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Bierkulturbericht 2022

Bierkultur: Nachhaltigkeit sehr wichtig

Der Bierkulturbericht 2022 sagt viel über Trends aus. Gabriela Straka im Interview über die aktuelle Situation.

Der 14. Österreichische Bierkulturbericht, der von der Kommunikationsabteilung der Brau Union Österreich auf Basis einer repräsentativen Studie des market-Meinungsforschungsinstituts herausgegeben wird, verfolgt den bierigen Lebenszyklus vom Feld bis zum Genuss und gewährt Einblicke in Verhalten und Prioritäten der österreichischen Biergenießer.
Gabriela Maria Straka, Director Corporate Affairs & ESG Sustainability bei der Brau Union Österreich, im Interview mit retailreport.at über die Energiekrise, Nachhaltigkeit und Lösungen.

retailreport.at: Die aktuelle Energiekrise stellt viele Herausforderungen an die heimische Industrie. Wie sieht es in der Bierbranche aus?

Gabriela Straka: Versorgungssicherheit, Frächterknappheit, Energiepreise bzw. auch -verfügbarkeit – all diese Themen haben nicht nur für die Bierbranche Relevanz, sondern sind übergeordnet. Ein Vorteil ist sicherlich, dass wir sehr regional funktionieren. Unsere Rohstoffe, Gerste und Hopfen, kommen zum überwiegenden Teil aus Österreich. Hier haben wir direkte langjährige, vertrauensvolle Beziehungen zu unseren Lieferanten, etwa den Hopfen- und Getreidebauern. Dennoch sind die Kosten für Getreide (Malz) gestiegen. In Österreich hat die Inflation ein 70-Jahres-Hoch erreicht und auch in der Eurozone ist sie auf einen Rekordwert gestiegen. Hauptpreistreiber sind die Energiekosten, Kosten für Strom und Gas, sowie rasant steigende Verpackungskosten wie z.B. Papier und Karton.

Welche Bereiche sind die kostenintensivsten?

Das Bierbrauen ist durch die Prozesse, die viel mit Hitze und später mit Kühlung zu tun haben, naturgemäß energieintensiv. Auch wenn wir bei der Produktion schon sehr viel mit nachhaltiger Energie abdecken bzw. in drei Brauereien, die Grüne Brauerei Göss, Schladming, Fohrenburg punkto Energieversorgung schon autark sind, stehen wir natürlich bei diesen enorm gestiegenen Energiepreisen unter Druck. Vor weitere Herausforderungen stellen uns auch die steigenden Kosten bei Glas und Aluminium.

Was musste man bereits im Vorfeld machen, um aktuell von der Krise nicht so stark betroffen zu sein?

Punkto Energiekosten ist ein Vorteil, dass wir in allen unseren Brauereien ohnehin auf einem „grünen Weg“ sind. Gemeinsam mit der Heineken-Familie haben wir das Ziel, bis 2030 als erstes Brauereiunternehmen weltweit in der gesamten Produktion nachhaltig zu sein und nur mehr mit erneuerbaren Energien zu arbeiten. Dass wir auf diesem Weg bereits viele Zwischenziele erreicht haben, heißt, dass wir schon vielerorts mit alternativen Energieformen arbeiten und dort sind wir nicht mehr so stark von volatilen Märkten abhängig. Bis 2040 wollen wir in der gesamten Wertschöpfungskette CO2 neutral arbeiten.

Was hat die Brau Union an ihren Standorten bereits gemacht?

Neben vielen Maßnahmen wie Photovoltaik- und Solaranlagen, der Nutzung von Wasserenergie, Fernwärme-Nutzung und Co ist heuer einer unserer Schwerpunkte etwa die „Biogas-Aufreinigungsanlage“ in Göss: Das aus dem Reststoff der Produktion, den sogenannten Biertrebern, hergestellte Biogas in der Grünen Brauerei Göss wird in einer neuen Anlage aufbereitet, sodass es nicht mehr nur für den Brauprozess genutzt, sondern sogar in das öffentliche Gasnetz eingespeist werden kann. Durch die Einspeisung von hochreinem, biogenem Gas ins öffentliche Netz und die gleichzeitige Betankung unserer Biogas-LKW aus dem öffentlichen Netz, begehen wir hier einen weiteren Weg in Richtung Kreislaufwirtschaft. In Zusammenarbeit mit vielen Projektpartnern wird die Anlage 2023 fertiggestellt.
Für die Brauerei Zipf wird an zwei Projekten für die Wärmeversorgung gearbeitet: einerseits ebenfalls eine Wärmeanbindung zu einem Hackschnitzelwerk eines benachbarten Sägewerks und andererseits die Produktion von Biogas aus Biertreber durch eine in der Nachbarschaft gelegene Biogasanlage. Die Brauerei Zipf wird nach der Umsetzung der beiden Projekte kein Erdgas mehr benötigen. 

Welche Maßnahmen waren die wohl wichtigsten?

Wichtig war bestimmt das Timing: Wer erst mit dem Weg zur Nachhaltigkeit und Autarkie erst nach Eintritt der Krisen begann, hat hier wohl eher das Nachsehen. Es ist ein Vorteil, dass wir schon sehr viele Maßnahmen umgesetzt hatten und nun tatsächlich einen Schritt voraus sind.

Wo verbinden sich nun Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit ganz besonders?

Ressourcenschonendes Arbeiten tut nicht nur der Umwelt gut, gesparte Energie und eingespartes Wasser ist am Ende auch eingespartes Geld – in Zeiten von Krisen und verrückter Märkte umso mehr. Neben dem Einsparen von CO2 setzen wir uns auch konsequent mit der CO2 Bindung durch Humusaufbau auseinander. Der Erdboden spielt hinsichtlich des Klimaschutzes eine tragende Rolle, denn er bindet große Mengen Kohlenstoff (C). Entweicht dieser, entsteht in Verbindung mit Sauerstoff (O2) daraus das Treibhausgas CO2. So kann das Thema Nachhaltigkeit zu einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten werden.

Die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Bierkulturbericht 2022

Bei 28 % der Österreicher landet Bier einmal im Monat im Einkaufswagen, 21 % kaufen alle zwei bis drei Wochen Bier für ihren Haushalt. Bei den beliebten Biersorten hat Märzen mit 56 % den höchsten Zuspruch, es folgen Pils (41%) und Zwickl (37%). Radler verzeichnet nach einer gewissen Stagnation in den Vorjahren einen Aufwärtstrend: 23 % der Österreicher trinken sehr gerne Radler, 27 % gerne. Auch die Regionalität ist ein Thema: 80 % der Befragten geben an, dass das Angebot von regionalen Bieren für die heimische Bierkultur sehr wichtig bzw. eher wichtig ist. Internationalem Bier geben nur 5 % der Österreicher den Vorzug.“ Mit dem regionalen Angebot in Handel und Gastronomie geben sich die Befragten auch zu großen Teilen zufrieden: 78 % der Österreicher geben dem regionalen Angebot im Handel die Note 1-2. In der Gastronomie sind 68 % mit dem Angebot zufrieden.

Auch wurde die Frage gestellt, zu welchem Bier Herr und Frau Österreicher greifen, wenn sie in einer anderen österreichischen Region urlauben. Und siehe da: Zwei Drittel (63%) zeigen sich probierfreudig und greifen zu dem regionalen Bier aus der Urlaubsregion lieber als zu einer anderen österreichischen Biersorte. Besonders auffällig ist das Ergebnis bei den reisenden Wienern: Sie greifen überdurchschnittlich (68%) zu der regionalen Sorte. 

Eine absolute Mehrheit (57%) ist sicher, dass alkoholfreies Bier an Ansehen gewonnen hat. Das ist ein Plus von 12 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Bei den regelmäßigen Bierkonsum unterschreiben sogar 60 % diese positive Veränderung. Auch beim Genuss von alkoholfreiem Bier sprechen die Zahlen für sich – tranken 2017 noch 17 % gerne alkoholfrei, sind es inzwischen 28 %. Besonders deutlich zeigt sich der Trend bei den Jüngeren von 18 bis 29 Jahren: Hier sind es 32 %.

Nachhaltigkeit bei Bier

Die repräsentative Studie zum Bierkulturbericht 2022 belegt, dass die Konsumenten sich Gedanken zum Thema Nachhaltigkeit machen: Als Kriterien für eine verantwortungsvolle und nachhaltige Bierproduktion sehen sie u.a. die Vermeidung von langen Transportwegen (64%), Verwendung von regionalen Rohstoffen (59%), Einhaltung von Umweltschutzauflagen (45%) oder auch die Reduzierung des CO2-Ausstoßes bei der Produktion (38%). 76% der Befragten geben an, dass ihnen wichtig ist, dass Brauereien in Zukunft CO2-neutral brauen. Auch Recycling ist ein Thema, so legen die Österreicher besonders darauf Wert, dass Bier in Mehrwegflaschen verkauft wird (61%), dass das Verpackungsmaterial zu 100% wiederverwendbar sind (54%). Dass in der Produktion die Ressourcen geschont werden, finden 44 % der Befragten besonders wichtig.

45 % der Österreicher würden sich laut Studie mehr Informationen zu nachhaltigem Bier wünschen. Hier gibt es eine deutliche Steigerung: 2016 gaben erst 29 % der Befragten an, dass sie gerne mehr Informationen zu diesem Thema hätten. Besonders interessieren sich die Befragten dabei für die Herkunft der Rohstoffe (70%), für Recycling (53%), die Transportwege zu und von der Brauerei (53%). Jeweils 41% interessieren sich für den CO2-Fußabdruck pro Krügerl und den Energieverbrauch im Brauprozess. Auch der Wasserverbrauch beim Brauen ist für 39 % von Interesse. Die jüngeren Befragten zwischen 18 und 29 Jahren interessieren sich überdurchschnittlich für den CO2-Fußabdruck (50%) und den Wasserverbrauch (43%).

 

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geschrieben am

04.11.2022