Export: Industrie braucht Unterstützung
Man muss unterscheiden zwischen agrarischen Produkten und verarbeiteten Produkten, wenn es um den Export geht. Christina Mutenthaler-Sipek, Geschäftsführerin der AMA Marketing und Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbandes der Lebensmittelindustrie zeichneten jüngst ein sehr klar umfassendes Bild der Exporte österreichischer Lebensmittel.
Agrarprodukte aus Österreich inkl. Erzeugnisse der österreichischen Lebensmittelindustrie finden international großen Absatz. Mengenmäßig wurde im ersten Halbjahr 2024 wieder mehr exportiert, hier stiegen die Exportmengen um 7,2 Prozent. Jedoch zeigt sich das Ausnahmejahr 2023 mit hoher Inflation und hohen Energie- und Rohstoffpreisen nun auch im Gesamtwert der agrarischen Exporte im ersten Halbjahr: Diese liegen laut den vorläufigen Ergebnissen der Statistik Austria mit 8,291 Mrd. Euro um 2,3 Prozent unter dem Vorjahreswert. Das ergibt eine negative Agraraußenhandelsbilanz Österreichs von minus 907 Millionen Euro.
Agrarprodukte haben es etwas leichter
Die AMA Marketing wird nicht müde die Export-Initiativen für Agrarprodukte im Ausland zu fördern. Messen, wie SIAL in Paris, Biofach in Nürnberg oder Anuga in Köln sind wichtige Plätze für Österreichs Schätze.
Dazu kommt auch, dass das neue AMA Gütesiegel Tierhaltung + für den deutschen Handel eine der wichtigsten Umsetzungen im Siegelbereich der letzten Jahre war. Somit können alle Produzenten, die das Siegel haben, getrost ihre Waren exportieren.
Im Fokus der österreichischen Exporttätigkeiten stand auch im ersten Halbjahr 2024 ganz klar der deutsche Markt, in den wert- und mengenmäßig mehr als im Vorjahr exportiert wurde. Deutschland ist als Exportmarkt für den heimischen Agrarsektor wichtiger geworden als je zuvor. Top-Exportprodukte sind Käse, Wurst und Speck sowie Milchprodukte.
Beim Exportprodukt Nummer eins, Käse, kann Österreich Richtung Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit weiter beweisen. Denn trotz eines leichten wertmäßigen Exportrückgangs von 2,7 % aufgrund der mittlerweile wieder gesunkenen Preise, zählt Käse zu den wichtigsten Exportgütern. Käse im Wert von 250 Mio. Euro wurde nach Deutschland exportiert. „Bei den Lebensmitteln sind Milch- und Milchprodukte, allen voran der Käse, nach wie vor DER Exportschlager, auf den wir sehr stolz sein können“, so Mutenthaler-Sipek.
Weitere bedeutende agrarische Warengruppen im Export nach Deutschland sind anteilsmäßig Wurst und Fleischzubereitungen (17,4 %), Milch und Milcherzeugnisse (13,4 %) sowie Obst und Gemüse (11,0 %).
Konkret ist bei den Würsten und Fleischzubereitungen ein wertmäßiges Exportplus von 16,9 % und ein mengenmäßiges Exportplus von 19,3 % zu verzeichnen.
Frisches Obst und Gemüse erzielt eine Steigerung der Exporte von 9,4 % im Wert und 1,1 % in der Menge.
Lebensmittelindustrie bangt um Export und veröffentlicht Forderungen
Auf Deutschland ist weiterhin Verlass, wenn es um die Exporte der österreichischen Lebensmittelindustrie geht. Die Exporte nach Deutschland sind im ersten Halbjahr 2024 gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum gestiegen (Wert +4,0 %, Menge +11,4 %). Rund 37 % aller Exporte der Lebensmittelindustrie gehen in unser nördliches Nachbarland. Deutschland bleibt damit der wichtigste Handelspartner der heimischen Lebensmittelindustrie. Wie bedeutend Deutschland für die heimischen Lebensmittelexporteure ist, zeigt sich wie folgt: Rechnet man die Lieferungen nach Deutschland aus den österreichischen Lebensmittelgesamtexporten heraus, weist die Exportbilanz für das erste Halbjahr 2024 eine rückläufige Entwicklung von -2,2 % aus.
Insgesamt bleibt der EU-Binnenmarkt für die heimische Lebensmittelindustrie der wichtigste Absatzmarkt: 75 % ihrer Exporte gehen in die EU (3,9 Mrd. Euro, +4,7 %), 25 % in Drittstaaten (1,3 Mrd. Euro, -11,7 %). Auf Drittstaaten außerhalb Europas wie den USA, Kanada oder Asien entfallen rund 13 % des Gesamtexportvolumens (693 Mio. Euro, -17,5 %).
Aber: Im ersten Halbjahr 2024 hat unser Lebensmittelexport im Vergleich zum Vorjahr an Schwung verloren und stagniert bei einer schwarzen Null. Der Wettbewerbsdruck für österreichische Lebensmittel auf den Auslandsmärkten nimmt zu“, erklärt Mag. Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie. Die hohen Arbeits- und Energiekosten im Inland sind eine der vorrangigen Ursachen dafür, dass die heimischen Lebensmittelhersteller gegenüber ihren internationalen Mitbewerbern derzeit preislich an Wettbewerbsfähigkeit verlieren.
„Der Lebensmittelexport hat sich eingebremst. Wir verzeichnen eine schwarze Null, die hauptsächlich auf verlässliche Exporte nach Deutschland beruhen. Zusätzlich sind die Importe bei den Erzeugnissen der Lebensmittelindustrie im ersten Halbjahr 2024 wertmäßig um 11,9 % und mengenmäßig um 10,1 % überdurchschnittlich gestiegen und liegen bei 4,5 Mrd. Euro. Der Wind auf dem Inlandsmarkt und auf den Exportmärkten wird für die heimischen Lebensmittelhersteller jedenfalls rauer“, so Koßdorff.
Aber auch eine fehlende Unterstützung der Export-Initiativen ist mit ein Grund, warum die Bilanz schlechter ausgefallen ist. „Wir brauchen Türöffner in andere Länder“, so Koßdorff.
Die Neun-Punkte Forderung
„Angesichts des schwierigen Inlandsmarktes ist der Export für die Branche unverzichtbar, um Produktion und Jobs im Land zu sichern. Die Lebensmittelhersteller müssen dafür international wettbewerbsfähig bleiben“, so Koßdorff. Auch der Draghi-Bericht attestiert Handlungsbedarf für mehr Wettbewerbsfähigkeit in Europa. Die Krisen der letzten vier Jahre haben eindrücklich gezeigt, dass nur eine starke und resiliente Nahrungs- und Genussmittelindustrie im eigenen Land die Versorgung der Bevölkerung zu jedem Zeitpunkt mit besten Lebensmitteln, Getränken und Futtermitteln in ausreichender Menge gewährleisten kann. Deshalb formuliert die Lebensmittelindustrie 9 Forderungen für eine starke Wettbewerbsfähigkeit der Branche an die neue Bundesregierung:
- Leistbare Arbeits- und Energiekosten
- Faire Wettbewerbsbedingungen entlang der Lebensmittelkette
- Freie Fahrt im Export
- Einen starken EU-Binnenmarkt statt Re-Nationalisierung und Gold Plating
- Einen Stopp der Überregulierung
- Eine leichtere Transformation zu mehr Nachhaltigkeit
- Lösungen für den Arbeitskräftemangel
- Krisenresilienz der Branche für die Versorgungssicherheit des Landes
- Ernährungsbildung für eine gesunde Lebensweise
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