dm: Veredelung der Kundenwünsche
retailreport.at: Ein Generationenwechsel steht bevor: Was muss man sich darunter vorstellen? Welche Positionen stehen in weiterer Zukunft zur Verfügung?
Mag. Martin Engelmann , Vorsitzender der dm Geschäftsführung: Manfred Kühner wird im Laufe des Jahres als stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung in Pension gehen. Wir haben uns in der internationalen Geschäftsführergruppe gemeinsam darauf verständigt, dass ich bis auf Weiteres die Vorsitzrolle ohne Stellvertretung wahrnehme. Mein Geschäftsführermandat endet mit 2025, sodass für diesen Termin ebenfalls vorzusorgen ist. Ein entsprechender Nachfolgeprozess startet daher zeitgerecht ca. ab 2024. In weiterer Folge steht für mehrere Kollegen in der Geschäftsführung der Schritt in eine neue Lebensphase an und wir sorgen jetzt schon dafür vor, dass zu diesem Zeitpunkt eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen der nächsten Generation ausreichend Erfahrung sammeln konnte, um die dann freiwerdenden Verantwortungsbereiche zu übernehmen.
Bitte nochmals zur Erklärung: Es wurde nun also ein „ganz großer dm drogeriemarkt“ geschaffen, der alle Länder übergreifend entwickelt?
Nein, es wurde nicht ein großer neuer Apparat entwickelt, sondern wir hatten bis dato in der österreichischen Organisation eine Vermischung von Verantwortungsbereichen für den österreichischen Markt einerseits und für den gesamten Teilkonzern andererseits. Aus mehreren Gründen war es an der Zeit, die Zusammenarbeit diesbezüglich klarer zu organisieren. Aufgaben, die für mehrere oder alle Länder des Teilkonzerns wahrgenommen werden, werden nun in internationalen Fachbereichen gebündelt.
Heißt das im Umkehrschluss, dass ein Geschäftsleiter in Zukunft auch aus einem Verbundenen Land kommen kann?
In unserer Struktur ist Österreich gleichberechtigt mit allen anderen Ländern des Teilkonzerns – das betrifft natürlich auch die Besetzung von Führungsfunktionen. Dass das bis dato noch nicht der Fall war, hatte mehr mit der persönlichen Lebenssituation und Biografie der einzelnen Kolleginnen und Kollegen zu tun.
Auch wenn es strategisch besser für das Management ist, gibt es nicht doch auch Unterschiede im Konsumverhalten zwischen – sagen wir Serbien und Österreich?
Genau wie in der Vergangenheit sind unsere Kolleginnen und Kollegen in der Geschäftsleitung und im Management des jeweiligen Landes dafür verantwortlich, auf die ganz individuellen Bedürfnisse ihres Marktes einzugehen. Unsere neue Organisation sorgt sogar dafür, dass diese individuellen Anforderungen noch besser in übergeordnete Planungen einfließen können, weil noch weniger als bisher zuerst aus der österreichischen Perspektive gedacht wird, sondern von Anfang an ein umfassender Blick auf alle Länder stattfindet.
Deutschland ist und bleibt ein eigenes Land in der Geschäftsführung?
Im Verhältnis zwischen den beiden Teilkonzernen Deutschland und Österreich/CEE ändert sich nichts.
Was die Leser aus der Industrie interessiert: ändert sich für sie etwas? Bleibt Harald Bauer Ansprechpartner? Kann man (oder konnte man sogar) als Markenartikler in die Länder „mitgehen“?
Das Ressort Marketing und Einkauf für den österreichischen Markt wird von Petra Gruber und Christian Freischlager geleitet – die beiden Kollegen sind daher auch primäre Ansprechpartner für alles, das nicht auf der Ebene der Sortimentsmanager mit der Industrie bearbeitet wird. Harald Bauer verantwortet als Geschäftsführer weiterhin den internationalen Fachbereich im Sinne des strategischen Gleichklangs innerhalb der Gruppe.
Allgemein: Gibt es strategische Veränderungen (wenn auch nur kleine) bei dm drogerie markt? In welche Richtung geht das Unternehmen, was den USP betrifft?
In Marktstudien und Verbraucherbefragungen belegt dm drogerie markt regelmäßig Top-Platzierungen. In dieser Hinsicht sehen wir uns in unseren Bestrebungen, die Kundenbedürfnisse zu veredeln und unsere Kunden zu begeistern, bestätigt. Die Kundinnen und Kunden schätzen besonders das spezielle dm Einkaufserlebnis. Hinzu kommt, dass unsere dm Marken zu echten Love Brands avanciert sind, die wesentlich zur Kundentreue beitragen. Zu guter Letzt legen die Kunden seit einigen Jahren zunehmend Wert auf nachhaltigere Produktalternativen und auch nachhaltiges Wirtschaften. In diesem Bereich haben wir bei der Sortimentsgestaltung und der Produktentwicklung unserer dm Marken schon früh begonnen, entsprechende Schritte zu setzen. Hier und in unseren Prozessen – also im ökologischen Fußabdruck der Wirtschaftsgemeinschaft insgesamt – werden wir auch weiterhin kräftige Akzente setzen.
Wie hat sich das erste halbe Jahr 2021 entwickelt?
Das Jahr 2020 war stark geprägt von Corona-bedingten Effekten wie dem One-Stop-Shopping insbesondere im ersten Lockdown: Das veränderte Einkaufsverhalten durch die Pandemie führte einerseits zu deutlichen Umsatzverlagerungen in Richtung Lebensmittelhandel und benachteiligte wichtige Drogerie-Standorte in Einkaufszentren oder Innenstadtlagen ganz besonders stark. Gravierende Umsatzeinbußen hatten wir zudem in den Phasen der Grenzschließungen in grenznahen Filialen zu Italien, Ungarn und der Slowakei zu verzeichnen.
Heuer sehen wir, dass wir diese Covid-bedingten Abflüsse an den LEH nicht nur stoppen konnten, sondern dass wir in den Marktanteilen gegenüber dem Lebensmittelhandel wieder auf ähnlichem Niveau liegen wie 2019. Wir sind optimistisch, dass dieser Trend auch in den kommenden Monaten anhalten wird. Die Lockerungen für die Friseur- und Kosmetikstudios sollten dazu führen, dass auch unsere Dienstleistungsbereiche wieder stärker als Frequenzbringer fungieren und die Entwicklung zusätzlich befeuern können.
Wie geht es mit e Commerce? Wie sind hier die Entwicklungen bei dm? Und: Plant man neue Logistik Hubs in Österreich/Europa, die den eCommerce unterstützen?
Unser Webshop auf dm.at hat weiterhin sehr hohe und weiter steigende Zugriffszahlen – auch weil sich viele unserer stationären Kunden online über Produkte, Inhaltsstoffe, Anwendungen etc. informieren. Er leistet damit einen wichtigen Beitrag im Gesamt-Kommunikationsmix von dm. Der Umsatzanteil hat sich 2020 verdoppelt, entwickelt sich sehr dynamisch und bewegt sich nun in Richtung zwei Prozent. Damit ist dm.at bei Weitem unsere größte „Filiale“. Für das kommende Geschäftsjahr sind eine Reihe von Maßnahmen geplant, um Webshops und Filialen noch enger miteinander zu verknüpfen und unseren Kundinnen und Kunden damit weitere Servicefunktionen mit echtem Mehrwert zu bieten.
Das Interview führte Gabriele Jiresch.