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Eurogast Geschäftsführer v.l.: Peter Krug, Mag. (FH) Franz Sinnesberger, Mag. (FH) Alexander Kiennast.

Adeg Zell am See und Eurogast setzen zum Parallelschwung an

Frühlingserwachen im heimischen Gastro-Großhandel, beflügelt durch die Hoffnung auf Überwindung der Corona-Krise und für Händler mit Unternehmer-Gen der richtige Zeitpunkt, um Innovationsfreude zu zeigen und mutig neue Wege zu beschreiten.

Per 1. Mai  streift die Adeg Zell am See GmbH (mit fünf Gastro-Abholmärkten samt Zustell-GH in Salzburg-Bergheim, Schüttdorf-Maishofen, Bad Hofgastein, Altenmarkt und Hall in Tirol), das AGM -Trikot ab, legt sich den neuen Namen Alpin Gastro Markt GmbH zu und tritt der Eurogast-Verbundgruppe als Vollmitglied bei.

Wie retailreport.at aus zuverlässiger Quelle erfuhr, hat dieser Überraschungscoup weitreichende Folgen: Die Alpin Gastro Markt GmbH wird, wie alle anderen Eurogast-Großhändler ab 1.5.

  • die Zentralregulierung mit der Markenartikelindustrie über die Markant Österreich GmbH abwickeln und
  • sich beim Wareneinkauf der Vermittlungsdienste des Top Team Zentraleinkaufs in Traun bedienen, der zu je 50% der Unimarkt HandelsgesmbH & Co KG (Alleininhaber: Andreas Haider) und der Transgourmet Holding (in der Schweiz) gehört. Top Team verhandelte 2020 mit der Industrie ein Einkaufsvolumen von rund einer Milliarde Euro.

Alpin Gastro Markt wird größter Eurogast-Händler

Wichtigster, neuer Kooperationspartner der Pinzgauer, die für heuer ein Netto-Umsatzvolumen von 110 Millionen Euro anpeilen und rund 70% dieses Umsatzes im Gastro-Zustellservice erzielen, aber wird die Eurogast-Zentrale mit Sitz in Zams sein. Bei der Flugblattwerbung, beim Web-Auftritt (mit der App: Best Friends), bei den Aktionen und beim Eigenmarken-Sortiment macht Alpin Gastro Markt das volle Eurogast-Programm mit. Und belegt, was das Umsatzvolumen betrifft, in der Gruppe auf Anhieb Rang Eins.

Damit kann die Eurogast ihre Marktposition als drittstärkster Player im heimischen Gastro Großhandel  ausbauen. Für heuer wird ein Nettoumsatz von 500 Millionen angepeilt. Schon 2021 war für Eurogast ein turbulentes Jahr. Man hat im Herbst mit der in Bozen ansässigen Firma Gastrofresh (die zu 50% der Großhändler-Familie Huber, zu 50% der Südtirolmilch gehört) den ersten ausländischen Kooperationspartner akquiriert. Per Jahresende hingegen schied die umsatzstarke Firma Riedhart in Wörgl, die kürzlich eine supermoderne "Markthalle" mit einer Verkaufsfläche von 4500 m2 (auf zwei Ebenen)  in Betrieb nahm, aus dem Eurogast-Verbund aus.

Kampf um Platz Eins im Gastro-GH bleibt spannend

Ob Transgourmet, der bisherige  Marktführer die Poleposition halten kann, wird sich möglicherweise schon in den kommenden Märzwochen entscheiden, wenn das Kartellgericht bekannt gibt, wie viele AGM-Märkte die Metro übernehmen darf. Zur Erinnerung: Neun AGM-Märkte, sollten, wenn es nach Verkäufer Rewe und Käufer Metro geht, den Eigentümer wechseln. Bei vier bis fünf Standorten meldete die BWB  im Herbst 2021 ernste Bedenken an. Sollte das Kartellgericht diese Einschätzung teilen, eröffnet sich für expansionsfreudige Gastro-Großhändler wie Kastner die Chance, den einen der anderen, für Metro gesperrten AGM-Markt (z. B. in St. Pölten) zu übernehmen. Auch bei Transgourmet hat man die Hoffnung noch nicht aufgegeben, bei der zweiten Runde der AGM-Zerlegung zum Zug zu kommen. 

Rewe lässt den Pinzgauern freie Hand

Es ist die Rewe International, die diese sensationellen Rochade der AGM/Adeg Zell am See ins Lager der Eurogast-Großhändler ermöglicht. Aus Köln kam die Order an Wiener Neudorf, aus dem b2b-Business auszusteigen und sich auf Einzelhandel und Touristik zu fokussieren. Stichwort Touristik: Der deutsche Rewe Konzern hat es wohl verabsäumt, das Synergiepotential zu heben, das sich aus einer Zusammenarbeit zwischen dem heimischen AGM Gastro-GH und einer Incoming-Strategie der DER Rewe Touristik Gruppe für die Urlaubsdestination Österreich hätte ergeben können.

Aber jetzt ist die Sache gegessen und Wiener Neudorf lässt Zell am See völlig freie Hand bei der Partnerwahl für die Zeit nach der AGM-Liquidierung. Und das, obwohl die Adeg Österreich Handels AG, zu 100% im Besitz des Rewe Konzerns, weiterhin einen Minderheitsanteil von 33,39% an der künftigen Alpin Gastro hält. Gerald Neumair, Spross der Kapruner Adeg-Kaufleutedynastie und Sprecher der Neumair Beteiligungs- und Entwicklungs-GmbH, die mit 29% Anteil den Kurs der Pinzgauer Gastro-Großhandelsfirma maßgeblich bestimmt, zieht eine überaus positive Bilanz über die zu Ende gehende AGM-Zusammenarbeit mit der Rewe. Deren Rückzug aus dem Gastro-GH habe keinerlei negative  Auswirkungen auf die Zusammenarbeit zwischen Rewe und den Adeg Kaufleuten in seiner Region. Neumair lobt ausdrücklich die Positionierung der Adeg Kaufmannschaft als Nahversorger mit hohem Regionalitäts-Appeal, wie sie auch in der aktuellen Werbekampagne zum Ausdruck kommt.

Gastro-Großhandel und  Einzelhandel seien eben zwei verschiedene Paar Schuhe. "Als Einzelkämpfer hätten wir nach der AGM-Auflösung keine guten Karten. Im Verbund mit den anderen selbstständigen regional starken Eurogast-Großhändlern sehen wir uns zukunftsfit aufgestellt. Vor allem, wir brauchen das Steuerrad nicht aus der Hand zu geben", sagt Neumair. Seinen Adeg-Kollegen in Wolfsberg, die ja auch zwei AGM-Großhandlungen betreiben, will er keine Ratschläge in Sachen Partnersuche  erteilen. Übrigens war die Adeg Zell am See die letzte Adeg Genossenschaft, die damals der AG beigetreten ist. Im Lavanttal konnte man sich zu diesem Schritt bis heute nicht entschließen. Wie das Rennen um den AGM Klagenfurt ausgehen wird, bleibt jedenfalls spannend.

Überraschungs-Coup findet viel Zustimmung

Auch das Urteil von Branchenkennern über den Akquisitions-Schachzug der Eurogast im Salzburgischen fällt positiv aus. Denn, eine starke "dritte Kraft", die heimische Familienunternehmen in die Lage versetzt, gegen zwei  international aufgestellte Großkaliber des Foodservice zu bestehen, wirkt der drohenden Konzentration in der Branche entgegen. Der Markt für den außer-Haus-Konsum zeichnet sich durch seine hohe Segmentierung aus, da eröffnen sich  für Spezialisten und Regionalkaiser viele größere und kleinere Marktnischen. Für lebhaften Wettbewerb innerhalb der Eurogast-Gruppe, speziell entlang der Westbahnstrecke zwischen Salzburg und Innsbruck ist nach dem Neuzugang gesorgt.

Die Produzenten und die Kunden von Lebensmitteln und Getränken in GV-Packungen sind somit in der angenehmen Situation, zwischen einer Vielzahl an Distributions- bzw. Beschaffungs-Alternativen zu wählen. Oder aber sich unter Umgehung des Gastro-Großhandels für Direkt-Vertrieb und Direkt-Einkauf zu entscheiden.

Und auch im Gastro-Großhandel  schiebt sich  zwischen Kooperation und Konkurrenzkampf eine dritte Alternative: Die Koexistenz. Adeg Kaufleute bei der Eurogast, why not? In Deutschland sind sowohl Metro als auch Kaufland  Mitglieder der Markant. In der Schweiz gehört die Spar-Gruppe (mit südafrikanischer Beteiligung) zum Markant-Verbund. Und hierzulande angelten sich Kiennast und Unimarkt mit der gemeinsamen Tochter UNIK die Österreich-Tochter von Lekkerland. Alle drei waren schon vorher Markant-Mitglieder. Leben und leben lassen. Im heimischen Gastro-Großhandel funktioniert dieses Prinzip recht ordentlich.

Bericht: Hanspeter Madlberger

Eurogast Landkarte mit den neuen Standorten

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geschrieben am

16.02.2022