Click & Collect: auf der Überholspur
Man könnte auch sagen: links überholt. Denn während der stationäre Handel geschlossen blieb und alle nur mehr von online sprachen, hat sich die Möglichkeit Click & Collect sehr gut entwickelt. Im Lebensmittelhandel ist einer der Pioniere Billa. Mehr als 600 Filialen sind bereits mit dem digitalen Abholservice ausgestattet.
Eine Studie des Institut für Handel, Absatz und Marketing JKU Johannes Kepler Universität Linz für die Wirtschaftskammer/Sparte Handel zeigt ganz deutlich, dass die Covid-19-Krise als „Entwicklungshelfer“ von Click & Collect in Österreich diente. 18 % der Konsumenten (16-74 Jahre) haben in der Corona-Krise Click & Collect genutzt – also Waren online bestellt und dann direkt im (bzw. in den Lockdowns vor dem) Ladengeschäft abgeholt.
Gegenüber dem letztverfügbaren Vergleichswert aus dem Jahr 2017 hat sich die Zahl der Konsumenten, die Click & Collect in Anspruch nehmen, von knapp 700.000 auf rd. 1,2 Mio. in der Covid-19-Pandemie nahezu verdoppelt. „Die hohe Dynamik zeigt, wie rasch der stationäre Einzelhandel in der Krise auf die veränderten Rahmenbedingungen reagiert hat, um Kunden mit Click & Collect ein zusätzliches Service bieten zu können“, erläutert Dr. Rainer Trefelik, Bundesspartenobmann der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich.
„Click & Collect bietet Konsumenten nicht nur einen Zusatzservice, sondern löst auch das Problem der letzten Meile für den Einzelhandel“, führt Univ.Prof. Dr. Christoph Teller, Vorstand des Instituts für Handel, Absatz und Marketing (IHaM) weiter aus. Die Selbstabholung der bestellen Waren durch Kunden verhindert Zustellprobleme und erspart den Händlern Zustellkosten und hohe Retourquoten.
„Da Click & Collect zumeist im Nahbereich genutzt wird, kann der Kaufkraftabfluss zu ausländischen Internetkonzernen eingebremst und gleichzeitig der heimische Einzelhandel unterstützt werden. Zudem können (spontane) Zusatzverkäufe bei der Warenabholung realisiert werden“, verweist Mag. Iris Thalbauer, Bundesspartengeschäftsführerin der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich auf weitere Vorteile.
Auch im laufenden Jahr 2021 rechnet Dr. Ernst Gittenberger vom IHaM mit einer anhaltend dynamischen Entwicklung. „Laut unseren Prognosen wird 2021 jede fünfte Konsumentin bzw. jeder fünfte Konsument online bestellen, um anschließend die Einkäufe direkt im Geschäft abzuholen“. Der Anteil von 20 % entspricht rd. 1,3 Mio. Käufern in der Zielgruppe 16 bis 74 Jahre und damit nochmals um rd. +100.000 mehr als 2020. Zudem planen 3 von 10 Käufer 2021 Click & Collect noch häufiger und 5 von 10 zumindest gleich oft für Ihre Einkäufe zu nutzen (lediglich 2 von 10 planen dies 2021 weniger häufig in Anspruch zu nehmen). „Das zeigt ganz klar, dass kanalübergreifendes Einkaufen auch in Österreich an Bedeutung gewinnt.“
Besonders beliebt ist Click & Collect in den Konsumentengruppen 25-34 Jahre und 35-44 Jahre. In diesen Alterskohorten bestellen bereits 28 % bzw. 27 % der Konsumenten Waren im Internet und holen diese anschließend direkt im bzw. vor dem Geschäft ab.
Interessant ist für die heimischen Multi-Channel-Händler darüber hinaus, dass insbesondere kaufkräftige Konsumentengruppen überdurchschnittlich oft Click & Collect nutzen. Zudem gilt: je häufiger online eingekauft wird, desto überproportional oft holen die Kunden ihre bestellten Waren gerne auch direkt im Ladengeschäft ab.
Vorteile
✓ Vorteile für Kunden: Mehr Flexibilität und bessere Planbarkeit, schnellere Verfügbarkeit, Kombinierbarkeit (Stichwort: Multi-Purpose Shopping Trips), Vertrauen auf physisch „greifbare“ Händler und Produkte, Zeitersparnis durch die Bereitstellung des Warenkorbes durch den Händler, keine Notwendigkeit Zeitfenster für Lieferungen zu berücksichtigen und keine etwaigen Liefergebühren.
✓ Vorteile für Händler: Vermeidung von Komplexität und Kostenintensität bei der Überwindung der letzten Liefer-Meile zu den Kunden wie Versandkostenersparnis und optimierte Logistikprozesse.
Das Wichtigste jedoch ist das zunächst nicht Offensichtliche: Die Online-Customer- Journey „berührt“ den stationären Handel und eröffnet Kunden die Möglichkeit in die dort bereitgehaltene Warenwelt bei Bedarf einzutauchen und sich inspirieren zu lassen (z.B. durch Beratung oder Interaktion mit Produkten). Insbesondere Warengruppen, die schwerer online zu verkaufen sind, erweisen sich plötzlich als Click & Collect-tauglich, da das wahrgenommene Kaufrisiko der Konsumenten durch die physische Präsenz des stationären Händlers automatisch sinkt.