"Wir brauchen Verständnis"
500 Österreicher (50% Frauen, 50% Männer) wurden zu ihrem Einkaufsverhalten während der Krise befragt. Für die AMA Marketing ist die Analyse deshalb so wichtig, weil sie erkennen kann, welche Produkte die Menschen kaufen und wie sich die Landwirtschaft und die verarbeitenden Betriebe aufstellen sollen. Die gute Nachricht: Regionalität punktet.
Allerdings machen sich auch 70% mehr Sorgen um ihre Zukunft, 30% weniger. Diese 30% sind sozial besser gestellte und situierte sowie bildungsnahe Personen, die sich nicht um ihren finanziellen Background Sorgen machen müssen.
Eine wesentliche Änderung ist hinlänglich bekannt: Die Österreicher gehen seltener einkaufen als früher und kaufen dafür mehr. Regionale und frische Lebensmittel gewinnen stark an Bedeutung.
58 % der Befragten gaben an, seltener einkaufen zu gehen als vor Corona-Zeiten, knapp 5% der Studienteilnehmer gehen gar nicht mehr. Bei drei von Zehn hat die derzeitige Corona-Situation keine Auswirkung auf die Einkaufsfrequenz. Lieferdienste, vor allem jene von bäuerlichen Direktvermarktern und Gastronomen, konnten in den Anfangswochen der Corona-Krise besonders punkten. Jeder zweite Befragte achtet nun verstärkt auf Hygiene, 30 % auf eine längere Haltbarkeit der Produkte. „Die regionale bzw. österreichische Herkunft der Lebensmittel ist gegenüber früheren Umfragen weiter nach vorne gerückt. Auch die Kriterien Qualität und Saisonalität stehen vor dem Preis – anders als in älteren Erhebungen“, erklärt Michael Blass, Geschäftsführer der AMA-Marketing.
Aktionitis nach wie vor da
Regionale Herkunft, Lebensmittel aus Österreich und Frische, aber auch das Preiskriterium hat nachgelassen. Auf der anderen Seite hat die Aktionitis im Handel allgemein nicht nachgelassen. „Das ist schade, weil wir jetzt gerade merken, dass die Konsumenten bereit sind in die Tasche zu greifen und für gute frische und heimische Produkte ihren Preis zu zahlen“, so Blass.
Lange haltbare Lebensmittel führen das Ranking der derzeitigen Top-Produkte an. Nudeln, Konserven, Tiefkühlgemüse, Mehl und Reis sowie Haltbarmilch wurden in den letzten Wochen vermehrt gekauft und eingelagert. Obst sorgt für frische Abwechslung in diesem Speiseplan.
Zwischen 30 und 40 % möchten auch nach der Krise mehr heimische Produkte oder Lebensmittel direkt beim Bauern kaufen. Rund 20% nehmen sich vor, weniger Produkte über einen ausländischen Versandhandel zu bestellen oder weniger zu verreisen. Nur ein Viertel der Befragten will zum gewohnten Verhalten zurück und nach Ende der Corona-Maßnahmen so weiterleben wie davor.
Die Österreicher haben viel Vertrauen in die Versorgung. Fast jeder Befragte denkt, dass sich Österreich bis zum Ende der Krise ausreichend mit Lebensmitteln versorgen kann. Die Verantwortung dafür wird allen Akteuren der Produktionskette zu ähnlichen Teilen zugerechnet, also den Bauern, den Gewerbetreibenden, dem Lebensmittelhandel und den Verarbeitern. Dazu Blass: „Den hohen heimischen Selbstversorgungsgrad haben wir unseren Produzenten zu verdanken. Selbst wenn es im Laufe der Wochen Verzögerungen in internationalen Logistikketten geben sollte, so ist unser täglicher Bedarf mehr als gedeckt. Das gilt auch langfristig, denn es geht nicht um Lager, die auch einmal kurzfristig leergeräumt sein können, sondern um Lebensmittel, die kontinuierlich in Österreich produziert werden. Die Kühe werden weiterhin Milch geben, die Hühner ihre Eier legen, Tiere laufend zum Schlachthof gebracht und die Glashäuser stehen vor der Ernte. Es gibt also täglich Nachschub.“
Spannend ist auch die Tatsache, dass der SB-Anteil zu Beginn der Krise stark zugenommen hat. Der Grund dafür lag in der Frage der Hygiene. Nun holt der Thekenbereich wieder stark auf, vor allem seit der Maskenpflicht.
Die AMA wollte auch ergründen, wie Corona den Alltag der Menschen – abgesehen von den Ausgangsbeschränkungen – beeinflusst. Die Mediennutzung hat sich verändert; die Menschen nutzen stärker TV und Online-Medien. Routinen wie Kochen und Putzen bekommen mehr Raum. Ein Viertel der Studienteilnehmer arbeitet im homeoffice. Für 11% der Befragten hat sich in ihrem Alltag kaum etwas geändert. Steht mehr Zeit zur Verfügung, wird diese auch für die Zubereitung von Speisen verwendet. Zwei Drittel kochen derzeit mit frischen Zutaten.
„Die AMA Marketing fährt aktuell eine Kampagne ‚Unsere Bauern liefern‘, sie trägt die Botschaft der garantierten Versorgung mit heimischen Produkten. Eine respektvolle Partnerschaft zwischen Landwirtschaft, Verarbeitung und Handel gewährleistet die nachhaltige Selbstversorgung bei wichtigen agrarischen Gütern und wird uns gut durch die Krise führen“, so Blass.
Mengen nur zum Teil untergebracht
Die landwirtschaftlichen Betriebe haben zwei große Absatzkanäle weniger: Gastro und Export. Dadurch stehen Bauern und Verarbeiter stark unter Druck. „Wir brauchen das Verständnis des stärksten Mitglieds in diesem Spiel“, so Dr. Blass. „Das ist der Lebensmittelhandel.“ „Es darf keine ‚toten‘ Bauern geben! Es ist keine Zeit, um sich einen weiteren Platz in der Kolonne nach vorne zu verschaffen, jetzt müssen wir alle Mitglieder der Kette unterstützen und da müssen sich alle in die Verantwortung nehmen“.