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Andreas Ruhland, Geschäftsführer von Kattus-Borco.

Kattus-Borco: Preisgestaltung nur eine Facette

Andreas Ruhland, Kattus-Borco Geschäftsführer im Interview mit retailreport.at.

Wirkliche Entspannung zeigt sich in der Wirtschaft nicht: Energiekosten und andere Rohstoffkosten steigen, die Konsumenten sind angespannt. retailreport.at hat Andreas Ruhland, Geschäftsführer von Kattus-Borco, der Vertriebsgesellschaft von Kattus zu den aktuellen Situationen befragt.

retailreport.at: Wie sehen Sie die aktuelle Marktlage aus der Sicht ihres Unternehmens? Worauf muss man Acht geben? Was will der Handel? Was der Konsument?

Andreas Ruhland: Bei den Konsumentinnen und Konsumenten ist das Qualitätsbewusstsein gestiegen, wovon unsere Premium-Spirituosen profitieren. Das Wissen der Menschen hat zugenommen, was sich in der hohen Nachfrage nach Spezialitäten zeigt. Dementsprechend schärfen wir unser Portfolio und bieten Außergewöhnliches an wie den „Jura Rum Cask Finish“, den wir erst kürzlich vorgestellt haben. Auch der Handel verlangt nach Besonderheiten. Die Konsumentinnen und Konsumenten möchten innerhalb „ihrer“ vertrauten Marke immer wieder Neues entdecken. Die Aufgeschlossenheit der Menschen ist eine gute Ausgangslage, um neue Produkte am Markt einzuführen wie beispielsweise „Select Aperitivo“, den wir seit zwei Jahren stark in Österreich forcieren. Der Aktionsdruck im Handel ist im Anbetracht der globalen Wirtschaftssituation eine Besonderheit des österreichischen Marktes. Bei einigen Produkten kommen die Margen unter Druck. Als schlagkräftige Vertriebsorganisation diversifizieren wir stark und sind damit gut aufgestellt, um allfälligen Risiken zu begegnen. Die hohe Expertise, die wir uns mit dem breit gefächerten Portfolio aufbauen konnten, macht Kattus-Borco zu einem gefragten Partner für Hersteller. Wir möchten die Vertriebskraft künftig auch der Start-up-Szene und Neugründungen öffnen.  

Wie geht man mit dem Thema Preiserhöhung um, wenn sie vom Handel nicht akzeptiert wird und man das dem Hersteller der Marke sagen muss?

Andreas Ruhland: Die Preisgestaltung ist nur eine Facette der aktuellen Situation und aufgrund der hohen Inflation derzeit sehr sensibel. Auch die Bereitstellung und Beschaffung der gewünschten Ware gestaltet sich aufgrund der aktuellen Lage sehr komplex. Als Vertriebsorganisation investieren wir hohe Kosten in die Bevorratung und Lagerung, um unsere Kundinnen und Kunden zuverlässig beliefern zu können und Engpässen sowohl im Handel als auch der Gastronomie zu entgegnen. Um den Warenbedarf über einen längeren Zeitraum gesichert zur Verfügung stellen zu können, gehen wir in finanzielle Vorleistung. Die Gesprächsbasis mit dem Handel ist sehr fair, weil weltweite Probleme in den Logistikketten, Arbeitskräftemangel, horrende Papier- und Glaspreise sowie die Inflation alle betreffen. Natürlich ist es immer ein Balanceakt, Preiserhöhungen durchzusetzen. Die Gespräche sind auf beiden Seiten hart, weil die starke Inflation den Druck erhöht. Allen Herstellern ist aber klar, dass Preise nicht ins Unermessliche steigen können, während die Konsumentinnen und Konsumenten einen massiven Verfall der Kaufkraft erleiden müssen. Aufgrund der aktuellen Situation ist Fahren auf Sicht geboten, weswegen Vereinbarungen kurzfristiger geschlossen werden. Wir sprechen sehr fair und offen mit den Herstellern und erklären ihnen transparent, was am Markt möglich ist. Wir arbeiten gemeinsam mit Herstellern, um Preisanpassungen so gering wie nötig ausfallen zu lassen und Strategien anzupassen. Unter anderem erschließen wir auch alternative Vertriebswege, um Abhängigkeiten zu reduzieren.  

Haben Sie schon Preise weitergegeben?

Andreas Ruhland: Bis jetzt mussten wir nur geringfügige Anpassungen weitergeben. Im zweiten Halbjahr sind mit Sicherheit größere Sprünge zu erwarten, wenn sich die wirtschaftliche Situation nicht entspannt.

Welche Trends sehen sie aktuell im Markt und wie reagiert Kattus-Borco hier?

Andreas Ruhland: Den großen Trend der Aperitivo-Kultur gestalten wir mit „Select Aperitivo“ selbst mit. Die starke Präsenz in der Gastronomie ist ein Treiber für den Handel. Bei vielen Produkten, vor allem im Whisky-Bereich, sehen wir eine Premiumisierung, die wir mit Spezialitäten und Raritäten gut bedienen können. Allgemein haben sich viele Menschen in den letzten zwei Jahren intensiv mit Drinks beschäftigt und sind experimentierfreudiger und qualitätsbewusster geworden. Auszeichnungen wie die Medaillen für Finsburry Gin und Sierra Tequila bei der International Wine & Spirit Competition werden von den Konsumentinnen und Konsumenten stark wahrgenommen und sind wichtig für die Marke.

Was sind die neuesten Produkte und Marken, die Sie präsentiert haben (bald präsentieren werden)?

Andreas Ruhland: Wir sind sehr glücklich mit fünf Starken Marken von Molson Coors wieder zurück im Bier-Business zu sein und in Österreich Miller Genuine Draft, Coors, Birra Roma, Staropramen und Ožujsko zu vertreiben. Sehr viel Freude haben wir auch mit Hans Reisetbauers neuem „4X50 R.N.P. Finely Distilled Superior Rum“. „Select Aperitivo“ bleibt auch die nächsten Jahre im Fokus; hier sehen wir noch sehr große Möglichkeiten. Mit Laurent-Perrier haben wir eine starke Champagnermarke im Haus, die erfreulicherweise genug Kapazitäten hat. Sehr spannend ist „Hanni‘s Rosé“, der neue Wein von Johannes Kattus für eine junge, progressive Generation. Die Whiskydestillerie Jura mit ihren speziellen Fassreifungen bietet ebenfalls sehr attraktive Produkte für Genießerinnen und Genießer. Ganz neu im Angebot haben wir die biologisch und nachhaltig erzeugten, alkoholfreien Produkte von Wonderful Drinks, mit denen wir ein neues Segment besetzen und erstmals einem aufstrebenden Start-up unsere Vertriebskraft zur Verfügung stellen. „Pona“, „Tssschk“, „bitter fog“ und „bitterschön“ sprechen die jüngere Generation mit bewusstem Lebensstil durch ihre Markengeschichte und Natürlichkeit perfekt an und ergänzen sich wunderbar mit unserem restlichen Portfolio.

Welche Botschaft/Bitte haben Sie für den Handel? Wie soll sich Ihre Kategorie entwickeln?

Andreas Ruhland: Ich wünsche mir mehr Fläche, um Produkte besser präsentieren und Konsumentinnen und Konsumenten wirksam mit neuen Entdeckungen anzusprechen.
Die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen werden sich nur gemeinsam und partnerschaftlich lösen lassen. Die Rolle des Handels wird entscheidend sein, weil der tägliche Einkauf für die Menschen sehr schnell spürbar ist.

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geschrieben am

01.08.2022