Spirituosen-Wettbewerb: Geschüttelt, nicht gerührt
Beam Suntory Austria mischt unter neuer Führung den heimischen Whisk(e)y-Markt (Bourbon und Single Malt) sowie den Premium-Gin-Markt kräftig auf. Nach Überwindung der Corona-Krise zeichnet sich bei der Zielgruppen-Ansprache eine neue Rollenverteilung zwischen Lebensmittelhandel und Gastronomie ab.
Die Corona-Pandemie hinterlässt im globalen und gleichermaßen im österreichischen Spirituosen-Business deutliche Bremsspuren. So ist infolge der Lockdowns vor allem das Geschäft der Nachtgastronomie in den Jahren 2020 und 2021 stark eingebrochen. Carmen Hosa, die seit heurigem Frühjahr als neue Commercial Managerin für das Geschäft von Beam Suntory in Österreich und in der Schweiz verantwortlich zeichnet, setzt im Vertrieb auf eine Doppelstrategie:
Weil viele Liebhaber der Suntory-Leitmarke Jim Beam wegen Corona auf verstärkten Heimkonsum "umgeschaltet" haben, steht das Spirituosen-Regal in den Supermärkten jetzt im Fokus der Verkaufsförderungsmaßnahmen. Longdrink-Ideen für Grillpartys waren in den vergangenen Sommerwochen für Hosa und das Vertriebsteam von Beam Suntory Austria ein beliebter Promotion-Ansatz. Geschenkpackungen werden auch heuer als Umsatzraketen im Weihnachtsgeschäft gezündet. Und weil ein Price off-Angebot starker Herstellermarken im Aktionsgeschäft unverzichtbar ist, taucht Jim Beam, 0,75l zu 11,90 Euro und darunter in schöner Regelmäßigkeit in den Flugblättern der Handelsriesen auf.
Andererseits aber bedarf das aus dem unfreiwilligen Dornröschenschlaf erwachende Gastronomie-Geschäft in den kommenden Herbstwochen eines kräftigen Innovationsschubes, um zu alter Wachstumsdynamik zurückzukehren. Ein probates Mittel ist die Line Extension, so gibt es mittlerweile im Kielwasser des Flaggschiffes Jim Beam eine Anzahl von alkoholärmeren Jim Beam Flavours, von JB Orange bis JB Apple, von JB Peach bis JB Vanilla.
Von den Flavours ist es nur ein kleiner Schritt zu den Cocktails und da kommt den Barmixern in der einschlägigen Gastro besondere Bedeutung zu. Sie sind quasi die Modedesigner und damit die Trendsetter der Getränkesaisonen. Es ist schon ein paar Jahrzehnte her, da erlebte eine bekannte italienische Aperitif-Marke einen ungeahnten Höhenflug, weil ein Tiroler Barkeeper auf die Idee kam, den Bitterlikör mit Orangensaft zu strecken. Longdrink-Moden, die in der Gastro ihren Ausgang nehmen, können mithilfe von Rezept-Tipps auch das Supermarkt-Geschäft beleben. So propagiert Jim Beam heuer den Jim Beam Honey Whiskey, gemixt mit Ginger Ale und Orangenzeste als Drink für die häusliche Grillparty. Die Konkurrenz aus der Bier- , Wein-, AF- und Energy-Drink-Branche ist freilich groß.
Gastro stark beim Umsatz, Handel stark beim Mengenabsatz
Über die Umsatzaufteilung von Gastronomie- und Einzelhandelgeschäft hüllt man sich bei Beam Suntory Austria in Schweigen. Einen guten Orientierungswert in dieser wichtigen Frage liefert jedoch die Statista Marktübersicht. Demnach geht man für 2022 von einem Spirituosen-Umsatzvolumen in Österreich in Höhe von 684 Millionen Euro aus. 59% der Konsumausgaben in dieser Kategorie entfallen auf out-of-home, schlagen also als Umsätze der Gastronomie zu Buche. Bleibt für den Einzelhandel ein Umsatzanteil von 41%.
Nach Menge gerechnet, machen die out-of-home-Verkäufe jedoch nur 24% aus, Dreiviertel des Absatzvolumens fließt demnach über den Kanal Einzelhandel zu den Verbrauchern. Nüchterne Interpretation der Analysten: Der Spirituosenmarkt wird, in Österreich, ebenso wie in den meisten anderen Ländern, durch die Premiumisierung (=Steigerung der Wertschöpfung) vorangetrieben. Boomt das Gastro-Geschäft, boomt die Spirituosenbranche. Weil über die Bars, Restaurants und Skihütten innovative Konsumideen lanciert werden können, die in das Markenimage und den Markenwert einzahlen.
Der Mengenkonsum von Whisky, Gin, Brandy, Obstler und Kräuterlikör hingegen stagniert, ist sogar in vielen Ländern rückläufig.
Spirituosen: Spielwiese der Global Players
Vor diesem Hintergrund tobt natürlich der Verdrängungswettbewerb zwischen den Produzenten. Die Spirituosenbranche zeichnet sich durch einen hohen Globalisierungsgrad aus. Hinter den Global Brands stehen Konzerne mit Headquarters in den USA, in Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan.
Im Jahr 2014 übernahm die japanische Suntory Holding, in der Champions League der Spirituosenbranche fest verankert, den führenden US-Bourbon Hersteller Beam. Die Tochter Beam Suntory Inc. hat ihren Hauptsitz in Chicago. Im April 2022 wurde die neue Business Unit Germany and Northern Europe geschaffen, die neben der D-A-CH-Region auch die Benelux- und die Skandinavien-Länder umfasst. Beam Suntory Austria ist Teil der D-A-CH-Region, die Firmentöchter in A und CH haben mit Carmen Hosa eine gemeinsame Commercial Managerin. Ausschließlich für den österreichischen Markt zuständig sind Katharina Wlczek als Senior Brand Managerin, Martin Fröhlich als Verkaufsleiter und Matthias Neubrunner als Key Account Manager Off-Trade
Im heimischen LEH konnte Beam Suntory die Position seiner Top Marken zuletzt zügig ausbauen. Das belegen folgende Distributions-Daten:
- Die Spar hat national die Marken Jim Beam White (Bourbon Whiskey) und Roku (Japanischer Craft Gin) gelistet, in den Spar Hypermärkten gibt es auch den Islay Single Malt Scotch Laphroaig.
- Billa und Billa Plus führen ebenfalls Jim Beam und Laphroaig ständig im Programm, Roku bekommt man bei Billa Plus und in 100 ausgewählten Billa-Märkten.
- Dritter Top-Kunde ist MPreis, die Tiroler haben alle drei genannten Spirituosen-Marken im Sortiment.
Daraus resultieren folgende LEH-Marktanteile (Quelle: Nielsen, LEH exkl. Hofer/Lidl, MAT bis KW 20/2022):
- Jim Beam hält 8,1% Marktanteil im Whiskymarkt total und 32,2% Anteil im Bourbon-Segment. Die Sorte Jim Beam Kentucky Straight Bourbon, 700 ml ist der absatzstärkste Bourbon-Einzelartikel.
- Roku hält 3,4% Marktanteil im Gin Markt und ist damit die viertstärkste Marke im Premium Gin-Segment.
- Courvoisier VS ist der drittstärkste Cognac im heimischen Handel.
Durchaus hochgradig ist das Expansionstempo von Beam Suntory Austria. Während der gesamte Bourbon-Markt rückläufig ist, wächst der LEH-Umsatz von Jim Beam, die Marke gewinnt also Marktanteile. Als weitere, besonders milde Bourbon-Marke wird aktuell Makers Mark forciert. Laphroaig legt aktuell zweistellig zu, ist damit Wachstumstreiber im Single Malt-Segment.
Nach der seinerzeitigen Übernahme der Salzburger Spirituosenfirma H.C. König hatte Suntory auch die bekannte Souvenir-Spirituose Mozart Liqueur im Portefeuille, mittlerweile aber wanderte die Marke ins Eigentum der Schlumberger-Tochter Top Spirit. Was sich die Mozart-verliebten Japaner dabei wohl gedacht haben?
Bericht: Hanspeter Madlberger