360-Grad Online-Handel: ein Überblick
Der Konkurrenzdruck innerhalb der Branche wird stärker. Nicht nur horizontal unter den einzelnen Marktteilnehmern, auch vertikal auf unterschiedlichen Ebenen: vor Ort im Geschäft, Online-Bestellung und Abholung im Geschäft (click&collect), sowie reine Online-Bestellung und Lieferung. Im Rahmen des Branchentreffs des Linzer Unternehmens „Smarter ECommerce (smec) referierten Experten über die Zukunftsaussichten im Bereich Handel. Steigende Anforderungen der Konsumenten und unerwartete politische sowie gesellschaftliche Ereignisse befeuern dieses Spannungsfeld weiter. Um als (Online)Händler unter diesen Bedingungen langfristig Bestand zu haben, gilt es, Trends zu erkennen und frühzeitig in die richtigen Technologien zu investieren. Einer, der schon seit langem den Online-Handel bespielt, wie ein gut gestimmtes Klavier, ist Unimarkt. Die Oberösterreicher sitzen mit Online fest im Sattel, der durchschnittliche Umsatz eines Online-Warenkorbs ist viermal so hoch, wie der Einkauf im stationären Handel.
„Einige Megatrends haben durch die Pandemie enorm an Dynamik gewonnen und waren für den E- Commerce treibend. Das trifft beispielsweise auf das Thema Konnektivität zu. Es wäre aber ein Fehler zu denken, dass der stationäre Einzelhandel durch das Wachstum des E-Commerce künftig tot sein wird. Tatsächlich werden durch diese Art von Dynamik die neuen Technologien sogar den stationären Handel zu seinen ursprünglichen Stärken zurückbringen“, sagt Tristan Horx vom Zukunftsinstitut, über die Entwicklung des Onlinehandels. Horx empfiehlt: „Schon heute zeigt sich eine große Verschiebung des Konsumverhaltens in Richtung Qualität. Für den elektronischen Handel impliziert dies weitere Anpassungen in vielerlei Hinsicht. Der Onlinehandel muss eine synergetische Beziehung zum stationären Handel haben. Ich denke also, dass die Kuratierung der Produkte eine sehr spannende Angelegenheit für den Onlinehandel sein wird. Denn eine optimierte Kuratierung, insbesondere in Branchen wie Fashion, macht es möglich, die Rücksendequote zu reduzieren. Ökologisch auf jeden Fall ein wichtiger Meilenstein“, so Horx.
Für viele Händler war der Einstieg in den Onlinehandel ein großer Schritt. Auch deshalb will man wissen, welche künftigen Entwicklungen sich heute schon abzeichnen. Klar ist, dass beim Onlinehandel die Dynamik der vergangenen 1,5 Jahre eher abflachen wird. Gerade deshalb müssen Megatrends von Retailern berücksichtigt werden. Denn sie werden weit über die Corona-Krise hinaus Leben und Wirtschaft beeinflussen. Dafür ist auch die Möglichkeit, Kundenwünsche aber auch Branchen- und Konkurrenzentwicklungen durchgehend zu analysieren unentbehrlich", erklärt Jan Radanitsch, CEO und Gründer von smec. Sicher ist sich der gebürtige Steirer auch über das Potenzial der neuen smec Retail Hub Plattform, um Retailer dabei zu unterstützen. Die neu entwickelte smec Retail Hub Plattform ist eine cloud-basierte Handelsplattform, die speziell auf den Bedarf des Einzelhandels ausgerichtet ist. „Für die Zukunft gilt Themen wie der Pricing Engine, mit welcher man Potentialanalysen für ein Produkt durchführt, sicherlich besonderes Augenmerk. Insbesondere dafür haben wir unsere offene Plattform – die smec Retail Hub Plattform – geschaffen“, so Radanitsch über die Neuentwicklung.
Online-Handel als Wertschöpfungsgarant?
Der stationäre Handel brüstet sich gerne mit der Aussage für die Wertschöpfung in Österreich einen großen Beitrag zu leisten – zu Recht. Aber auch der Online-Handel trägt als Nettoeinzahler zum Bruttoinlandsprodukt in Österreich bei. Einen guten Vergleich liefert das IFH Köln mit einer Studie von Dr. Werner Reinartz von der Universität Köln: die Studie „Wertschöpfung im Online-Handel“ besagt, dass Online-Handel weit mehr ist als ein Geschäft der reinen Onlinehändler, denn Multichannel ist die Regel. „Unsere Studie zeigt, dass der Onlinehandel Wert für Konsumentinnen und Konsumenten UND Unternehmen schafft, als Innovationstreiber fungiert und den stationären Handel in vielerlei Hinsicht unterstützt.“, so Professor Dr. Werner Reinartz, Wirtschaftswissenschaftler der Universität zu Köln und Direktor des Instituts für Handelsforschung an der Universität zu Köln. Es geht nicht nur um die direkte volkswirtschaftliche Wertschöpfung – die im übrigen in Deutschland 13 Mrd. Euro beträgt – sondern auch um indirekte Werte: sowohl das Dienstleistungsgewerbe vor allem die Logistik als auch die Ebene der Hersteller und des Großhandels profitieren von der Wertschöpfung des Online-Handels. Der Online-Handel ist es auch, der mit seinem Innovationsverständnis den gesamten Handel treibt. Viele neue Ideen in der Handelsbranche finden ihren Ursprung in der Digitalisierung und dem ECommerce.
Nicht zuletzt schafft der Online-Handel Arbeitsplätze, die Zahl der Arbeitsplätze im Online-Bereich ist ständig am Steigen. Sowohl Geringqualifizierte als auch Akademiker werden in der Branche gesucht.
Aber die Retouren!
Am wenigsten nachhaltig beim Online-Shopping sind die Retouren. Bereits 93,7 % aller Österreicher kaufen regelmäßig im Internet ein. Allerdings werden fast ebenso regelmäßig Waren retourniert. Vor allem im Modebereich: Hier wissen 40 % sogar schon im Voraus, dass sie ihre Bestellungen zurücksenden werden – und das am liebsten kostenlos und so einfach wie möglich, wie eine aktuelle Studie des Österreichischen E-Commerce-Gütezeichens zeigt.
Umständliche Rücksendungen oder komplizierte Stornierungen sind für die Österreicher das absolute „No-go“ beim Einkaufen im Internet. 95,1 % – also fast allen Online-Shoppern – ist es wichtig, dass dies ohne großen Aufwand möglich ist. Auch die Wahl des Zahlungsmittels spielt eine wesentliche Rolle: 93,8 % legen Wert darauf, dass ihre präferierte Option zur Wahl steht.
Wichtige Aspekte beim Einkaufen im Internet sind zudem die ansprechende Gestaltung des Online-Shops (81,2 %), positive Bewertungen anderer Nutzer (80,7 %), dass der Online-Shop schon lange besteht bzw. bekannt ist (79,1 %) sowie die Zertifizierung des Anbieters mit einem Gütesiegel (67 %).
„Die Botschaft an Online-Händler lautet: Augen auf bei der Wahl des Paketdienstleisters“, resümiert E-Commerce-Spezialist Thorsten Behrens, Geschäftsführer des Österreichischen E-Commerce-Gütezeichens. „Denn die Österreicherinnen und Österreicher sind grundsätzlich sehr zufrieden mit dem Einkaufserlebnis im Internet – schlechte Erfahrungen bei der Zustellung fallen aber auch auf die Händler zurück und torpedieren aufwändig gestaltete Shops und Servicebemühungen.“
Bericht: Gabriele Jiresch