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Mag. Eva Aichmaier, MBA, Geschäftsführerin Bahlsen Austria

Ein mutiger Schritt

Süßwarenhersteller Bahlsen lässt mit einem neuen Markenauftritt aufhorchen, der nicht nur am POS für große Aufmerksamkeit sorgt, sondern auch den Beginn einer neuen Ära im Unternehmen einleitet. retailreport.at hat Mag. Eva Aichmaier, Managing Director von Bahlsen Österreich, zum Gespräch über die Hintergründe des Relaunchs und das erfolgreiche Jahr 2020 getroffen.

Autorin: Michaela Schellner

retailreport.at: Frau Aichmaier, Bahlsen unterzieht seine gleichnamige Marke aktuell einem umfangreichen Relaunch und tritt ab Juni komplett neu auf. Die Veränderung ist enorm auffällig, der Markenname deutlich prominenter zu sehen. Was hat das Unternehmen zu diesem durchaus mutigen Schritt bewogen?

Eva Aichmaier: Bahlsen steht für Genuss und Lebensfreude, für Handwerk mit Hingabe und für besondere Produkte mit Liebe zum Detail. Dieser Anspruch ist seit mehr als 130 Jahren fest in der Unternehmens-DNA verankert, denn schon der Firmengründer Hermann Bahlsen hat Innovationen sowohl bei der Keksentwicklung als auch beim Verpackungsdesign stetig vorangetrieben und den Fokus auf den bis heute unverkennbaren Geschmack und eine gleichbleibend hohe Qualität in ansprechender Optik gelegt. Diese Werte und die dahinter liegende Geschichte greifen wir nun noch stärker auf und spiegeln sie unter anderem im neuen Slogan „Besonders seit Bestehen“ wider. Außerdem sorgen das strahlend blaue Logo, das sich nun über die gesamte Verpackung erstreckt, die mittig platzierten Produktabbildungen und das für Frische stehende TET-Zeichen für deutlich mehr Aufmerksamkeit im Regal.

Klingt nach hohen Investitionskosten…

Einen genauen Betrag kann ich nicht nennen, aber wir investieren in die Marke Bahlsen. Neben dem neuen Verpackungsdesign planen wir zahlreiche Innovationen und bringen zum Beispiel mit „Messino Pink Gin Tonic“ die erste Limited Edition mit echtem Alkohol auf den Markt. Außerdem ziehen die als Saisonprodukt bekannten „Bahlsen Kipferl“ ins Standardsortiment ein und der Waffelklassiker Afrika erhält ein transparentes, 100 Prozent recycelbares, Tray und wird in Anlehnung an das lateinische Wort Ewigkeit zu „Bahlsen Perpetum“ umgebrandet. Des Weiteren erstrahlt auch unser Lebkuchen-Sortiment in einem neuen, bunten Premium-Design. Unterstützend wird es ab Juni  ein umfangreiches Kommunikationspaket in den verschiedensten Mediakanälen sowie elf Wochen TV-Support geben. Am POS setzen wir weiter auf auffällige Themenplatzierungen, die hierzulande ein echter Erfolgsfaktor sind. Insgesamt sind zum Relaunch mehr als 3.700 Displays geplant. Zum Vergleich: 2020 waren wir mit 2.200 Platzierungen präsent.

Wie sind denn die ersten Reaktionen des Handels auf die doch gravierenden Veränderungen ausgefallen?

Die Rückmeldungen waren positiv und spiegeln auch die Ergebnisse unserer breit angelegten Marktforschung wider, was uns natürlich sehr freut. Im Zuge dieser haben wir mehr als 80 Stunden Interviews durchgeführt und unter anderem die Rückmeldung erhalten, dass die Marke Bahlsen elegant, hochwertig, anspruchsvoll und stolz, aber dennoch modern wirkt und damit Begehrlichkeiten weckt. Es geht ja immer darum, gemeinsam die Wertschöpfung der Kategorie zu steigern und wir beleben den Markt, wie eben geschildert, durch massive Investitionen. Außerdem profitieren unsere Handelspartner vom Ausbau der Käuferreichweite und einer Steigerung des Ertrags durch Erhöhung der Rotation.

Wer soll sich denn konkret vom neuen Markendesign angesprochen fühlen?

Wir wollen damit alle begeistern, die Genuss und Gutes wertschätzen sowie einen Fokus auf Qualität legen. Von dem neuen Design sollen sich zudem auch jüngere Konsumenten angesprochen fühlen, die wir neugierig machen wollen. In unserem neuen TV Spot treten wir deutlich klarer und fokussierter auf und überraschen mit einem betont ruhigen Auftritt.
Wir wollen mit dem Relaunch unterstreichen, dass Bahlsen ein erfolgreiches und modernes Familienunternehmen ist, in dem die vierte Generation die Weiterentwicklung heute aktiv vorantreibt und bei all ihrem Tun und Handeln nicht in Quartalen, sondern in längerfristig ausgerichteten Perspektiven denkt.

Operativ wird das Geschäft aber nicht von einem Familienmitglied geführt, denn seit April 2020 steht nach dem Rückzug von Werner M. Bahlsen Phil Rumbol als erster familienfremder CEO an der Spitze. Wie viel Einfluss haben die Unternehmenserben denn konkret?

Einen sehr großen, denn die Familie bekennt sich klar zum Unternehmen und möchte Bahlsen unbedingt in der Familie halten. Verena Bahlsen bringt sich als Gesellschafterin aktiv ein und der Relaunch trägt auch ihre Handschrift. Dass der Name Bahlsen nun so prominent auf den Packungen zu sehen ist, soll dieses Bekenntnis einmal mehr unterstreichen. Von CEO und Familie gibt es dementsprechend ein klares Commitment, Produkte und Marken zu entwickeln, die Menschen ehrlich berühren und dauerhaft Bestand haben. Gemeinsam wird auch an der weiteren Strategie gearbeitet, von der Unternehmenskultur über Nachhaltigkeit bis hin zu gesellschaftlicher Verantwortung. Die Reorganisation ist also noch im Gange.

Eine Reorganisation gab es bereits im Jahr 2016, als Bahlsen Österreich gemeinsam mit Deutschland und der Schweiz in eine DACH-Organisation zusammengeführt wurde.

Ja genau, eine Entscheidung, die sich durchaus bewährt hat. Auch 2016 waren unsere Unternehmenswerte Neugier, Mut und Rückhalt ausschlaggebend für die Entwicklung dieses damals für uns neuen Holding-Modells. Der Standort Österreich, hat davon profitiert, weil wir durch das Nutzen von Synergien zum Beispiel in der Marktforschung mehr Kraft, Power und Rückenwind erhalten haben.

Können Sie das anhand eines Beispiels untermauern?

Ein gutes Beispiel hierfür ist Messino. Messino ist mit 60,9 Prozent Marktanteil die klare Nummer eins im Segment Softcake und verzeichnet 2020 ein Umsatzwachstum von 16,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Und: Die Messino Limited Editions haben im Vorjahr zu einem On-Top Umsatz von 9 Prozent geführt, ohne die Standard-Sorten zu kannibalisieren. Für diese absolute Highlight-Brand hierzulande werden bestimmte Limited Editions also extra für den österreichischen Markt entwickelt, die dann natürlich auch anderen Ländern zur Verfügung stehen. Aber der Grundstein wird hier gelegt.
Wir richten unser Tun und Handeln immer am österreichischen Konsumenten aus und haben hier vor Ort ein hochkompetentes Team, das sich in der Tiefe mit unseren Markenprodukten und Aktivitäten auseinandersetzt und gemeinsam mit unseren Handelspartnern die besten Strategien für den österreichischen Markt entwickelt.

Also setzt Bahlsen auch hierzulande noch auf einen eigenen Außendienst? Es gibt ja in der Branche immer wieder einmal die Tendenz, diesen auszulagern.

Für Produkte, die impulsiv gekauft werden, ist der Außendienst immens wichtig. So steht neben dem aktiven Verkauf die konsequente Umsetzung unserer Markenschwerpunkte am POS mittels Themenplatzierungen im Fokus der Tätigkeit. Dabei wird das Team am POS mittels aktueller Technik und Datenanalyse bestmöglich unterstützt. So prüft unser Field Force Analyst die aktuellen Verkaufsrunden oder Besuchswerte und gibt so hilfreiche Informationen an das Team weiter.

Und wie hat sich Bahlsen in Österreich im Corona-Jahr 2020 entwickelt?

Wir blicken trotz aller Herausforderungen auf ein sehr erfreuliches Jahr 2020 zurück, das wir laut Nielsen IQ mit einem Plus von 11,1 Prozent als Wachstumsführer im Süßwarenmarkt abgeschlossen haben. Hier haben wir deutlich überproportional zugelegt, denn der Süßwarenmarkt an sich verzeichnet ein Wachstum von 1,9 Prozent. In unserer Kernkategorie Kekse & Waffeln ist es uns gelungen, unseren wertmäßigen Marktanteil auf 15,2 Prozent auszubauen und den Umsatz um 12,6 Prozent zu steigern. Am Keksmarkt stellen wir zudem mit Leibniz die Nummer eins und mit Bahlsen die starke Nummer zwei. Und bei Lebkuchen haben wir mit den Marken Contessa und Akora unsere Marktführerschaft mit 15,1 Prozent Anteil erneut bestätigt und verzeichnen ein Umsatzplus von 5,2 Prozent. Das zeigt uns, dass in Krisensituation verstärkt zu Marken gegriffen wird und wir sind sehr stolz darauf, dass wir die Österreicher mit kleinen Genussmomenten für zwischendurch begeistern konnten.

Apropos Genussmomente – derzeit wieder verstärkt in aller Munde ist die Diskussion rund um den Nutri-Score, der ja in Deutschland bereits ein offiziell anerkanntes Kenn­zeichnungs­element für Lebens­mittel ist. Wie sehen Sie dieses im Zusammenhang mit Süßwaren?

Das Streben nach einer Orientierungshilfe für bewusste Konsumentscheidungen ist für uns selbstverständlich nachvollziehbar. In der Bahlsen-Gruppe bewerten wir derzeit die Möglichkeiten des Nutri-Score für unsere Marken.

Frau Aichmaier, herzlichen Dank für dieses Gespräch.


FACTBOX

Bahlsen Gruppe

  • Bahlsen ist ein 1889 gegründetes Familienunternehmen
  • Umsatz Bahlsen Gruppe: 540 Mio. Euro (2019)
  • Tonnage Bahlsen Gruppe: 133.000 Tonnen (2019)
  • Mitarbeiter Bahlsen Gruppe: 2.750 (2019)


Bahlsen in Österreich

  • Nielsen Umsatzgröße Marken:

Leibniz: 17,9 Mio. Euro Umsatz
Bahlsen: 16,8 Mio. Euro Umsatz
PiCK UP!: 4,6 Mio. Euro Umsatz (+ 3,3 %)

  • Mitarbeiter Bahlsen in Österreich: 25

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geschrieben am

24.05.2021