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Food Club 2019

Aha-Effekte beim Food Club 2019

Zum zweiten Mal fand in Österreich der von Air Liquide veranstaltete Food Club statt und entwickelte sich zu einem echten Trendscout.

Wer kennt sie nicht, die regelmäßig angesprochenen Trends im Handel – speziell im Lebensmittelhandel: Digitalisierung, Online, Self-Check-Out. Da bleiben hie und da andere Themen auf der Strecke. Diese sind jedoch mindestens ebenso wichtig, wie die technischen Neuerungen, die uns in Zukunft erwarten.

Deshalb war es sehr erfrischend am food club 2019, in der Ottakringer Brauerei etwas zu hören, was sonst nicht am Tagesplan steht: nämlich welche Chancen und Herausforderungen die Lebensmittelindustrie im Zusammenhang mit dem Megatrend Urbanisierung bereits beschäftigen bzw. wie damit in Zukunft umgegangen werden kann.  . 

Urbane Lebensmittelproduktion

Sieht man sich die Entwicklung vor einem Jahrzehnt an, so konnte man erkennen, dass viele Lebensmittelhersteller die Stadt verließen, um auf der Grünen Wiese ihre neuen Fabriken zu errichten – teils aufgrund der Platzprobleme in der Stadt, teils aufgrund von ansteigenden Kosten bei Renovierungen. Und auch aufgrund besserer Möglichkeiten Arbeitskräfte zu bekommen.

Seit einigen Jahren gibt es nun den Gegentrend zu urbanen Produktionen. DI Oskar Wawschinek, Gründer und Geschäftsführer bei Food Business Consult, sieht oftmals eine Verzerrung in der Perspektive: „Eine romantische Vorstellung der Konsumenten sagt oft: groß ist böse, klein ist gut. Vor allem, wenn es um Lebensmittelproduktion geht.“ Es ist jedoch enorm wichtig zu wissen und zu verstehen, dass die großen Lebensmittelproduzenten in Österreich sehr hohe hygienische Auflagen haben, die in kurzen und intensiven Abständen kontrolliert werden. Dazu gibt es jede Menge gesetzliche Vorgaben. Denn: Lebensmittelsicherheit ist unteilbar, man muss sie ganz erfüllen, meint der Experte. 

„Herkunft ist ein Thema, das vermeintlich verhindern soll, dass man getäuscht wird“, so Wawschinek. Doch hier läuten alle Alarmglocken: nur mit einer ausgezeichneten Hygiene und Zertifizierung in der Lebensmittelproduktion ist man auf der sicheren Seite, egal, ob klein oder groß.

"Herkunft ist ein Thema, dass vermeintlich verhindern soll, dass man getäuscht wird" DI Oskar Wawschinek

Einkaufen mit Maß und Ziel

Die unlängst mit dem Nachhaltigkeitspreis der Businessart ausgezeichnete Andrea Lunzer ist mittlerweile mit ihrem Konzept „Unverpackt“ über viele Grenzen hinaus bekannt. Im 2. Wiener Gemeindebezirk führt sie den Markt, der bis dato ein Solist ist und es mit ihr als Geschäftsführerin auch bleiben soll. Franchising kann angedacht werden. 2014 hat sich Andrea Lunzer selbstständig gemacht. Damals hat sie sich deshalb über den Schritt gewagt, da sie viel Erfahrung in großen Unternehmen – auch im Marketing – sammeln konnte. Sie ging also nicht blauäugig in den Lebensmittelhandel hinein, sondern wusste, was auf sie zukommt. Und es ist wahrlich eine Herausforderung, die erste Person im deutschsprachigen Raum zu sein, die ihre Ware lose verkauft. Nun gibt es bereits 150 Anbieter in Deutschland und Österreich.

Ihre Produkte sucht sie alle selbst aus, sie sind biologisch und sie hat sich auch um die großen Abfüll-Verpackungen im Geschäft selbst gekümmert. Denn hier zählt nicht nur die Optik, sondern, wie überraschend, auch wieder die Hygiene. Wenn sie nicht offen und lose verkauft (60% der Ware), dann kommt die Ware in ein Pfandglas oder eine Pfandflasche. Die Kunden kommen oft von weit her und sind aus allen Alters- und Einkommensgruppen. Lunzer arbeitet nach der klassischen Abfallhierarchie: Vermeiden, Reduzieren, Wiederverwenden. Mittlerweile ist sie sehr etabliert mit ihren Ideen zur Abfallvermeidung, dass sie auch große Unternehmen aus dem Handel berät und mit der TU Wien zusammenarbeitet. 

Was werden wir essen?

Ein beachtlicher Teil der Vorträge widmete sich dem Thema: Nahrungsmittel der Zukunft. Dabei brachte Bernhard Degen vom Falstaff Online einige Beispiele regionaler und lokaler Natur, die für die Zukunft sehr interessant sind.

Marchfelder Edelzuchtpilze sind gerade im Aufbau begriffen und sehen den Bedarf an pflanzlichen Eiweißen in Zukunft steigen. Die Produktion geht stetig bergauf und verläuft linear mit dem Wunsch nach veganer Ernährung. Heute gibt es die Kräuterseitlinge schon bei Rewe und Spar.

Hut und Stiel pflanzt Pilzsporen in Kaffeesud und macht daraus auch ein Projekt für zu Hause. Nun kann jeder seine eigene kleine Pilzzucht betreiben.

Fisch- und Garnelenzuchten aus Österreich boomen. Man kennt Alpenlachs, Gut Dornau und Waldland. Aber nun gibt es auch heimische Garnelen in Rottenmann, die als Nebenprodukt einer Forstwirtschaft entstanden sind und den thailändischen Garnelen um nichts nachstehen. 

Aquaponik, also Fisch und Gemüse aus nachhaltiger Kreislaufwirtschaft, wie etwa vom Unternehmen Blün mit Spezialisierung auf Welse betrieben, bringenden heimischen Fischbedarf in Schwung.

Sehr interessant war auch die Präsentation von Dr. Daniel Mohr, der seine eigene Insektenfarm erklärte. Denn: Insekten werden – ob wir es wollen oder nicht – in Zukunft Teil unseres Essens sein. Aufgrund schwindender Lebensmittelproduktionen im klassischen Sinne und einer gleichzeitig steigenden Bevölkerung auf der Welt, werden Insekten in der Nahrung ein großes Thema.

Daniel Mohrs Unternehmen heißt Plumento Foods. Seine Erfahrung in diesem Bereich ist überwältigend und trotzdem wird er noch auf viele Dinge kommen, die das Thema betreffen. Fix ist, dass es sich bei der Haltung um eine artgerechte Haltung handelt und die Tiere auch ohne Schmerzen etc. getötet werden. Plumento erzeugt aus den Buffalo Würmern (kleine Mehlwürmer) Mehl und schließlich daraus Pasta. Als großen Partner hatte Daniel Mohr immer schon Metro mit seiner Plattform NX Food hinter sich.

Es geht um Hygiene, Regionalität und Abfallvermeidung

Perfekt in diesen urbanen Kontext passt ein neues Produkt aus dem Hause Air Liquide, es nennt sich Cryocity und ist wohl eine echte Innovation. Im Einsatz in Wien ist es bereits bei der „Die Menü-Manufaktur“ (Essenbelieferung) mit einem Klein-LKW. Das System in Kürze: Mit Cryocity steht eine alternative, umweltfreundliche und nahezu geräuschlose Transportkühllösung, die auf einer indirekten Kühlung mit Trockeneisschnee basiert, zur Verfügung.   Trockeneisschnee hat mit -78°C eine hohe Kühlleistung, die völlig unabhängig vom Fahrzeugantrieb arbeitet. Ob während der Fahrt oder im Stand, Tür auf oder Tür zu, es bleibt kalt im Wageninneren - ganz ohne ratternden Kompressor und Verbrauch von Treibstoff, wie bei konventionellen Kühlsystemen. Diese Methode ist einzigartig und wird in Zukunft enorm wichtig, wenn die e-Autos die Stadt erobern. 

Den Ausklang des Events brachte eine spezielle Führung durch die Ottakringer Brauerei mit dem 1.Braumeister DI Tobias Frank sowie ein Vortrag über tatsächliche und empfundene Hygiene von Schülke & Mayr GmbH.

Wolfgang Oberascher von der Wiener Menü-Manufaktur

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geschrieben am

28.11.2019