Dynamik im kroatischen Einzelhandel
Das BIP wächst in den letzten drei Jahren kontinuierlich zwischen 4,7% und 4,8% pro Jahr. Das kurbelt den Konsum an und stärkt Vertrauen der Verbraucher. Der Einzelhandel hat ebenfalls von der positiven wirtschaftlichen Entwicklung profitiert. Mit steigenden Verbraucherausgaben, stabilem makroökonomischem Wachstum und geringeren Importbarrieren, die durch die EU-Mitgliedschaft entstanden sind, hat ein verschärfter Wettlauf um Marktanteile begonnen. Paul Foley und Peter Harrer von Foley Retail Consulting geben einen Einblick.
retailreport.at: Wie ist der Lebensmitteleinzelhandelsmarkt in Kroatien strukturiert? Gibt es Unterschiede zu Westeuropa?
Foley und Harrer: Ähnlich wie in Westeuropa vor 20 Jahren, entscheiden sich kroatische Verbraucher immer mehr für den Einkauf in „modernen“ Geschäften“, in denen eine größere Auswahl an Produkten erhältlich ist. Der „traditionelle“ Handel stirbt langsam aus und wird vom Markt verdrängt (im Jahr 2018 nun mehr als 7.12% vom Markt).
Die Supermärkte sind mit 41% Marktanteil des modernen LEHs führend, gefolgt von Hypermärkten mit 19% und Discountern mit 14% (Quelle: Planet Retail).
Der typische Verbraucher ist preissensibel und reagiert gut auf Preis-Aktionen, die von großen Lebensmitteleinzelhändlern angeboten werden. Die kleineren lokalen Geschäfte vor Ort werden nur mehr für den schnellen Nachkauf frequentiert. Bis 2024 sollen sich diese Nahversorger weiter halbieren und nur noch 7,8% aller Lebensmittelumsätze in Kroatien ausmachen.
Sind Diskonter sozial akzeptiert?
Seit dem Eintritt in den kroatischen Markt vor 10 Jahren hat der deutsche Discounter Lidl sein Netz auf 97 Filialen erweitert. Von einem relativ unbekannten Einzelhändler hat es sich zu einem zuverlässigen Geschäft entwickelt, auf das 14,1% des kroatischen Lebensmitteleinzelhandelsumsatzes entfallen (Quelle: Planet Retail).
Die Verbraucher, insbesondere junge Familien, sind auf der Suche nach ihrem wöchentlichen Einkauf von Lebensmitteln sowie nach In-Out-Aktionen. Lidls Popularität wurde vor zwei Jahren zusätzlich gesteigert, als eine landesweite Diskussion durch einen Grundschullehrerbeitrag auf Facebook entstand.
Der Beitrag beschrieb, wie Kinder im Schulalter aus Familien mit niedrigeren finanziellen Standards von ihren Altersgenossen unter dem Begriff "Lidl-Kinder" festgehalten wurden, weil die Kleidung, die sie trugen, nicht gebrandmarkt, sondern (möglicherweise) in Lidl gekauft wurde. Dies löste eine Social-Media-Bewegung aus, in der Tausende von Kroaten, ja sogar Prominente, zugaben, dass ihre Kinder auch "Lidl-Kinder" sind. Was zunächst als abwertender Begriff in Kindergärten und Schulen begann, wurde bald zu einer sozialen Sensibilisierungskampagne, in der die Verbraucher dem Einzelhändler die Anerkennung gaben, Qualitätsprodukte zu einem niedrigeren Preis anzubieten, und den Kindern, die Nicht-Marken-Kleidung tragen, das Stigma abnahmen.
Können Sie einige Zahlen und Fakten über den kroatischen Einzelhandelsmarkt angeben? Marktführer? Hauptakteure? Marktwert des Lebensmitteleinzelhandels?
Der Gesamtmarkt beträgt 4,2 Mrd. € (ca. 1/5 von Österreich) und ist zunehmend kompetitiv. Die nationalen Einzelhändler (Konzum, Plodine, NTL, etc.) sind nach wie vor führend und machen 53% Umsatzes aus.
Bei den internationale Einzelhändlern führt die Schwarz-Gruppe mit ihren beiden Marken Lidl und Kaufland mit rund 26% Marktanteil im Jahr 2018.
Nachdem Agrokor, die Muttergesellschaft des führenden kroatischen Einzelhandelsunternehmens Konzum (34,8% Marktanteil), 2017 durch eine Management-Krise kollabiert ist, wurde eine staatliche Verwaltung ernannt, um den größten Arbeitgeber im Land aufzufangen. Nach der Übernehme durch die neugegründete Fortenova-Gruppe 2019 gelang es Konzum wieder Marktanteile zu gewinnen.
Können wir von einem "kroatischen Markt" sprechen oder ist der Markt stärker fragmentiert?
Die Fragmentierung des kroatischen Marktes ist weitgehend auf einen der wichtigsten Treiber der kroatischen Wirtschaft zurückzuführen - den Tourismus, der die Konsumgewohnheiten der Verbraucher in verschiedenen Regionen und Jahreszeiten stark beeinflusst.
Kroatien - ein Land mit rund 4 Millionen Einwohnern - wird im Sommer jedes Jahr von rund 18 Millionen Touristen besucht. Für einige Küstenorte und -städte bedeutet dies einen Bevölkerungszuwachs von bis zu 300% (Touristen und inländische Arbeitskräfte).
Der Einzelhandel profitiert davon stark, da nur etwa 23% aller Touristen eine Hotelunterkunft suchen. Der Rest verbringt seinen Urlaub in Privatunterkünften (53%), Camps (21%) und anderen Resorts und kauft seine Lebensmittel in lokal ein (Quelle: Kroatisches Tourismusministerium).
Ein weiterer Faktor, der die Marktfragmentierung beeinflusst, ist die geografische Komplexität des Landes. Auch wenn die Küstenregion über ein sehr gut ausgebautes Straßennetz verfügt, stellen Inseln immer noch eine gewisse Herausforderung für den Einzelhandel dar, insbesondere für diejenigen, die auch Tourismusbetriebe beliefern. Nicht viele der 48 bewohnten Inseln in Kroatien verfügen über eine gut ausgebaute Straßeninfrastruktur, oder sind nur mit langen Warteschlangen für die Fähren in den Sommermonaten zu erreichen.
Mit welchen Herausforderungen sind die Einzelhändler in Kroatien konfrontiert?
Die größte Herausforderung für den Einzelhandel in Kroatien ist die Personalsuche, um die großen Touristenströme in den Sommermonaten bedienen zu können. Auch die Gastonomiebetriebe haben mit Personalengpässen zu kämpfen und bieten daher immer bessere Gehälter an. Dadurch ist es für den Einzelhandel noch schwerer in dieser Zeit Personal anzuheuern.
Derzeit unterstützt die Regierung die Sparte, indem sie Quoten für Ausländer aus nicht EU-Staaten zulässt, die in Kroatien Arbeit suchen. Dennoch besteht das Problem nach wie vor, so dass die Einzelhändler gezwungen sind, die Löhne zu erhöhen und ihre Arbeitskosten nicht nur saisonal, sondern auch unter dem Jahr kontinuierlich zu erhöhen.
Welche Einzelhändler aus Westeuropa sind auf dem kroatischen Markt vertreten?
Die erste ausländische Kette, die auf dem kroatischen Markt Fuß fassen konnte, war Billa im Jahr 1999. Vor Beginn der Wirtschaftskrise war Billa der fünftgrößte Einzelhändler in Kroatien, bis man sich 2016 schließlich aus dem Markt zurückzog und seine Aktivitäten an den konkurrierenden Spar verkaufte.
Kurz nach Billa, im Jahr 2001, kam Kaufland nach Kroatien. In 18 Jahren wuchs das Unternehmen auf 40 Filialen im ganzen Land und erreichte einen Marktanteil von 12%. Lidl (Marktanteil: 14%), ebenfalls zur deutschen Schwarz-Gruppe gehörend, brauchte deutlich weniger Zeit, um die Konsumenten zu gewinnen. Seit 2006 und der Eröffnung der ersten 13 Filialen an einem Tag ist der Einzelhändler 2018 auf 97 Filialen in ganz Kroatien angewachsen, wobei der Umsatz um rund 8% pro Jahr wächst.
Spar gewann ebenfalls Marktanteile, insbesondere durch die Übernahme von 62 Billa Filialen. Das Unternehmen, das derzeit 8% des Marktes hält, plant, seine Expansion mit Fokus auf die Küstenregionen fortzusetzen (Quelle: Planet Retail).
Die immer noch bürokratische und langsame Verwaltung, die mit der Gründung eines Unternehmens in Kroatien verbunden ist, stellt sicherlich eine Herausforderung für Unternehmen dar, die planen, in diesem wachsenden Markt Fuß zu fassen. Die vielversprechende Marktdynamik dürfte jedoch von anderen internationalen Einzelhändlern, die in den kommenden Jahren in neue Märkte expandieren wollen, nicht übersehen werden.
Welche namhaften westlichen FMCG-Unternehmen sind auf dem kroatischen Markt vertreten?
Fast alle globalen Marken sind auf dem Markt vertreten. In Erinnerung an die Zeit während der jugoslawischen Ära, als der Kauf importierter Waren angesichts des starken Nationalismus fast verpönt war, sind die Kroaten jedoch auch ihren nationalen Marken treu geblieben. Laut einer aktuellen Studie des Marktforschungsinstituts Ipsos (2016) sind 20 der 30 beliebtesten Marken lokal - insbesondere in den Kategorien Essen und Süßwaren. Internationale Marken sind in den Bereichen Haushalt und Kosmetik sehr erfolgreich (bspw. Ariel, Head & Shoulders, Nivea, Labello, etc.).
Sind kroatische Unternehmen daran interessiert, in den europäischen Einzelhandel zu investieren?
Aufgrund des regionalen, historischen und kulturellen Zusammenhalts versuchen große kroatische Unternehmen in der Regel, in einen der benachbarten Märkte, wie Slowenien, Bosnien und Herzegowina, Serbien und Montenegro, zu investieren.
Ein gutes Beispiel für diese Praxis ist das kroatische Unternehmen Fortenova (ehemals Agrokor), das hinter großen Handelsmarken wie Konzum (in Kroatien und Bosnien und Herzegowina vertreten) und Mercator (in Slowenien, Montenegro und Serbien vertreten) steht. Fortenova ist nicht nur der größte Einzelhändler auf dem Balkan, sondern auch vertikal integriert und besitzt einige große FMCG-Marken auf dem Balkan (z.B. Frikom, Ledo, Dijamant, Sarajevski Kiseljak).
Wenn einige Unternehmen in den kroatischen Markt eintreten wollen, was müssen sie dann tun?
Recherchieren Sie! Kroatien ist bekannt für administrative Hürden und langsame und manchmal unlogische Rechtsverfahren. Der Markt zeigt jedoch eine vielversprechende Entwicklung und die eher geringe Kundenbindung stellt für Marktneulinge eine große Chance dar. Einzelhändler, die mit dem Markt wachsen wollen, sollten darauf achten, wettbewerbsfähige Preise anzubieten - in diesem Sinne haben Discounter im Vergleich zu herkömmlichen Einzelhändlern einen guten Ausgangspunkt.
Foley Retail Consulting bietet Marktstudien für "Green Field"-Investitionen sowie Commercial Due Diligence bei möglichen Übernahmen im Retail-Bereich an.
Was sind die Stärken der Foley Einzelhandelsberatung? Warum sollte jemand mit FRC zusammenarbeiten?
Foley Retail Consulting ist ein qualifizierter Partner für alle Einzelhändler und FMCG Produzenten, die ihren Geschäftsumfang erweitern oder optimieren wollen. Unsere Berater - mit einer gemeinsamen Einzelhandelserfahrung von über 100 Jahren - bieten aufgrund ihrer ausgeprägten Spezialisierung gezielte, praktisch umsetzbare Lösungen an.
Wir bieten strategische Management Beratung und Empfehlungen, basierend auf drei Grundsätzen:
- Alle unserer Empfehlungen beruhen auf einer gründlichen Analyse der Kundensituation.
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