Öffnung der Geschäfte - wer kontrolliert
Natürlich war noch niemand aus der Politik zuvor jemals in dieser Krisen-Situation und es ist für alle Beteiligten eine neue Situation, aber es fehlt der Faden der Orientierung, an den man sich halten kann. Die Tauchleine, an der man Schritt für Schritt aufwärts steigt fehlt zusehends: wer darf öffnen und wann? Bis wann ist Lockdown? Bleiben die Schulen offen oder schließen sie auch? Sind Ferien oder ist es Home-Schooling? Wer prüft etwaige Corona-Tests und wer ist dafür verantwortlich und die Hauptfrage: wer wird und vor allem WANN geimpft?
In Bezug auf Impfungen ist die anfängliche Euphorie schnell zunichte gemacht worden. Hört man aus Mediziner-Kreisen, dass eine Impfung tatsächlich das "normale" Leben wieder zurückbringen kann und es gar nicht so viele Impfgegener gibt, wie immer behauptet wird, so vermissen viele Führungskräfte aus unserer Branche den richtigen Start. So auch Mag. Günter Thumser, Geschäftsführer des Markenartokelverbandes, der sich mit einem Brief an die Regierung und ihre Spitze, Bundeskanzler Sebastian Kurz wandte: (Auszug): "Die aktuelle Situation um die Impfung führt unser Land jedoch in eine dramatische dead lock-Gefahr. Auf der einen Seite die offenbar immer zahlreicheren Kritiker, - oftmals (nur) politisch motiviert und von Eigennutz getrieben - die zu den klar Ablehnenden auch die allzu große Gruppe der Verunsicherten täglich weiter anwachsen lässt.
Auf der anderen Seite die nicht unerhebliche Gruppe der konstruktiv engagierten BürgerInnen, die persönlich und beruflich alles unternehmen, die Wirkungen der Pandemie in ihrem Umfeld so gering wie möglich zu gestalten (im Einklang mit den Maßnahmen der Regierung) - die sich auch heute positiv mit dem Morgen auseinandersetzen.
Das - zumindest gefühlte - kollektive Momentum zur gemeinsamen Bekämpfung der Pandemie wird immer schwächer - so unentschlossen werden wir auch im Herbst noch keine Besserung erreicht haben.
Gerade diese für unser Land oben beschriebene zweite Gruppe ist für die Überwindung sowohl der gesundheitlichen wie auch wirtschaftlichen und damit gesamtgesellschaftlichen Krise Österreichs mehr als entscheidend. Umso kritischer wohl, wenn genau diese engagierten Personen sich zunehmend in der (ungewohnten) Rolle von Passagieren eines Zuges nach Nirgendwo empfinden.
Wenn gerade sie eine Impfung positiv als wichtigstes Mittel einschätzen und gleichzeitig dauernd die Botschaft empfangen, ihr kommt dann ab Juni (vielleicht) dran, wiewohl jene, die vorher geimpft werden sollen, dies zu hohen Prozentsätzen ablehnen.
Mein dringender Vorschlag: Raschest PARALLEL zum offiziellen Impf-Prioritätenplan der BR ein wesentliches Kontingent freigeben für jene, die sich FREIWILLIG und GERNE impfen lassen wollen. Dies als stimmigen Teil einer - endlich!! - positiven Impfkampagne der BR zu integrieren, um so auch motivierende Stimmen (Meinungsbildner, Führungskräfte, ...) für einen Stimmungsumschwung der zögernden Mehrheit einzusetzen. Dies sollte auf einer offiziellen Regierungs-Homepage nach dem „first come first served“-Prinzip so lange offen laufen, bis die Prioritäten abgearbeitet sind.
So würden wenigstens die Willigen ermutigt, weiter zu kämpfen (auch in zahlreichen Überzeugungsgesprächen) und an der Zukunft des Landes konstruktiv zu arbeiten."
Vorreiter braucht das Land
Angelehnt an diese Botschaft von Günter Thumser an die Bundesregierung sieht sich auch der Geschäftsführer des Handelsverbandes in einer Situation, die nicht einfach ist: wenn der Handel wieder geöffnet wird, wer kontrolliert die Tests, die als "Eintritts-Tests" kommuniziert wurden. Und er geht einen Schritt weiter und bekennt sich sogar zu Kontrollen in all jenen Branchen, die eine lange Verweildauer haben. "Angesichts steigender Fallzahlen trotz des harten Lockdowns können Corona-Eintrittstests als Momentaufnahme in Bereichen mit langer Aufenthaltsdauer ein Teil der Strategie sein, um die Pandemie in den Griff zu bekommen und Arbeitsplätze abzusichern. Insbesondere, wenn die Alternative ein vierter Lockdown wäre, der unsere Volkswirtschaft wöchentlich zwei Milliarden Euro kostet. Etwaige Kontrollen können in der Praxis in zahlreichen Bereichen nicht von den Betreibern übernommen werden, hier sehen wir die Gesundheitsbehörden zuständig", sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer ersten Stellungnahme.
Wichtig ist jedoch, dass bei derart einschneidenden Eingriffen in die Grundrechte zum Wohle der Gesundheit der Bevölkerung möglichst mit Freiwilligkeit agiert wird und etwaige Zutrittsverpflichtungen nach Maß und Sinnhaftigkeit festgelegt werden. Bereiche mit geringer Kundenintensität wie der Handel müssen aufgrund der Systematik der losen Kundenanbahnung und zeitlich kurzer Kundenkontakte davon ausgenommen sein. Und: Regelungen dieser Art müssen möglichst rasch wieder aufgehoben werden, sobald sich die virologische Gesamtsituation verbessert bzw. Covid-Impfstoffe oder Medikamente flächendeckend für die Menschen verfügbar sind.
Damit die Maßnahme "Corona-Eintrittstest" überhaupt funktionieren kann, müssen erstens die Bundesländer eine permanente Coronatest-Infrastruktur aufbauen und zweitens auch die Kontrollen entsprechend geregelt werden.
Und Rainer Will ersucht um Gehör seiner Branche: Unzählige Händler und mehr als 100 Shoppingcenter hatten Gesundheitsminister Anschober bereits im November letzten Jahres entsprechende Test-Infrastrukturen angeboten. Auf eine Antwort aus dem Gesundheitsministerium warten die Betriebe leider bis heute.