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Mag. Gabriele Liebl, seit über 20 Jahren als selbständige Management- und Unternehmensberaterin und Coach tätig

Employer Branding als Teillösung bei Fachkräftemangel

Mag. Gabriele Liebl ist seit über 20 Jahren als selbstständige Management- und Unternehmensberaterin und Coach tätig und befasst sich intensiv mit Employer Branding.

Fachkräftemangel ist ein Schlagwort, das fast alle Wirtschaftsbranchen betrifft. Nahezu alle Unternehmen sind auf der Suche nach geeigneten Mitarbeitern. retailreport.at hat mit Managementberaterin und Coach, Mag. Gabriele Liebl, gesprochen und hinterfragt, welche Rolle „Employer Branding“ dabei spielt.

retailreport.at: Viele Unternehmen klagen über den Mangel an Fachkräften und die unterschiedlichen Vorstellungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Mitarbeiter scheinen immer wichtiger für den Unternehmenserfolg zu werden. Ist das "Employer Branding", das momentan so viel Aufmerksamkeit erhält, die Lösung für all diese Herausforderungen?

Gabriele Liebl: Tatsächlich ist Employer Branding nur ein Teil der Lösung. Es ist wie eine Marketingkampagne, die das Image eines Arbeitgebers nach außen hin präsentiert. Es geht darum, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren, indem man z.B. Homeoffice, gesunde Kantinen und andere Angebote bietet. Das ist wichtig für die Aufmerksamkeit und das Image nach außen. Doch es ist nur die Oberfläche. Eine Arbeitgebermarke zu schaffen, die klar definiert, was das Unternehmen als Arbeitgeber ausmacht, ist genauso wichtig.

Bedeutet das, dass viele Unternehmen sich zwar um Employer Branding kümmern, aber die Arbeitgebermarke vernachlässigen?

Genau. Wenn man sich mit dem Thema Arbeitgebermarke beschäftigt, wird schnell klar, dass dies Teil der Unternehmensstrategie sein muss. Es geht darum sicherzustellen, dass das, was nach außen präsentiert wird, auch mit der Realität im Unternehmen übereinstimmt. Wenn nicht, entsteht eine Diskrepanz, – wir nennen das Dissonanz - die zu Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern führen kann.

Sollte man also zuerst eine Arbeitgebermarke definieren, bevor man sich dem Employer Branding zuwendet?

Ja, auf alle Fälle, wenn man langfristig Erfolg haben möchte. Denn es geht darum, strategisch zu planen, was man als Arbeitgeber sein möchte und was man tatsächlich bieten kann. Es bringt nichts, ein bestimmtes Bild nach außen zu projizieren, das nicht der Realität entspricht.

Ist dieser Prozess wirklich so entscheidend und lohnt sich der Aufwand?

Absolut. Die Entwicklung einer starken Arbeitgebermarke und die Umsetzung einer wirkungsvollen Employer Branding-Strategie sind für jedes Unternehmen von grundlegender Bedeutung. Es handelt sich nicht nur um einen Trend, sondern um eine essenzielle Investition in die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Ja, es mag zunächst eine gewisse Zeit und Ressourcen erfordern, aber die langfristigen Vorteile sind immens und weitreichend. Die Kosten für eine glaubwürdige Arbeitgebermarke und eine authentische Employer Branding-Strategie werden sich auf jeden Fall rechnen. Sie tragen dazu bei, hochqualifizierte Mitarbeiter anzuziehen und zu binden, die Produktivität zu steigern und letztendlich den Unternehmenserfolg zu fördern. Es ist besser, von Anfang an eine glaubwürdige Arbeitgebermarke aufzubauen, als später mit den Konsequenzen einer unechten Darstellung konfrontiert zu werden.

Welche ersten schnellen Erfolge kann das Unternehmen in einem solchen Prozess erwarten?

Die initiale Errungenschaft liegt darin, Klarheit über bestehende Missstände zu gewinnen und zu identifizieren, wo dringender Handlungsbedarf besteht. Durch eine detaillierte Analyse der Organisationsstruktur lassen sich ineffiziente Prozesse, etwa im Entscheidungsfindungsprozess, schnell erkennen und gezielt verbessern.

Ist das für mittelständische Unternehmen finanziell machbar?

Auf alle Fälle. Und es ist eine essentielle Investition in die Zukunft des Unternehmens. Gute Mitarbeiter sind entscheidend für den Erfolg.

Was ist eigentlich eine Employee Journey und was macht eine erfolgreiche Employee Journey aus?

Die "Employee Journey" beschreibt die gesamte Reise, die ein Mitarbeiter innerhalb eines Unternehmens durchläuft, angefangen von seiner ersten Interaktion mit dem Unternehmen bis hin zu seinem Ausscheiden. Diese Reise besteht aus verschiedenen Stationen oder "Touchpoints", wie beispielsweise die Bewerbung, das Einstellungsverfahren, das Onboarding, die tägliche Arbeitserfahrung, Entwicklungsmöglichkeiten und schließlich das Ausscheiden. Der Erfolg dieser Reise hängt davon ab, wie positiv und nahtlos jeder dieser Touchpoints gestaltet ist. Ein erfolgreicher Employee Journey sorgt dafür, dass Mitarbeiter sich wertgeschätzt fühlen, motiviert sind und ihr volles Potenzial entfalten können. Dies trägt wiederum zur Mitarbeiterbindung, Produktivität und letztendlich zum Erfolg des Unternehmens bei. Meiner Meinung nach sind alle Kontaktpunkte, die ein Mitarbeiter im Laufe seiner Zeit im Unternehmen durchläuft, sehr wichtig. Was wir bei unserer Arbeit aber wahrnehmen, ist dass eine oft vernachlässigte Phase das Ausscheiden eines Mitarbeiters ist und wie das Unternehmen damit umgeht. Da geht viel Potential verloren

Welche Abteilungen sollten in diesen Prozess einbezogen werden?

Es sollte eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen HR, Marketing, Geschäftsführung, CEO und Inhaber sein. Diese müssen dann das Management und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einbinden und eine stringente Umsetzung verfolgen.

Ist die Entwicklung der Arbeitgebermarke ein fester Bestandteil der Unternehmensstrategie?

Ja, denn die Mitarbeiter sind ein wesentlicher Teil des Unternehmenserfolgs.

Gibt es Unternehmen, die hier besonders vorbildlich sind?

Apple ist ein Beispiel für eine glaubwürdige Arbeitgebermarke. Die Mitarbeiter leben den Lebensstil des Unternehmens nach außen hin authentisch vor.

Mag. Gabriele Liebl, seit über 20 Jahren als selbständige Management- und Unternehmensberaterin und Coach tätig (www.liebl-consulting.com; www.liebl-coaching.com; office@liebl-consulting.com)

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geschrieben am

28.03.2024