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20 Jahre Spar Gourmet

Wo Wiener Genusskultur eine Heimstatt bekam

Das Format "Spar Gourmet" des Salzburger Lebensmittelhändlers feiert seinen 20. Geburtstag.

Bericht: Dr. Hanspeter Madlberger

Wenn Georg Knill, der neue Präsident der Industriellenvereinigung demnächst sein Büro am Wiener Schwarzenbergplatz beziehen wird, erwartet ihn dort neben jeder Menge Coronomic-Herausforderungen als kleiner Trost eine kulinarische Labstätte der Extraklasse. Der Spar Gourmet Markt, schräg vis a vis vom IV-Palais gelegen, wird in den nächsten Monaten um rund 100 m2 auf 687 m2 ausgebaut. Sitz- und Stehplätze laden zum Sofortverzehr ein. Besonderes Highlight wird die erste vor-Ort-produzierende Sushi-Bar sein. Ob dabei, dem Regionalitäts-Reinheitsgebot der AMA entsprechend, heimischer Süßwasserfisch die Rohstoff-Basis bildet, ist eine Gewissensfrage, der sich die Spar Gourmet-Chefköche zu stellen haben.

In aller Munde sind schon jetzt die Markterfolge der Tannenorganisation. Die Spar greift nach der Marktführerschaft im österreichischen Lebensmittelhandel, wesentlichen Anteil an diesem „historischen“  Erfolg hat die stetige Expansion in Wien. Von den drei Großakquisen der Salzburger, dem Paket an KGM/Konsum Märkten, jenem an Pampam- und  Meinl-Märkten und dem Zielpunkt-Paket, kam der Übernahme der Gourmet-Märkte vom Premium-Filialisten Julius Meinl besondere Bedeutung zu. Sollte doch nach ursprünglichem Plan das gesamte Meinl-Filialimperium an die Rewe verkauft werden. Doch dann untersagte Brüssel den Deal nach erfolgreicher Intervention seitens der Spar und dank mutiger Aussagen einiger Markenartikler diese Übernahme. So dass am Ende nicht Billa/Merkur sondern Spar/Eurospar  den größeren Happen am Mohrenreich von der Wettbewerbsbehörde zuerkannt bekam.

Von Old Vienna zu Young & Urban

Das Jubiläum „20 Jahre Spar Gourmet“, das in diesen Wochen  mit einem Promotion-Furioso begangen wird, liefert den idealen Anlass, die  Marketing- und Vertriebs-DNA des Formats zu hinterfragen. Eine authentische Eigenauskunft dazu liefert das Flugblatt zum Jubiläums-Auftakt Ende Mai. 

Da liest man: „Die Geschichte von Spar Gourmet  beginnt zur Jahrtausendwende mit der Auflösung des Filialnetzes von Meinl - ein Name, der schon damals für Wiener Genusskultur stand. Spar hat mit der Übernahme einiger Märkte (Anm.: immerhin waren es damals schon 36 Standorte) beschlossen, der Wiener Genusskultur mit Spar Gourmet ein neues Zuhause zu geben. Die kulinarische Vielfalt in Wien und die neuen urbanen Ernährungs-Trends inspirierten uns in den letzten 20 Jahren, diese Genusskultur nicht nur hoch zu halten, sondern sie auch neu zu interpretieren“. Es folgt die überraschend freimütige Ansage: Spar Gourmet ist kein Gourmet-Tempel! Spar Gourmet ist ein Lifestyle Supermarkturban, frisch, anregend und an den „Was soll ich heute essen Tagen?“  genau die richtige Adresse. 

Mit 39 Standorten in Wien, 11 in Niederösterreich und einem Betrieb im Burgenland (Eisenstadt), mit Verkaufsflächen von 335 m2 bis 974 m2 (Flughafen Schwechat) und einem Spitzenwert an Flächenproduktivität ist Spar Gourmet heute  in Ostösterreich ein bedeutender Nahversorger im urbanen Raum. Zur Charakteristik dieses Betriebstyps drängt sich, in Anlehnung an die Wiener Winzerszene, der Ausdruck „Gemischter Satz“ auf. Der Spar Gourmet, eine Cuvee aus Meinl Feinkostladen und Spar Supermarkt. Nicht nur die betuchte Julius Meinl-Klientel, sondern viele Neukunden zeigten sich erfreut, dass der Gourmet unter neuer Flagge mit einem breiten Preiseinstiegs-Sortiment in Form der S-Budget- Eigenmarkenrange aufwartet. 

Was unterscheidet den Gourmet vom Supermarkt?

Vom Standardmodell des Spar Supermarktes unterscheidet sich  der Spar Gourmet durch die in der Regel kleinere Verkaufsfläche, den innerstädtischen Standort in den Grätzl-Zentren  der Wiener Bezirke bzw. an den Hauptplätzen niederösterreichischer Bezirksstädte, durch ein erweitertes Obst- und Gemüse- sowie ein zusätzliches Feinkostangebot.  

  • Der Obst-& Gemüse-Umsatzanteil eines Spar Gourmet ist um rund  5%-Punkte höher als im Spar Supermarkt.
  • Rund 300 Deli-Artikel gibt es ausschließlich bei Spar Gourmet und nicht in einem „normalen“ Spar Supermarkt. Um die dafür erforderlichen Regalflächen frei zu bekommen, wurden die  Laufmeter für Nonfood 1 und Tiernahrung radikal gestrafft. Für manche innovative Nutrition-Trendsetter wie Neni, die Veggie-Aufstriche der Haya Molcho und ihrer vier Söhne war Gourmet der Türöffner zu einer nationalen Listung in allen Spar Vertriebsformen. 
     

Die Suche nach den Duftmarken eines typisch wienerischen und zugleich weltstädtisch-zeitgeistigen Feinkost-Angebot, die Vermählung lokaler und globaler Esskulturen, stellt auch  für einen Spar Gourmet ein work in progress dar. Manche Standorte wie das Hietzinger Platzl (neben dem Rindfleisch-Tempel der Plachuttas und dem Cafe Dommayer, wo schon  Johann Strauß Junior aufspielte), die Himmelstraße in Grinzing oder die Silbergasse in Döbling (wo einst die Sektfabrik Kattus stand) verströmen ein wienerisches Flair, das sich sortiments- und marketingmäßig  vermutlich noch wirksamer  umsetzen ließe. Leider sind die Feinkostmanufakturen, die die typisch wienerische  Delikatessenwelt an die Gourmet Läden liefern sollen, relativ dünn gesät. Die Wiener Mehlspeisen indes sind mit Imperial Torte (vom gleichnamigen Nobelhotel), Naschereien der Kurkonditorei Oberlaa und Landmann Gugelhupf gschmackig vertreten, auch wenn sie der „weniger Zucker“-Kampagne der Spar nicht ganz entsprechen.   

Viel wechselseitige Synergien verbinden die Spar Gourmet Märkte mit der Spar Lehrlingsakadamie in Wien Hietzing. Diese traditionsreiche Ausbildungsstätte, heutzutage wertvoller denn je, wurde auch seinerzeit von Julius Meinl übernommen. Sie hat in den letzten Jahren einen wertvollen Beitrag zur Integration von jungen Spar-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrationshintergrund geleistet. Mehr als 50% der Führungskräfte im Spar Gourmet-Team blicken auf eine Ausbildung in der Akademie zurück An der Entwicklung des Berufsbildes „Feinkost-Fachverkäuferin“ hatte Hietzing bedeutenden Anteil. Lehrlinge, die sich dieses kulinarische Spezialwissen angeeignet haben, sind die „Idealbesetzung“  für die Gourmet-Feinkost-Bedienungstheken. Der Umsatzanteil der Feinkosttheke ist bei Spar Gourmet um rund 1,5% Punkte höhere als im Spar Supermarkt, hat also noch „Luft nach oben“. 

Kleine, persönliche Randbemerkung zu den Gourmet-Märkten in den Bezirksstädten Niederösterreichs: Es wäre doch einen Versuch wert, würde  man das Format für die tüchtigen Spar-Kauffrauen und –männer  „freigeben“. Denn es steht wohl außer Zweifel, dass Selbstständige, die mit Herz und Verstand ihrem Beruf nachgehen, im Feinkostgeschäft unschlagbar sind.

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geschrieben am

19.06.2020