Billas Big Data-Navigator
Bericht: Dr. Hanspeter Madlberger
Damit die Billa Filialen in Österreich und in den anderen acht Rewe International AG-Ländern im Umsatz-Wettrennen mit der Konkurrenz als Erste die Ziellinie überschreiten (oder zumindest einen Stockerlplatz erobern), bedarf es einer hochprofessionell gemanagten "Boxengasse". Diesen Job erledigt bei der Rewe International deren Vorstandsmitglied Christoph Matschke. Sein Ressort, zu Beginn dieses Jahres neu aufgestellt und erweitert, trägt die Bezeichnung "International Business Solutions" (kurz IBS) und umfasst die Abteilungen für Logistik, IT, Finanzen, Controlling und Human Relations sowie den Sender Radio Max.
„Die Logistik-Challenge und das neue 1x1 des Handels", so lautete der Titel von Matschkes Vortrag auf der MMM-Tagung. Gerade in Corona-Zeiten stehen die Signale auf Veränderung. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen leisten die Service-Dienste aus dem Backoffice der International Business Solutions einen eminent wichtigen Beitrag. Ganz konkret geht es um den Erfolg des Warengeschäfts an der Verkaufsfront. Zwar versteht sich seine IBS, wie Matschke lachend einräumt, nicht als Profit Center im wörtlichen Sinn - "Damit werden wir nie Geld verdienen!" - aber als unverzichtbarer "Taktgeber für Effizienz und Spitzenleistung".
IT-Abteilung mit 450 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
Kein anderes Handelsunternehmen in Österreich investiert so viel Manpower in die Digitalisierung wie die Rewe. Mit 450 Mitarbeitern ist die IT-Abteilung der RIAG im Bürokomplex am Wienerberg und in der Zentrale in Wiener Neudorf zugleich Thinktank und Kommandobrücke für Digitalisierungsprojekte im heimischen Rewe Handelsimperium. 30.000 Datenbank-Zugriffe pro Sekunde bewältigen die Rewe-Rechner, 237 Software-Applikationen kommen zum Einsatz. Die Kernsoftware basiert auf Oracle und man kann nur hoffen, dass die Umsatzprognosen und Bestellautomatismen für die einzelnen bei Billa gelisteten Artikel, die Oracle ausspuckt, nicht als bloße Wahrsagerei einzustufen sind. Der Ausbau des Onlinehandels ist der sichtbare, aber vergleichsweise kleine Teil des Digitalisierungs-Eisbergs. Immerhin wächst der Umsatz von www.billa.at in einem Tempo, das 2022 die Errichtung eines zweiten Fulfillment-Centers mit Standort im Großraum Wien erfordert. Viel rasanter entwickelt sich jedoch bei Billa und Bipa das Omnichannel-Modul Click & Collect.
Der große, von außen nur erahnbare Brocken der Rewe-Digitalisierungs-Offensive ist die strategische Weiterentwicklung der Warenwirtschafts-Prozesse, mit tiefgreifenden Auswirkungen auf die Management-Struktur: Matschke:"Das Datenmanagement zu beherrschen, ist für uns eine conditio sine qua non." Und etwas konkreter: "Unser Projekt sPort sieht die Umstellung von der funktionalen Aufgabenteilung hin zu einer Produkt-Organisation vor." Die Algorithmen mit ihrer künstlichen Intelligenz, das sind die neuen Heinzelmännchen, die den Rewe-Managern zur Seite stehen und wohl auch über die Schulter blicken.
Regionaloffensive und ihre Logistik-Folgen
Durch den Ausbau regionaler und lokaler Sortimente den Kunden ganz nah zu sein: So lautet eine Kernmaxime des neuen Rewe 1x1. Entsprechend konsequent wird in den Ausbau der Regionalläger und deren Logistik investiert. Aktuell verfügt Rewe über 21 Lagerstandorte in Österreich mit einer Gesamtlagerfläche von 933.000 m2. 3500 Mitarbeiter erledigen jährlich die Lagerung und den Transport von 423,2 Millionen Bestelleinheiten. Die Auslieferung erfolgt über 352 LKW, die p.a. 35,2 Millionen Kilometer zurücklegen. Anders als in Deutschland, wo die Rewe die Filialbelieferung weitgehend an Frächter übertragen hat, erbringt bei den Wiener Neudorfern der Eigenfuhrpark rund 60% der Lieferleistung. Bei der Umstellung von LKW- auf Bahn-Transport (Stichwort: Nachtsprung entlang der Westbahnstrecke) gäbe es noch Verbesserungspotential, erklärt Matschke auf Anfrage des Retailreport. Handlungsbedarf bestünde da vor allem auf Seiten der ÖBB: "Die Reaktionszeiten bei den Verladungen zwischen LKW und Bahn sind noch zu langsam."
Zur Person Christoph Matschke
Verantwortungsbereich: International Business Solutions – Finanzen, HR, IT, Logistik & Radio Max
(geboren im November 1974) ist seit Jänner 2017 Vorstand der Rewe International AG. Seine berufliche Laufbahn begann Matschke 2000 bei der Rewe Group als Projektmanager. Im Jahr 2002 wurde er zum Ländercoach für Penny International bestellt. Danach übernahm er die Bereichsleitung für Controlling und Rechnungswesen bei Penny National und Penny International. Zuletzt zeichnete Christoph Matschke als kaufmännischer Leiter für Penny International verantwortlich, bevor er in den Vorstand der Rewe International berufen wurde. Matschke hat ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Münster in Deutschland abgeschlossen.