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AMA Milchforum: v.l.: Wilhelm Windisch, Christina Mutenthaler-Sipek, Kerstin Wriedt, Alexander Anton, Peter Hamedinger

AMA Milch und Fleisch: neue Themen im Visier

Die umklammernde Botschaft des AMA Milch- und Fleischforums lautete: "Mit althergebrachten Themen sind wir out. Wir müssen neue Themen angehen."

Es war das erste AMA Milch- beziehungsweise AMA Fleischforum unter der Geschäftsführerin Christina Mutenthaler-Sipek. Der neue Spirit war spürbar bis in die kleinste Zelle: keine Selbstbeweihräucherung der Branche, sondern ein ehrliches Aufzeigen der Sorgen, Probleme und Herausforderungen, die auf Landwirte, Industrie und auch den Handel treffen und treffen werden. denn was macht es für einen Sinn die Augen zu verschließen, wenn vor den Hoftüren die Konsumenten nach Veränderung rufen: mehr Tierwohl, mehr Nachhaltigkeit, mehr Innovation und andere Konzepte.

Mit dem Journalisten Andreas Sator waren beide Foren an den Kongresstagen schließlich wachgerüttelt. Er polarisierte gleich zu Beginn mit seinen Einschätzungen darüber, inwieweit Nachhaltigkeit und Klimaziele mit der Landwirtschaft kompatibel sind und wie die Relevanz von Gentechnik in der zukünftigen Lebensmittelproduktion steigen wird.Vorschläge wie: Umsatzsteuer beim Fleisch rauf und bei Soja runter schmeckten natürlich nicht allen, aber eines war klar: die Politik ist höchst aufgefordert Reformen im Ernährungswesen zu machen. Sonst wird es in Zukunft für alle Landwirte schwierig Geld zu verdienen.

Um Milchproduktion im Alpinen Raum ging es anschließend im Vortrag von Wilhelm Windisch, seines Zeichens Experte für Tierernährung an der TU München. Windisch hob die Wichtigkeit von Nutztieren für einen funktionierenden Kreislauf hervor, da sie die in der Landwirtschaft erzeugte, und für den Menschen nicht essbare, Biomasse weiterverwerten. Nutztiere fördern die Pflanzenproduktion und erzeugen zusätzliche Lebensmittel, so der Experte. Sein Fazit daher: Milchproduktion ist im Alpinen Raum nach wie vor zeitgemäß, da die Kreislaufwirtschaft funktioniert. Stichwort Biomasse: nur 20% von all dem, was angebaut wird, verarbeiten wir zu Nahrung. 80% liegen brach, werden vernichtet oder anderweitig verarbeitet. Hier liegt so viel Potential für die Zukunft. Denn: Nutztiere sind auch unsere Nahrungskonkurrenz, was ist, wenn wir uns diese Konkurrenz nicht mehr leisten können? Deshalb muss man sich die Frage stellen: was ist eßbar aus der Biomasse?

Best-Practice-Beispiele aus dem Nachbarland

Darüber, wie sich die größte deutsche Molkereigenossenschaft, die DMK Group, in den vergangenen Jahren weiterentwickelt hat und welchen Herausforderungen man sich dabei stellen musste, erzählte anschließend Oliver Bartelt, Global Head of Corporate Communications der DMK Group. Ein wesentlicher Aspekt, um die Konsumenten abzuholen, war, sich dem Thema Nachhaltigkeit ernsthaft zu widmen und das auch nach außen zu kommunizieren. "Die Milchwirtschaft hat ein Kommunikationsproblem", so Bartelt. Dieses zu lösen, würde auch Abhilfe in einigen anderen Bereichen schaffen und unter anderem dem Fachkräftemangel in der Branche entgegenwirken. Good News bot Kerstin Wriedt von der Initiative Milch 2.0. in Deutschland mit den Ergebnissen einer neuen Studie von rheingold salon zu den Konsumgewohnheiten der Verbraucher: Die Mehrheit der Verbraucher will auch in den nächsten zehn Jahren bei Milch bleiben – sie wünschen sich aber auch mehr Zukunftsorientierung. Eine neue Art des Storytellings rund um Milch und Milchprodukte muss gelingen.

Zum Abschluss des AMA-Milchforums gab Alexander Anton, Generalsekretär des Europäischen Milchverbandes (EDA), Einblicke in die Agrarpolitik der EU und skizzierte einige Trends, die die Milchbranche in den kommenden Jahren intensiv beschäftigen werden, wie die Extraktion des wertvollen Proteins Lactoferrin. Abschließend fand Anton lobende Worte für die Vorreiterrolle der österreichischen Milchwirtschaft in Sachen Nachhaltigkeit, aber er meinte auch: „wir müssen über das Thema Milch sprechen“.

AMA Fleischforum: kann die Fleischwirtschaft nachhaltig sein?

Fleischgerichte gehören zu den Lieblingsspeisen der Österreicherinnen und Österreicher: Jährlich kommen hierzulande durchschnittlich 58,9 kg Fleisch auf den Teller jedes Einzelnen. Am beliebtesten bei den Österreicherinnen und Österreichern ist das Schweinefleisch. An zweiter Stelle liegt Geflügel, gefolgt von Rind und Kalb. Wie viel und welches Fleisch wir essen, hat aber auch Auswirkungen auf unser Klima und die Umwelt. Das macht sich das diesjährige AMA-Fleischforum zum Thema. 

Fleisch kann Teil einer ausgewogenen Ernährung sein. Es entscheidet aber immer die Konsumentin oder der Konsument, was gekauft wird. Dazu müssen Verbraucherinnen und Verbraucher das Angebot kennen und wissen, welchen Unterschied es macht, teures oder billiges Fleisch zu kaufen. „Fleisch ist ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung, der mehr Wertschätzung verdient – auch in Zukunft braucht es dafür glaubwürdige Information und vielseitige Aufklärung in allen Bereichen“, betonte Ex-Vion Manager und Institute of Culinary Art (ICA) Botschafter Bernd Stark. Er präsentierte beim AMA-Fleischforum gemeinsam mit Torsten Olderog, Direktor am Institute of Culinary Art Academy, eine Initiative für mehr Wertschätzung von Fleisch, der sich in Deutschland bereits viele namhafte Unternehmen angeschlossen haben. Stark und Olderog hoben außerdem hervor, dass Fleisch immer etwas Besonderes und nicht alltäglich sein soll. „Fleisch ist ein wertvolles landwirtschaftliches Produkt, dessen Erzeugung ein natürlicher und kein industrieller Prozess ist. Es ist als integraler Bestandteil einer balancierten Ernährung anzusehen“, so Olderog.

Anja Grunefeld, DACH CEO The Livekindly, sprach über Vor- und Nachteile pflanzlicher Fleischimitate. Dass der Fleischkonsum geht allgemein zurückgeht und Alternativen wachsen, ist bekannt. Fleischersatzprodukte sind im Umsatz in den letzten 2 Jahren um 27% auf 25,3 Mio Euro gewachsen, die pro Kopf-Ausgaben liegen bei 2,80 Euro. Grunefeld zitiert Ernährungsexpertin Hanni Rützler, die prognostiziert: „Die Frage lautet nichtmehr, ob wir in Zukunft noch Fleisch essen, sondern welches“. Die Gründe zum Kauf von Fleischersatzprodukten sind:

  • Neugierde/ Gesundheit 
  • Umwelt 
  • Nachhaltigkeit
  • Tierwohl

Für Fleischersatzprodukte ist der Geschmack Treiber und Barriere zugleich - die Konsumenten wollen nicht auf den Geschmack und typischen Biss und die Textur verzichten - das ist eine der größten Herausforderungen für die Kategorie. Die Hauptzielgruppe für diese Produkte sind junge Menschen - sie sehen pflanzliche Produkte nicht als Alternative, sondern als ganz normal an. Doch es ist wie in allen Produktkategorien: Damit sich die Kategorie weiter entwickeln und aus der Nische herauswachsen kann, brauchst es neue Innovationen - ebenso verhält es sich mit den Fleischprodukten. Auch hier ist die Innovationsfreude gefragt.

Vortragende am AMA Fleischforum

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geschrieben am

02.06.2023