Gentechnik: Kontrolle, Transparenz und Kennzeichnung
Auf wenig Zustimmung bei Österreichs Konsumenten stößt der am 5. Juli 2023 vorgelegte Vorstoß der EU-Kommission zur Deregulierung der Verfahren der Neuen Gentechnik (NGT). Dies belegt eine aktuelle Marktforschung im Auftrag der ARGE Gentechnik-frei (marketagent; n = 1.000): Die geplante Deregulierung für den Großteil dieser Verfahren wird von 88,3 % der Befragten klar abgelehnt. 83,1 % der Befragten wollen, dass Produkte aus NGT genauso streng kontrolliert und reguliert werden wie die bisherige Gentechnik. Komplett abgelehnt wird der Wunsch der EU-Kommission, die Kennzeichnungspflicht abzuschaffen: 89,9 % der Befragten wünschen verpflichtende Kennzeichnung auch für Produkte aus NGT, direkt am Lebens- bzw. Futtermittel.
Zahlreiche Schwachstellen im Vorschlag der Europäischen Kommission listet das heute veröffentlichte „White Paper“ von ARGE Gentechnik-frei und Umweltbundesamt auf: Die von der Kommission vorgeschlagene Kategorisierung von NGT-Pflanzen sei wissenschaftlich nicht nachvollziehbar; wesentliche Fragen der Haftung, Patentierung und Koexistenz seien völlig ungeklärt; das in den EU-Verträgen festgelegte Verursacherprinzip und Vorsorge-prinzip würde ausgehebelt; der in Österreich besonders stark ausgeprägte Bio-Landbau und die „Ohne Gentechnik“-Lebensmittelproduktion würden durch mangelnde Transparenz, Rückverfolgbarkeit und das Fehlen klarer Vorgaben für Koexistenz in Anbau, Transport und Vermarktung massiv unter Druck geraten. Zu erwartende Konflikte um Patente, Haftung & Koexistenz werden zum Problem für die gesamte Lebensmittelbranche.
„Konsumenten wollen keine Lebensmittel mit Gentechnik – das gilt für die gesamte EU, und besonders für Österreich. Der Gesetzesvorschlag bedroht allerdings das in den EU-Verträgen verankerte Recht auf Wahlfreiheit, da Kennzeichnungspflicht, Rückverfolgbarkeit und klar geregelte Zulassungsverfahren schlichtweg abgeschafft werden sollen. Die Gesetzesvorlage würde nachhaltige Unternehmenswerte zerstören – ist sie doch, massiv beeinflusst von den Interessen der Saatgut- und Biotech-Lobby, ein klarer Angriff auf die dem Vorsorgeprinzip verpflichtete Gentechnik-freie Produktion, wie sie im „Ohne Gentechnik“- und im „Bio“-Sektor praktiziert wird, zwei der am stärksten boomenden Qualitätssegmente auf dem europäischen Markt“, erklärt Florian Faber, Geschäftsführer der ARGE Gentechnik-frei. „Der Gesetzesvorschlag ist in sich widersprüchlich und dient einseitig dazu, den Marktzugang für NGT-Produkte zu fördern – auf Kosten der Gentechnik-freien Produktion‘.“ EU-Rat und EU-Parlament dürfen die Vorlage in dieser Form keinesfalls akzeptieren, so Florian Faber.