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Fordern die Senkung der Strompreise (v.l.): Christoph Tamandl, Hannes Wuchterl, Christof Kastner, Christian Prauchner, Wolfgang Benischko und Andreas Haider.

Ein Tsunami in der Nahversorgung droht!

Es ist die Ruhe vor dem Sturm. Die selbstständigen Lebensmittelhändler in Österreich richten einen dringenden Appell an die Regierung: Runter mit dem Strompreis!

9500 Standorte gibt es im österreichischen Lebensmittelhandel: 3700 Standorte sind filialisiert und haben 103.000 Mitarbeiter. Mehr als 1600 selbstständige Kaufleute sind bei Adeg, Nah&Frisch, Spar Unimarkt und Sutterlüty angedockt. Sie beschäftigen 14.000 Mitarbeiter und zeigen eine starke Präsenz im ländlichen Raum.
2500 unabhängige selbstständige Lebensmittelhändler (vom Greißler ums Eck bis zum Bioladen) mit mehr als 4100 Verkaufsstellen und 13.000 Mitarbeitern sorgen ebenfalls für die Nahversorgung in Österreich.

Nun ist tatsächlich Gefahr in Verzug: wenn die Strompreise nicht gesenkt werden, dann werden in naher Zukunft viele dieser Nahversorger schließen. Derzeit gibt es 600 Orte in Österreich ohne Nahversorger. Dazu zählen auch Bäcker und Fleischer. Wenn sie nun alle die Energiekosten nicht mehr zahlen können, so ist die Prognose bis Ende 2023, dass es 1000 Orte ohne Nahversorgung gibt. Diese Aussichten sind fatal.

Es geht nicht um Förderung

Wichtig ist, dass es bei den Nahversorgern nicht um Förderungen geht. „Das wollen wir nicht“, so Adeg-Kaufmann und WKO-Präsident aus Salzburg, Peter Buchmüller. „Wir wollen nur, dass die Strompreise gedeckelt werden und dass man auf uns hört. Die Politik muss handeln“ Der Appel geht schwerpunktmäßig an den Finanzminister, den Wirtschafts- und Arbeitsminister und an die Umweltministerin. „Wenn die kleinen Nahversorger zusperren müssen, wären wir zwar CO2-neutarl, aber tot“, so KR Christof Kastner, Geschäftsführer der Kastner Gruppe.

Dazu kommt, dass die Selbstständigen Nahversorger eine wichtige soziale Rolle im Land einnehmen: für die Versorgung vor Ort, als PostPartner, als Kommunikations-Plattform für die – auch ältere Bevölkerung.

Die selbstständigen Lebensmittelhändler fordern daher:

  • Leistbare Strom- und Energiepreise
  • Planbarkeit für die Zukunft
  • Rasches Handeln der Regierung
     

Christian Prauchner, Selbstständiger Kaufmann bei Spar und Bundesobmann des Lebensmittelhandels WKÖ„Es ist eine Frage des Atems, wen es bei den steigenden Energiekosten zuerst trifft, ja, die großen Lebensmittelhändler treffen die Energiekosten auch, aber ihre Strukturen sind anders. Ich bin selbstständig und beschäftige in meinen Betrieben 150 Mitarbeiter und betreibe seit 27 Jahren ein Geschäft. Ich bin der Unternehmer, also selbstständig. den großen trifft es auch, aber die Strukturen sind anders. Wir waren lange die Helden im Lebensmittelhandel, wenn nicht bald etwas passiert, dann gibt es ein Heldensterben im Lebensmittelhandel. Bisher beliefen sich die Stromkosten in der Branche auf 1% des Umsatzes. Das ist heute anders. Sie steigen auf 3-4% des Umsatzes, das ist nicht mehr verdienbar. Wenn wir die Energiekosten in Verbraucherpreisen weitergeben, dann würden wir an der Bevölkerung Schaden anrichten. In meinen drei Betrieben würde ich im nächsten Jahr im übrigen 368.000 Euro für Strom zahlen – statt heuer 131.000 Euro. Das übersteigt sogar die Rendite, die im Lebensmittehandel sowieso gering ist. Der Lebensmittelhandel erwirtschaftet traditionell sehr geringe Umsatzrenditen von rund 1% des Nettoumsatzes vor Steuern“.

KR Peter Buchmüller, Adeg Kaufmann und Präsident der WK Salzburg: „Auch bei meinen Betrieben schlagen die Mehrkosten eklatant zu. Sie würden sich 2023 um 200.000 Euro erhöhen. Ich fordere seit Monaten auf gegen die hohen. Das Felbermayer Modell wäre ein guter Zugang: Ein gewisser Anteil des Stromverbrauchs des Vorjahres – zum Beispiel 80 % – könnten als Freistrom für null Euro hergegeben werden. Der Rest soll zu Marktpreisen verrechnet werden. Und ich bin für die Aussetzung des Merit Order-Systems. Nehmen wir das Beispiel der Salzburg AG: der Strompreis ist um das 11fache gestiegen. Zu den Stromkosten kommen dann die steigenden Personalkosten und Transportkosten dazu. Unsere Marge ist 2022 um 0,8% gestiegen, aber die Kosten haben alles aufgefressen“.

Wolfgang Benischko, Nah& Frisch Kaufmann und Vize-Obmann des Lebensmittelhandels: „Ich habe 21 Mitarbeiter in zwei Geschäften und ich habe in meiner ganzen Laufbahn nie daran gedacht Mitarbeiter zu kündigen und abzubauen. Mit den derzeitigen steigenden Stromkosten muss ich aktuell zu Mittag zwei Stunden schließen und laufe somit Gefahr meine Kunden an den Diskont zu verlieren. Ich muss aber Stromkosten sparen. Ich habe mir noch zwei Monate gegeben, wenn sich die Situation nicht ändert, werde ich wohl einen Standort schließen müssen. Ich drehe seit jeher jeden Cent um, aber jetzt sehe ich keine Lösung mehr. Wir befinden uns in einer Schockstarre, so arg war es noch nie – nicht einmal in den Generationen zuvor. Ich möchte nicht später mit Schulden in Pension gehen und auch keinen Kredit bei einer Bank aufnehmen – den würde ich sowieso nicht bekommen. Kaufmann zu sein bedeutet nicht Millionär zu werden, aber so geht es wirklich nicht.

KR Christof Kastner, Geschäftsführer der Kastner Gruppe und Vize-Obmann des Lebensmittelhandels in der WKÖ: „Wir leben von der Arbeit und dem Erfolg unserer Nahversorger. Aktuell versorgen wir 200 Lebensmittelhändler und 700 Biohändler. Nicht nur unser Strompreis hat sich drastisch erhöht, natürlich auch der unserer Kaufleute. Deshalb gilt: die Strompreise müssen runter, die Liquidität muss gesichert sein.

Mag. Hannes Wuchterl, Geschäftsführer der Nah & Frisch: „Wir repräsentieren die ländliche Nahversorgung, vor ein paar Monaten waren wir noch die wichtige Infrastruktur des Landes. Jetzt stehen wir knapp vor dem Ruin, aber man darf nicht vergessen: wenn die Nahversorger zusperren, werden sie nicht mehr aufsperren. Wir stehen nicht nur vor einem großen wirtschaftlichen Thema, sondern auch vor einem sozialen Problem. Wir brauchen schnell Unterstützung, nämlich jetzt!“

Dr. Andraes Haider, Geschäftsführer der Unimarkt-Gruppe: „Wir sind dort, wo filialisierte Händler NICHT mehr da sind. Normal haben wir 70 Unimarkt Franchisenehmer, davon haben fünf schon gekündigt-mangels einer Perspektive. Es ist lukrativer andere Jobs anzunehmen. Wir brauchen deshalb Signale von der Regierung!“

Lebensmittelhandel fordert Energiepreisbremse nach deutschem Vorbild

Der Energiekostenzuschuss der Regierung ist nicht hinreichend treffsicher – auch nicht in seiner Befristung auf den Zeitraum Februar bis September 2022. Man spricht sich nach deutschem Vorbild für eine Strom- und Gaspreisbremse aus.  

Der österreichische Energiekostenzuschuss ist deshalb für die Kaufleute nicht treffsicher. Die Schwäche ist, dass der Energiekostenanteil mindestens 3% des Produktionswertes betragen muss, aber im Zeitraum 01/22-09/22. Bei vielen Nahversorgern schlagen die explodierenden Stromkosten erst während des Jahres oder in den kommenden Wochen durch. Und selbst wenn die 3% Grenze erreicht wird, so werden nur 30% der energiemehrkosten ersetzt. Mit 70% Mehrkosten verbleiben die Händler in den roten Zahlen.

Angeführt finden Sie hier ein Rechenbeispiel eines Marktes mit 400 m2.

Rechenbeispiel 400 m2

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geschrieben am

21.10.2022