„30-Tage Preis“ im Handel
Gerade erst hat der VKI Klage gegen die Werbung einer Lebensmittelhandelskette eingereicht, da diese mit einer irreführenden Preissenkung geworben hatte. Und auch das Marktamt in Wien kontrolliert derzeit erstmals die korrekte Einhaltung der Vorgaben zur Auszeichnung des „30-Tage Preises“ im Handel. Händler müssen gemäß §9a Preisauszeichnungsgesetz bei der Ankündigung von Preisnachlässen den sogenannten 30- Tagespreis, also den niedrigsten Preis, der zumindest einmal in den letzten 30 Tagen vor der Preisermäßigung verlangt wurde, angeben. Im Falle von Beanstandungen werden äußerst kurze Fristen zur Umsetzung gesetzt.
Welche Fragen stellen sich für Händler? Die Taylor Wessing Experten Martin Prohaska-Marchried und Erik Steiner erklären was bei „Streichpreisen“, Rabatten, UVP’s und dem Werben mit Preisermäßigungen zu beachten ist.
1. Welche Ermäßigungen fallen unter den §9a Preisanpassungsgesetz (PRAG)?
Der 30-Tagespreis ist anzugeben, wenn der Unternehmer mit einer messbaren Preisermäßigung wirbt. Typische Fälle sind: Stattpreise und Rabatte. Prohaska-Marchried/Steiner: „Wichtig für die Werbung sind die Ausnahmen und die Gestaltungs- möglichkeiten mit UVP-Preisen und Set-Aktionen.“
2. An wen richtet sich §9a PRAG und wer ist ausgenommen?
Die Vorschrift richtet sind an Unternehmer, die Waren an Verbraucher (B2C) verkaufen. Nicht erfasst sind Vermittlungsdienste, wie Online-Marktplätze oder auch Preisvergleichsplattformen.
3. Welche Preisermäßigungen sind ausgenommen?
- Allgemeine Marktkommunikation, wie „bester Preis“ oder „niedrigster Preis“
- Personalisierte Preisermäßigungen, z.B. aufgrund von früheren Einkäufen, Geburtstagen
- Preisvergleiche bei Mengenrabatten, etwa „Zwei zum Preis von Einem“
- Vorsicht: Bei einer Aktion wie „-50% beim Kauf eines zweiten Produkts“ ist der 30-Tagespreis anzugeben. Eröffnungs- und Sonderpreise, wenn nicht vorab angekündigt
- Preisvergleiche mit anderen Unternehmen
- Angekündigte Ermäßigungen durch Kundenkarten, Treueprogramme oder Gutscheine
- Preisvergleiche mit UVPs
- Praxistipp: Der UVP ist vergleichend darzustellen und darf jedenfalls nicht durchgestrichen werden.
Prohaska-Marchried/Steiner: „Die Ausnahmen finden sich nicht direkt im Gesetz sondern in den Erläuterungen. Dies könnte bei einer Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof spannend werden. Das LG Düsseldorf hat dem EuGH zur deutschen Parallelbestimmung bereits erste Fragen vorgelegt.“
4. Was gilt bei Preisermäßigungen auf „Sortiment“ oder Warengruppen?
Auch allgemeine Ankündigungen wie z.B. „minus 20% auf das gesamte Sortiment“ fallen in den Anwendungsbereich des §9a PRAG. Prohaska-Marchried/Steiner: „Bei allgemeinen Ankündigungen muss der 30-Tagespreis nicht bei der Ankündigung angegeben werden, sondern beim Produkt selbst, außer der ausgeschriebene Preis ist bereits der 30-Tagespreis.“
5. Wo und in welcher Form muss der „vorherige niedrigste Preis“ angegeben werden?
Hierfür gibt es keine gesetzliche Regelung und einen gewissen Gestaltungsspielraum in der Praxis.
6. Was gilt bei der Berechnung der 30 Tage: Öffnungs-, Werk- oder Kalendertage?
Für die Berechnung sind die Kalendertage heranzuziehen.
7. Mit welchen Konsequenzen müssen Unternehmer bei Nicht-Einhaltung des §9a PRAG rechnen?
Für jeden Verstoß droht eine Verwaltungsstrafe von bis zu 1450 Euro, die sich grundsätzlich gegen den Filial- bzw. Geschäftsführer richtet. Bei über längerer Zeit fortgesetzten Verstößen kann dies rasch „teuer“ werden.
Prohaska-Marchried/Steiner: „Auch der Verein für Konsumenteninformation und der Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb können Verstöße gegen den § 9a PRAG aufgreifen. Diese Verfahren – nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb – haben in der Praxis auch eine Urteilsveröffentlichung ("IM NAMEN DER REPUBLIK“), insbesondere auf der Startseite des Unternehmers zu Folge.“
8. Wie sollten sich Händler bei Kontrollen durch die Behörden verhalten?
Wesentlich ist, dass sich Händler kooperativ verhalten und die Dokumentation zu dem in den letzten 30 Tagen verlangten Preis für die Kontrollorgane bereithalten. Dies kann auch derart erfolgen, dass ein entsprechend geschulter Mitarbeiter in der „Zentrale“ die Informationen zum 30-Tagespreis der Filiale bei einer Kontrolle übermittelt. In der Praxis hat es sich bewährt, diese Vorgangsweise in Workshops mit den Mitarbeitern zu trainieren.
9. Wie sollten sich Händler bei Abmahnungen, etwa durch den Schutzverband, verhalten?
Bei Abmahnungen ist zunächst zu prüfen, ob nicht einer der Ausnahmetatbestände vorliegt. Weiters sollte geprüft werden, ob mit Blick auf das anhängige Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH eine Frist- erstreckung verhandelt werden kann bzw. im Falle eines Gerichtsverfahrens eine Verfahrensunterbrechung möglich wäre.