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Präsentation des Jahrbuchs Handel: Wolfgang Ziniel, Projektleiter KMU Forschung Austria und Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes (re.)

Handel leidet an „financial long Covid“

Das Jahrbuch Handel wurde gemeinsam vom Handelsverband und der KMU Forschung Österreich präsentiert und bietet einen umfassenden Überblick.

„Der Handel stellt in Österreich die meisten Unternehmen der marktorientierten Wirtschaft (23%) und ist der umsatzstärkste Wirtschaftsbereich (34%). Er ist aber auch der zweitgrößte Arbeitgeber und schultert fast ein Fünftel der gesamten Wertschöpfung des Landes. Wir sind ein wirtschaftlicher Riese, aber in der politischen Wahrnehmung ein Zwerg“, fasst Handelsverband Geschäftsführer Rainer Will bei der Vorstellung des „KMU Forschung Jahrbuch Handel“ fest. Das im Hinblick auf die weit verzweigten Probleme, die der Handel in den letzten zwei Jahren auf seinen Schultern trug. Durch die inhomogene Zusammensetzung des Handels in Österreich ist auch eine allgemeine Betrachtung schwierig: während der Lebensmittelhandel sogar umsatztechnisch Zuwächse erlebte in der Krise, haben sich andere Branchen, wie der Drogeriefachhandel wieder erholt. Andere wiederum haben bis heute ein großes Problem. Rainer Will und Wolfgang Ziniel von der KMU Forschung Austria fassen es zusammen: „Corona ist der Sargnagel für den Modehandel“.

Zahlen und Fakten

Im Gesamtjahr 2020 waren 77.700 Unternehmen mit 598.600 unselbstständig Beschäftigten in der Handelsbranche (Einzelhandel, Großhandel, Kfz-Handel) tätig.

Gemeinsam erzielten sie 266,3 Milliarden Euro an Umsätzen sowie eine Bruttowertschöpfung von knapp 39 Milliarden Euro.

Der Einzelhandel kommt auf 41.990 Unternehmen mit insgesamt 330.680 Beschäftigten und einem Umsatz von 74,8 Milliarden Euro (2021). Davon entfallen 35% auf den Lebensmitteleinzelhandel.

Im EU-Vergleich kommt Österreich bei der Zahl der Beschäftigten auf Platz 9 (Platz 1: Deutschland mit 5,98 Mio. Beschäftigten) und beim Umsatz auf Platz 8 (Platz 1: Deutschland mit 2,03 Billionen Euro).

Die Zahl der Handelsunternehmen ist allein im ersten Pandemiejahr um rund 5% gesunken, jene der Beschäftigten um fast 2%. Die Umsätze sind 2020 um 4% eingebrochen. 

"2021 hat sich die wirtschaftliche Situation wieder verbessert. Sowohl die Zahl der Beschäftigten als auch die Umsätze im Handel sind über das Vor-Corona-Niveau geklettert. Dabei müssen allerdings die hohen Preissteigerungen (+10%) im Großhandel beachtet werden. Im Einzelhandel sind die Netto-Umsätze nicht-inflationsbereinigt von 70 Milliarden (2019) auf 74,8 Milliarden Euro (2021) angestiegen", so Wolfgang Ziniel. Die Eigenkapitalquote ist bis zum Jahr 2020 im Durchschnitt mit 38% konstant geblieben, wird sich aber laut KMU Forschung ab dem Betrachtungszeitraum März 2020 bis heute mit Sicherheit ins Negative verändern.

Blitzumfrage zur Ukraine-Krise

Der Handelsverband hat unter seinen Mitgliedern eine Umfrage gestartet, um zu erfahren, wie sich die Ukraine-Krise zu Buche schlägt. Hier die Ergebnisse:

  • 9% betreiben eigene Geschäfte/Niederlassungen in der Ukraine und/oder Russland
  • 21% haben wichtige Lieferanten oder Produzenten in den beiden Ländern
  • 13% verzeichnen bereits kriegsbedingte Lieferverzögerungen bzw. Lieferengpässe
  • 17% verzeichnen in manchen Produktbereichen teils massive Kostensteigerungen (z.B. Speiseöl, Weizen)
  • 50% erwarten massive Kostensteigerungen und/oder Lieferverzögerungen in den kommenden Tagen/Woche (Kettenreaktionen befürchtet)
  • 65% befürchten, die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen werden mehrere Jahre lang spürbar sein
  • 83% unterstützen die HV-Vorschlag, dass Kriegsflüchtende aus der Ukraine in Europa/Österreich einen vorläufigen Aufenthaltstitel in der EU erhalten sollen
  • Insgesamt rechnen die Händler mit einem kriegsbedingten Umsatzeinbruch von -8%

 

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geschrieben am

03.03.2022