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Handel und Konsumgüterbranche rüsten sich mit Zukäufen für die Rezession

Durch Zukäufe gegen Rezession stärken

Sie wird immer wieder herbeigeschworen - die Rezession. Wie rüsten sich große Konzerne?

A.T.Kearney als internationale Managementberatung zeigt auf, dass sich große Konzerne mit Zukäufen für eine Rezession rüsten. Das betrifft auch Österreich.  „Mit Blick auf neue Kundenbedürfnisse, den digitalen Wandel und eine drohende wirtschaftliche Abkühlung investieren Handels- und Konsumgüterunternehmen jetzt aktiv in M&A“, so Dr. Mirko Warschun, Leiter der Retail und Konsumgütersparte bei A.T. Kearney. 

Vor allem in jene Branchen und Segmente wird investiert, die im eigenen Unternehmen fehlen. Mit einem Wort: Lücken werden geschlossen. Warschun: "Mit einer Vielzahl von kleinen und mittelgroßen Deals wird sich das Transaktionsniveau 2019 auf dem von 2018 halten. Große Deals werden wir nicht sehen".

Bestes Beispiel in Österreich ist dafür die Übernahme der heimischen Kultskimarke Atomic und ihrer Mutter Amer im März durch den Sportartikelhersteller Anta, der in China rund 10.000 Sport-Filialen betreibt. „Atomic besitzt in Altenmarkt die größte Skifabrik der Welt. Neben diesem Know-how erhalten die Chinesen Zugang zu einer ganzen Markenwelt mit Skizubehör und einer eingeschworenen Fangemeinde auf der ganzen Welt. Gerade im Hinblick auf den boomenden Skimarkt in China und die Winterspiele 2022 in Peking ist dies ein äußerst raffinierter Schachzug“, erklärt Warschun. Dass aber auch heimische Firmen auf Einkaufstour im Ausland gehen, zeigt sich am Beispiel des oberösterreichischen Möbelhändlers XXXLutz. Im April letzten Jahres übernahm die XXXLutz-Gruppe vom krisengeschüttelten Steinhoff-Konzern die Anteile an der deutschen Möbelkette Poco. Auf einem Schlag gingen damit 123 Einrichtungshäusern mit ca. 8000 Mitarbeitern an das Unternehmen in Wels. Und nun hat XXXLutz in CEE alle Kika-Filialen übernommen. Laut Warschun haben 2018 die Transaktionen bei Handel und Konsumgütern zwar einen leichten Rückgang erlebt, doch ist für 2019 mit einem weiterhin aktiven M&A Geschäft zu rechnen.

Die drei Top-Trends 2019

Erstens konzentrieren sich die Handels- und Konsumgüterunternehmen auf ihr Kerngeschäft und stärken ihre Portfolios, indem sie nicht dazugehörige Unternehmensteile abstoßen und fehlende und benachbarte hinzukaufen, wie das Fruchtsaftunternehmen Eckes, das sich an dem Smoothie-Hersteller True Fruits beteiligt, um vom „To-Go“-Trend zu profitieren. Die Autoren rechnen für 2019 dementsprechend auch mit einer Vielzahl von Veräußerungen.

Zweitens liegt der Fokus auf der Verbesserung des Kundenerlebnisses und der Gewinnung junger Kundengruppen. Unternehmen erwerben gezielt ‚Kleine Marken‘, mit denen sich junge Generationen identifizieren, und investieren in digitale Fähigkeiten, E-Commerce-Plattformen wie auch in Supply-Chain- und operatives Know-How für eine stärkere Personalisierung ihres Kundenangebots. So erwarb das Unternehmen Dr. Oetker das Torten-Start-up deineTorte.de, eine Online-Plattform für individuelle Foto-Torten. Metro hat in das in Prag ansässige Start-up Restu investiert, ein digitaler Reservierungsservice, mit dem der Konzern sein Technologieangebot für selbstständige Gastronomen erweitert.

Der dritte Trend im M&A-Markt für Handel und Konsumgüterindustrie ist der regionale Markteintritt, wie die Übernahme des Berliner Functional Food Start-ups „food spring“ durch den neuseeländischen Molkereikonzern Fonterra, der sich damit den deutschen Markt eröffnet. „Wir erleben eine klare Verschiebung von Mega-Deals, die auf Größe und Expansion zielen, hin zu Transaktionen mit kleineren, regionalen Marken, die mit den Wertvorstellungen der Kunden übereinstimmen,“ kommentiert Warschun. „Die Androhung einer Rezession Ende 2019 ändert auch die M&A-Strategien: Ab jetzt zählen organisches Wachstum, eine Vertiefung der Kundenbeziehung vor Ort und Zeit, denn mit Beginn der Rezession wird auch die Liquidität knapp.“

Link zur Studie

Dr. Mirko Warschun