerseite, verweist darauf, dass die Branche ohnehin nicht zu den Hochlohnsektoren gehöre und viele Frauen noch dazu in Teilzeit angestellt sind. „Es brauche wieder mehr Sicherheit im Arbeitsleben, um die Sparquote zu senken. Nur mit Sicherheit geben die Leute wieder mehr Geld aus“, meint Arnost. Die Sparquote in Österreich ist ausgesprochen hoch. Die Frage, ob der Handel der richtige Ansprechpartner für das Thema Sicherheit für die österreichische Bevölkerung ist, bleibt dahingestellt.
Nachdem im Vorjahr die Kollektivvertragsverhandlungen im Handel ungewöhnlich lange dauerten und auch von Kampfmaßnahmen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer begleitet waren, haben sich die Sozialpartner für heuer schon vorsorglich vier Verhandlungstermine ausgemacht, der letzte davon wäre der 21. November - womit bei einer Einigung das Weihnachtsgeschäft ungestört laufen könnte. Der Handel ist in Österreich nach der öffentlichen Hand der größte Arbeitgeber, er erzielte zuletzt einen Jahresumsatz von 314 Mrd. Euro. 570.000 Beschäftigte im Handel stehen heuer im Zeichen der Krise.